Kabinettsentwurf zur AIFM-Umsetzung kommt Branche entgegen

Damit hatte der Verband Geschlossene Fonds VGF offenbar nicht gerechnet. Wenige Tage vor dem „Branchen Talk 2012“ zwischen Verbandsmitgliedern und Journalisten in Würzburg lag unerwartet der Kabinettsentwurf zur Umsetzung der europäischen AIFM-Richtlinie vor.

 

Trotzdem verlangte VGF-Geschäfts-führer Eric Romba vor der ersten Gesprächsrunde zum Thema „Bericht zum aktuellen Stand der AIFM-Umsetzung – Was lässt sich politisch noch bewegen?“  zunächst Verschwiegenheit von den Pressevertretern: „Unsere Präsentation ist nicht zur Veröffentlichung bestimmt!“ Tatsächlich hatten Online-Veröffentlichungen anderer informierter Quellen die Exklusivität der Nachricht längst überholt. So muss der VGF nicht mehr fürchten, seine Informanten zu verprellen.

 

Die aktuelle Fassung ist gegenüber dem Entwurf vom 20. Juli dieses Jahres deutlich entschärft. Sie sieht unter anderem vor, dass Fonds der neuen Generation nach dem 22. Juli 2013 Fremdkapital in Höhe von 60 Prozent im Verhältnis zum Wert des Assets aufnehmen dürfen. Der erste Diskussionsentwurf begrenzte den Leverage noch auf 30 Prozent. Dennoch sind zu diesem Punkt noch einige Fragen offen: Was geschieht, sollte die Bank das Objekt abwerten? Eine Leveragegrenze ist schnell gerissen. Beispiel dafür ist nicht nur die IVG-Gurke in London. Zählt die Eigenkapital-Zwischenfinanzierung ebenfalls zum Fremdkapital? Wenn ja, dürften nur noch Blind-Pools platziert werden. Das wird nicht so sein. Dennoch besteht hier noch Klärungsbedarf.

 

Mit der überarbeiteten Assetklassen-Liste sollte die Branche leben können. Sie ist unter anderem  um Eisenbahnen, Container, Wald und Private Equity erweitert worden. Und was immer noch nicht drauf steht, kann von der BaFin im Einzelfall geprüft und abgesegnet werden.

 

Anleger dürfen sich an Fonds mit nur einem Objekt ab 20.000 Euro beteiligen. An diesem Punkt sah der erste Entwurf 50.000 Euro vor. Als Risikomischung definiert die aktuelle Fassung Fonds mit mindestens drei Objekten oder aber drei Mietern. Das sollte beispielsweise Immobilienbeteiligungen mit einer Vielzahl von Nutzern Auftrieb geben.

 

Als Verwahrstellen kommen nicht nur Banken in Frage, sondern außerdem Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Vorbild sollen hier die Regelungen zum Treuhänder aus dem Versicherungsaufsichtsgesetz sein.

 

Ersatzlos gestrichen wurde das Verbot, Objekte in Fonds zu packen, die bereits im Eigentum des Anbieters oder verbundener Unternehmen stehen. Das wird die Emissionshäuser beruhigen, die noch eine Reihe von Immobilien in den Büchern haben, die eigentlich für REITs gedacht waren.

 

Die BaFin muss mehr Gas geben. Die Frist für die Prüfung der Vertriebsunterlagen wurde von 40 Arbeitstagen auf 20 Tage halbiert. Außerdem müssen die Jahresberichte für geschlossene Fonds erst innerhalb von sechs Monaten nach Abschluss des Geschäftsjahres offen gelegt werden. Initiatoren können sich also zwei Monate länger Zeit lassen. Die laufende Bewertung darf intern stattfinden. Zunächst war ausschließlich eine externe Bewertung vorgesehen. Kein Wunder, dass die Gutachter Sturm laufen gegen den aktuellen Entwurf.

 

Die „de minimis“-Regel findet ebenfalls Anwendung. Sie sieht vor, dass sich Manager lediglich registrieren lassen müssen, die 100 Millionen Euro in gehebelten oder 500 Millionen Euro in nicht gehebelten Fonds verwalten. Alle anderen müssen eine Zulassung als Kapitalverwaltungsgesellschaft beantragen, und das kann durchaus noch für (Zeit)-Stress sorgen. Der Antrag muss bis Mitte 2014 gestellt sein. Anschließend soll die BaFin sechs Monate Zeit haben, den Daumen zu heben oder zu senken. Wer bis dahin ohne Zulassung Fonds platziert, geht ein Risiko ein. Bekommt er die Zulassung nicht, betreibt er ein unerlaubtes Fondsgeschäft, und das ist ähnlich wie unerlaubtes Bankgeschäft keine Ordnungswidrigkeit, sondern eine Straftat.

