Medienfonds-Anbieter wollen klagen

 Finanzverwaltung fordert Steuervorteile der Anleger zurück

 Rund 50.000 Anleger von Medienfonds müssen um ihre Steuervorteile bangen. Betroffen sind die Zeichner von insgesamt 33 Fonds der Initiatoren KGAL, Hannover Leasing und LHI aus den Jahren 1998 bis 2005. Sie haben 4,5 Milliarden Euro in „leasingähnliche“ Medienfonds investiert und sollen nun die gewährten Verlustzuweisungen zurückzahlen. Dagegen wehren sich die Anbieter und haben sich in einer Interessengemeinschaft zusammen geschlossen, um gemeinsam juristisch gegen die Finanzbehörden vorzugehen.

 

Die Fonds waren derart konstruiert, dass Banken die Zahlungen der Produktionsgesellschaften mit einer Schuldübernahme abgesichert haben. Diesen Punkt bewerteten die Finanzbeamten sogar in Betriebsprüfungen als problemlos. Zunächst. Nach einer Prüf-Pause ab 2005 hat die maßgebliche bayerische Finanzverwaltung seit dem Frühjahr dieses Jahres eine komplett andere Meinung dazu.

 

Nun definiert sie die Schuldübernahme als abstraktes Schuldversprechen, was zur Folge hätte, dass die Kosten nicht in einer Summe abgeschrieben werden, sondern aktiviert und über einen längeren Zeitraum abgerechnet werden. Anleger müssten als Konsequenz daraus mit hohen Einkommensteuer-Zahlungen rechen – und zusätzlich für jedes Jahr sechs Prozent Zinsen darauf zahlen.

 

„Das ist umso unverständlicher, da die Medienfonds politisch gewollte Modelle waren, um die Film- und Fernsehproduktionen in Babelsberg und München anzukurbeln“, meint LHI-Geschäftsführer Oliver Porr.

Ähnlich argumentiert Stefan Ziegler, Geschäftsführer der KGAL: „Wir hatten seit 1998 vielfach Gelegenheit, uns auszutauschen mit den Finanzbehörden, Studios, Banken, und wir haben uns stets an die Absprachen gehalten.“

 

Unterstützt werden die Initiatoren in ihrer Einschätzung von Hans-Joachim Beck, Vorsitzender Richter am Finanzgericht Berlin. „Meine Meinung dazu ist: Was die Finanzbehörde vorhat, ist steuerrechtlich falsch. Die Schuldübernahme steht meiner Ansicht nach wirtschaftlich im Zusammenhang mit dem Fonds. Bilanzrechtlich ist es daher nicht richtig, was die Finanzbehörde machen will. Das wäre nur nachzuvollziehen, wenn die Banken den Fonds Geld geschenkt hätten,. Aber davon kann keine Rede sein.“

 

Dennoch ist natürlich nicht vorherzusagen, wie die Finanzgerichte in dieser Sache entscheiden. Alleine die Zeit ist ein Unsicherheitsfaktor. Beck schätzt, dass es alleine vier Jahre dauert, bis die Verfahren den Bundesfinanzhof erreichen und dort noch einmal zwei weitere Jahre anhängig sind. Klagen muss übrigens jede der 33 Fondsgesellschaften. Eine Musterklage wird es nicht geben.

 

Stellen müssen sich alle Anbieter dem Vorwurf, die Fonds ohne verbindliche Regeln konzipiert zu haben: Ohne eine verbindliche Auskunft sei solch eine Kapitalanlage nicht schutzwürdig. Anlegeranwälte haben sich daher bereits in Stellung gebracht, um Schadenersatzforderungen der Anleger gegen die Initiatoren einzuklagen. Doch die Anbieter demonstrieren Gelassenheit: „Derzeit ist noch kein Schaden beim Anleger eingetreten. Daher liegen noch keine Klagen vor. Außerdem haben wir alle in unseren Prospekten auf steuerliche Risiken hingewiesen“, so KGAL-Geschäftsführer Ziegler.

 

Anleger müssen außerdem wissen: Eine Klage gegen einen Steuerbescheid hat keine aufschiebende Wirkung. Sie verhindert außerdem nicht die Pflicht, Steuern nachzuzahlen. Mündlich habe die Finanzverwaltung jedoch zugesichert, für die geänderten Steuerbescheide eine Aussetzung der Vollziehung (AdV) zu gewähren. Wer sich als betroffener Anleger dazu entschließt, muss bis zur endgültigen, gerichtlichen Klärung keine Steuern nahzahlen. Verlieren die Fondsgesellschaften, ist aber nicht nur die Nachzahlung fällig, sondern auch Zinsen darauf in Höhe von jährlich sechs Prozent.

 

Meiner Meinung nach… „Niemand ist verpflichtet, sein Vermögen so zu verwalten oder seine Ertragsquellen so zu bewirtschaften, dass dem Staat darauf hohe Steuern zufließen.“ Das ist keine Aufforderung zur Steuerflucht, sondern ein Zitat des Preußischen Oberverwaltungsgerichts aus dem Jahr 1906. Eine vernünftige Einschätzung. Die Finanzverwaltung des Jahres 2009 dagegen scheint hinter allem und jedem Gestaltungsmissbrauch zu sehen. Dabei wurden die Fonds mit ihren hohen Verlustzuweisungen seinerzeit offenbar genutzt, um aktiv den Medien-Standort Deutschland und hier vor allem Bayern zu stärken. Auch wenn die Kassen leer sind, ist der Sinneswandel der Finanzbehörden mit seinen teils Existenz bedrohenden Konsequenzen für die Anleger eines Rechtsstaates unwürdig.



Über den Autor

Markus Gotzi

Chefredakteur „Der Fondsbrief“
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Er ist Träger des Deutschen Journalistenpreises und des Deutschen Preises für Immobilienjournalismus. Viele Jahre lang verfasste der Diplom-Journalist Artikel zu allen Themen rund um die Immobilie und andere Sachwerte in der Financial Times Deutschland. Zudem war Markus Gotzi vier Jahre als Redakteur für das Wirtschaftsmagazin Capital tätig.

Aktuell publiziert er unter anderem in überregionalen Blättern wie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) und in Branchenmagazinen wie dem Immobilien-Manager. Zudem ist Markus Gotzi Chefredakteur des Fachmediums »Der Fondsbrief«, dem bundesweit auflagenstärksten Newsletter mit Schwerpunkt geschlossene Beteiligungsmodelle und Sachwertinvestitionen.