Factory Outlet Center – Im Spannungsfeld der unterschiedlichen Interessen

 

Auf dem deutschen Factory Outlet Center-Markt wird sich in den nächsten Jahren viel tun. Dafür spricht schon die Projektpipeline, in der sich nach Kenntnis des Beratungsunternehmens Ecostra etwa 20 mehr oder weniger konkret geplante Projekte befinden. Doch während sich der großflächige Einzelhandel – z.B. Fachmarktzentren und Shopping-Center – im Spannungsfeld zwischen anlagewilligen Investoren einerseits und den Planungsbehörden sowie dem lokalen Einzelhandel andererseits bewegen, kommen bei den Factory Outlet Centern mit den Markenherstellern noch weitere Spieler mit spezifischen Ansprüchen hinzu.

Wie schwierig die Gemengelage in Deutschland ist, lässt sich daran ablesen, dass es bislang nur 9 Outlet Malls gibt. Und das liegt nicht am mangelnden Interesse der Beteiligten am Fabrikverkauf. Vor diesem Hintergrund gab es genügend Diskussionspunkte rund um die Factory resp. Designer Outlet Center (FOC, DOC), mit denen sich der 2. Deutsche Factory Outlet Kongress in Neumünster befassen konnte. Zumal Deutschland aus Sicht von Ecostra-Geschäftsführer Joachim Will noch Nachholbedarf hat.

Nachdem diverse Genehmigungen in Rechtstreitigkeiten bis vors Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erkämpft werden mussten, wie z.B. die Erweiterung des FOC Ochtrup gegen das Land Nordrhein-Westfalen, wodurch auch § 24,a LEPro zu Fall gebracht wurde, sollte aus Sicht von Johannes Grooterhorst, Gründer und Partner von Grooterhorst & Partner Rechtsanwälte in Düsseldorf, inzwischen klar sein, was ein FOC planungsrechtlich ist: Ein Einkaufszentrum besonderer Art. Und die Genehmigungsbehörden dürften damit umzugehen wissen.

Gleichwohl zeichnet sich bei dem Entwurf zum neuen Landesentwicklungsplan in Nordrhein-Westfalen, der Nachfolgeregelung von § 24, a LEPro, der im Frühjahr 2013 in Kraft treten dürfte, ab, dass die gleichen Strickfehler eingearbeitet wurden und die Rechtsprechung sich auch damit wird befassen müssen, wie Grooterhorst glaubt: „Es wird ein mühevoller Weg bleiben, dafür sprechen schon die landesplanerischen Vorhaben“, so der Rechtsanwalt mit Blick auf die Entwürfe auch anderer Bundesländer, die auf den großflächigen Handel im allgemeinen abzielen.

Nach den Worten von Sven Buchsteiner, Senior Consultant bei CBRE, zielt der neue Entwurf der NRW-Landesregierung darauf ab, die Entstehung neuer Fabrikverkaufsstellen zu unterbinden. Und bereits geplante Projekte sollten nicht mehr ohne weiteres genehmigt werden können, da der Handel in den zentralen Versorgungsbereichen angesiedelt werden solle.

„Gerade in Nordrhein-Westfalen nimmt die Landesregierung den Begriff Factory Outet Center nicht gern in den Mund“, berichtet auch Marc Föhrer, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Stadt und Handel, der als Grund dafür den verlorenen Prozess im Fall Ochtrup sieht. Dass ein FOC für eine Kleinstadt mit darbendem Einzelhandel – entgegen der politischen Einschätzung – durchaus Vorteile bringen kann, zeigte Föhrer am Beispiel der 20 000-Einwohner-Stadt Ochtrup, die bis heute das einzige FOC (Foto: FOC Ochtruo) in NRW hat. Allerdings sind hier die Bedingungen ganz besondere: Die Outlet Mall auf einer Industriebrache ist nur 400 m von der Fußgängerzone entfernt. Nah genug, um von hier in die Innenstadt zu gehen.

Beim Fabrikverkauf gibt es viele Varianten

Vor allem die heimische Gastronomie bestätigt laut Föhrer, dass sie von dem großen Zustrom neuer Besucher aus dem weiteren Umland seit Eröffnung des auf 12 000 qm erweiterten FOCs profitiert. Das gilt auch für den Lebensmittelhandel, da viele Besucher auch noch Lebensmittel mitnehmen. Das Gros der Ochtruper Händler könne leicht bis spürbar von der Mall profitieren, so Föhrer. Der zunächst unter Druck geratene Modehandel konnte die Nachteile durch neue Sortimente und mehr Beratung überkompensieren. Auch die Zentralität in Ochtrup ist laut Föhrer auf über 100 gestiegen.

Der klassische FOC-Markt ist aber nur ein Teil dieses für die Modehersteller sehr wichtigen Segments. Daneben gibt es laut Markus Wotruba, Leiter Standortforschung der BBE Handelsberatung GmbH, noch verschiedene andere Varianten, die in der Öffentlichkeit für weniger Furore sorgen. Entstanden ist das Segment aus den klassischen Fabrikverkaufsstellen, in denen die Bekleidungshersteller ihre Überschussware mit Preisabschlägen an den Endkunden veräußern. Oft finden sie sich am Stammsitz des Herstellers. Auch fehlerhafte Ware wird hier mit Preisnachlass verkauft. Sehr bekannt ist der Fabrikverkaufsstandort von Hugo Boss in Metzingen.