 

Eine Übergangsregelung sieht vor, dass Fonds über den Termin 22. Juli 2013 hinaus platziert werden dürfen. Voraussetzung: Die Angebote sind komplett investiert. Das dürfte die Anbieter von Ratensparplänen in Schwierigkeiten bringen, denn ihre Konzeption sieht vor, die Investitionsobjekte sukzessive zu erwerben.

 

Und was ist mit Übergangs-Fonds, die höher fremdfinanziert sind als die künftig erlaubten 60 Prozent? Hier müssen die Initiatoren auf verbindliche Regeln warten. Es zeichnet sich jedoch ab, dass in diesen Fällen zwar die neuen Richtlinien für das Management gelten, nicht aber die Produkt-Vorschriften. Ein zunächst befürchtetes Platzierungsloch von bis zu anderthalb Jahren dürfte dann eher doch nicht drohen.

 

Wie bewertet nun der VGF den entschärften Entwurf? „Wir konnten den geschlossenen Fonds als politisch gewolltes Produkt erhalten“, kommentiert VGF-Vorstandsvorsitzender Oliver Porr (LHI). „Viele Punkte, die wir in den Diskussionen mit den Politikern angesprochen haben, sind aufgenommen worden. Und dennoch: In einem Jahr wird die Welt eine andere sein. Wir werden weniger Anbieter und veränderte Produkte sehen.“

 

„Eine 1:1-Umsetzung, wie von vielen Marktteilnehmern gefordert, wäre eine Katastrophe für unsere Branche gewesen“, sagte VGF-Hauptgeschäfts-führer Romba. „Sie hätte das Geschäft mit geschlossenen Fonds für Privatanlegern verboten.“ Die nationale Umsetzung lässt den Vertrieb an Kleinanleger zu, wenn auch bei strengeren Produktregeln. Der Gesetzesentwurf sage zudem ganz deutlich, dass ein geschlossener Fonds besser für Sachwertinvestitionen geeignet sei als der offene.

 

Dennoch hält sich der Verband mit Kritik nicht zurück. Und die zielt Richtung EU. „“Wir sind sehr unzufrieden, was in Brüssel passiert. Es ist ein absoluter Hammer, dass im Zuge der Level-2-Verordnung noch immer nicht geregelt ist, wer und was ein   AIFM-Manager ist“, schimpfte Porr.

 

Auch die Umsetzung erscheint noch nicht ganz ausgegoren. Der überarbeitete Entwurf fördert weiterhin Blind-Pool-Konstrukte. Nicht unbedingt das, was sich Vertriebe und Kunden wünschen. Wobei VGF-Vorstandsmitglied Michael Kohl (Commerz Real) einwarf, dass Mehrobjekt-Fonds nicht unbedingt Blind-Pools sein müssten. „Angebote aus dem Bereich New Energy zum Beispiel können durchaus konkrete Windkraft- oder Solaranlagen nennen.“ Das jedoch dürfte nur den Emissionshäusern gelingen, die ohne größere Probleme eine Reihe von Assets vorfinanzieren können. Dazu ist bei weitem nicht jeder Anbieter in der Lage.

 

Gravierende Veränderungen bringen die kommenden Vorschriften auch in Sachen Verkaufsprospekt. Das bislang geltende Vermögensanlagegesetz wird im neuen Kapitalanlagegesetz aufgehen. „Die künftigen Prospektregeln bleiben hinter dem aktuellen Standard zurück“, so Romba. „Das bedauern wir.“

Mit einem 200 Seiten starken Prospekt muss wohl niemand mehr beim Kunden aufschlagen. Daher steigt die Bedeutung von Kurzinformationen.

 

Was auch die unabhängigen Fondsbewertungen und qualifizierten Presseartikel über konkrete Angebote aufwerten dürfte. Wenn kaum noch ein Vermittler und noch weniger Kunden in die Tiefe der Produkte einsteigen, benötigen sie einen Übersetzer der komplizierten Materie. Das sagt so deutlich zwar niemand aus dem VGF, aber ich.



Über den Autor

Markus Gotzi

Chefredakteur „Der Fondsbrief“
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Er ist Träger des Deutschen Journalistenpreises und des Deutschen Preises für Immobilienjournalismus. Viele Jahre lang verfasste der Diplom-Journalist Artikel zu allen Themen rund um die Immobilie und andere Sachwerte in der Financial Times Deutschland. Zudem war Markus Gotzi vier Jahre als Redakteur für das Wirtschaftsmagazin Capital tätig.

Aktuell publiziert er unter anderem in überregionalen Blättern wie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) und in Branchenmagazinen wie dem Immobilien-Manager. Zudem ist Markus Gotzi Chefredakteur des Fachmediums »Der Fondsbrief«, dem bundesweit auflagenstärksten Newsletter mit Schwerpunkt geschlossene Beteiligungsmodelle und Sachwertinvestitionen.