Daneben gibt es laut Wotruba die Outlet Nachbarschaft, d.h. die Outlet Stores siedeln sich in der Nachbarschaft von Einzelhandelsmärkten an, um von deren Frequenz zu profitieren. Als Beispiel nennt er die Schusterinsel in Weil am Rhein, wo sich eine Outlet Agglomeration in der Nähe eines Einkaufszentrums angesiedelt hat. Die Variante Outlet Park entsteht durch die Ansiedlung von weiteren Outlet-Stores an einem Einzel-Outlet wie der s.Oliver Outlet Park in Rottendorf oder der adidas Outlet Park in Piding. Der Outlet Park geht laut Wotruba schon in Richtung FOC. Eine weitere Ausprägung ist die hybride Fachmarktlage. Ein Beispiel dafür ist das Fachmarktzentrum im norddeutschen Ostensteinbeck, in dessen Nachbarschaft sich ein Tom Tailor Outlet Store angesiedelt hat. „Die Nachteile des Einzel-Outlets lassen sich durch die Magnetwirkung des Einzelhandels ausgleichen“, so Wotruba. Auch in Martinsried findet sich diese symbiotische Verbindung von Fachmärkten und Outlet-Stores.

Diese Varianten der Fabrikverkaufsstellen sind zwar nicht der einfache Weg, eine Genehmigung zu erlangen, doch ist sie hier laut Wotruba immer noch leichter zu erwirken als bei den FOCs, die deutlich stärker im Fokus der Öffentlichkeit und damit in der Kritik stehen – wegen ihrer gefürchteten Wirkung auf den lokalen Einzelhandel. Weil Einzelstandorte keine Zentren sind, fallen sie laut Grooterhorst aus der landesplanerischen Begrenzung und sind leichter zu genehmigen.

Für die potenziellen Mieter der Fabrikverkaufsstellen ist die breite Palette dieser Vertriebsform von Bedeutung, wie die Diskussion während des FOC-Kongresses zeigte. Denn für die Anbieter des Mainstream-Angebots – der Marken in der Mitte – ist nicht jedes hoch beworbene FOC mit seinen relativ hohen Mieten und Vorgaben für die Flächenproduktivität  die erste  Adresse.

So betreibt der Bekleidungshersteller Gerry Weber 17 Outlets in wenig bekannten Kommunen. Nach den Worten von Kai Dierks von der Gerry Weber Retail GmbH mit Erfolg, da die Marke so bekannt ist, dass der Fabrikverkauf auf genügend Resonanz stößt. Mit einem normalen FOC könne das Unternehmen seinen Bedarf nicht decken. Deshalb entwickelt sich Gerry Weber mit seinen Outlets unterhalb des Radars. Auch andere Hersteller wiesen darauf hin, dass die klassischen FOCs mehr für die gehobenen Marken und weniger für das breite Mittelsegment sind.

Das lässt sich auch an der Strategie ablesen, die internationale FOC-Spezialisten  wie McArthurGlen fahren. Für sie ist die Lage eines FOC in der Nähe eines Hot Spots wie Hamburg als Ausgangspunkt für ein FOC wie Neumünster (Foto) von Bedeutung, um Touristen zu gewinnen, die für Fabrikverkaufszentren wichtig sind. Als Zugpferde gelten die weltweit bekannten Edelmarken. Um Touristen für ein DOC zu interessieren, tritt McArthurGlen laut Thomas Immelmann, Country Manager von Northern Europe etwa mit dem FOC Neumünster auf internationalen Messen auf. Das bedeutet aus seiner Sicht aber auch, dass die Städte das als Chance begreifen und sich auf die Touristen – z.B. in Neumünster mit Speisekarten in Skandinavisch – einstellen müssen.

Unter den aktivsten Mietern der FOC stellen laut Buchsteiner die konsumorientierten Modeanbieter die Mehrheit in den 75 von CBRE untersuchten europäischen Centern, davon viele wie Desigual, Guess, Triumpf, Lacoste oder Gant. Luxuslabels oder Designer seien weiterhin unterrepräsentiert.

Dass auch beim Fabrikverkauf die Konkurrenz des Onlinehandels ein Thema ist, darauf wies Manuel Jahn, Head of Retail Real Estate Consulting bei GfK Geomarketing hin. Als „Waffen“ gegen diese „Netzattacken“ empfiehlt er Maßnahmen, die auch in der Shopping-Center-Industrie angesagt sind: Mehr Erlebnis und Emotion neben dem reinen Verkaufen, mehr Gastronomie und Aufenthaltsqualität. Kurz: „Schaffung eines Place to be“. Gleichzeitig geht es aus Jahns Sicht auch darum, die Möglichkeiten des Onlinehandels in die FOCs zu integrieren, z.B. mit Apps oder Kunden-Incentives wie VIP-Cards. Entscheidend ist auch hier das Cross-Channel-Angebot. Zumal der „duale Kunde“ viel ausgabefreudiger sei als reine Online- oder Ladenkunden.