Investmentmarkt Europa: Handelsimmobilien zeigen Stärke

Die Investoren werden wieder mutiger und so mancher lässt seine Blicke auch über die Grenzen der westeuropäischen Stammländer Großbritannien, Deutschland und Frankreich schweifen. Nicht zuletzt, weil die begehrten Core-Produkte hier knapp werden. Eigenkapitalstarke Investoren wie Staatsfonds, Pensionskassen und Versicherungsgesellschaften fungieren auf dem Investmentmarkt für Gewerbeimmobilien derzeit als starke Treiber grenzüberschreitender Kapitalströme.

Vor diesem Hintergrund erwartet der Immobilien-Dienstleister Jones Lang LaSalle (JLL), dass das gesamte Transaktionsvolumen 2011 europaweit erneut um bis zu 30% zulegen wird. 2010 wurden 102 Mrd. Euro in Gewerbeimmobilien investiert. Entsprechend liegt die Zielmarke für 2011 bei über 130 Mrd. Euro. Etwa ein Drittel davon dürfte auf Handelsimmobilien entfallen.

Allein im 1. Quartal 2011 summierte sich das Investitionsvolumen europaweit auf 26 Mrd. Euro. Das waren 32% mehr als im Jahr zuvor (19,7 Mrd. Euro). Für die Erholung auf den Märkten Osteuropas sprechen die Zahlen, die Jones Lang LaSalle in seinem „European Investment Volumes Update“ zusammen getragen hat: Demnach sind „Polen, Russland und die Tschechische Republik erfreulich dynamisch ins neue Jahr gestartet mit Volumina, die deutlich über denen des 1. Quartals 2010 lagen“, heißt es hier. In Russland war das Volumen mit 763 Mrd. Euro dreimal so hoch wie im 1. Quartal 2010, in Polen wuchs das Transaktionsvolumen um 200% auf 603 Mio. Euro und in der Tschechischen Republik wird ein Wachstum von 89% auf 565 Mio. Euro verzeichnet. Zahlen nur für Handelsimmobilien liegen noch nicht vor.

Im Fokus der Investoren sieht Richard Bloxam, Director EMEA Capital Markets bei Jones Lang LaSalle Märkte wie Warschau, Budapest, Prag und Moskau. Wichtig mit Blick auf die Tragfähigkeit der Investitionen: Die Investoren machen keine Zugeständnisse bei der Qualität, wissen die Experten, eher schon beim Preis.

Soweit die allgemeine Betrachtung: Das Segment Handelsimmobilien konnte sich in diesem Kontext auch europaweit gut behaupten. Nach Beobachtung des Immobilien-Dienstleisters CB Richard Ellis (CBRE) flossen im 1. Quartal 12,2 Mrd. Euro in europäische Handelsimmobilien (siehe Grafik von CBRE). Das sind 2,5% mehr als im 4. Quartal 2010 (11,9 Mrd. Euro) und etwa 50% mehr als im 1. Quartal des Vorjahres.

Und genauso, wie Jan Dirk Poppinga, Head of Retail Investment Germany bei CB Richard Ellis 2010 kommentierte, dass Handelsimmobilien mit einem Investitionsvolumen von damals 8,8 Mrd. Euro den europäischen Gewerbeimmobilien-Investmentmarkt dominierten, so trägt dieses Segment auch 2011weiterhin zur Marktstabilisierung bei: 46% des Transaktionsvolumens mit Gewerbeimmobilien entfallen in den ersten 3 Monaten auf Retail Assets. In Büroimmobilien wurden 8,55 Mrd. Euro investiert, 32% des Gesamtvolumens.  Das gesamte Transaktionsvolumen in europäische Gewerbeimmobilien liegt bei CBRE mit 26,7 Mrd. Euro leicht über dem von JLL bezifferten Wert.

Insgesamt liegt das Volumen des 1. Quartals 2011 laut CBRE um 20% über dem Fünf-Jahres-Durchschnitt. Das zeigt das stetig wachsende Interesse an Handelsimmobilien, die bereits in der Vergangenheit – im Vergleich zu Büroimmobilien – ihre große Stabilität gezeigt haben. Die Entwicklung nach der Finanzmarktkrise belegt erneut, dass Handelsimmobilien schneller aus der Krise herausfinden. Dieser Trend war bereits nach dem Konjunktureinbruch als Folge des Anschlags auf das World Trade Center im September 2001 in den USA beobachtet worden.

Während die Investoren wieder vorsichtig über die Grenzen nach Osteuropa blicken, wie JLL bemerkte, entfällt laut CBRE im 1. Quartal aber immer noch der größte Teil der Transaktionen in diesem Segment auf den westeuropäischen Markt – und hier insbesondere auf Großbritannien und Deutschland, wo 70% des europäischen Transaktionsvolumens realisiert wurde. In Großbritannien führten laut CBRE einige große Deals, darunter der Verkauf des Trafford Centers für rd. 1,9 Mrd. Euro sowie die Sale-and-Lease-Back-Konstruktion für 21 Märkte des Handelskonzerns Tesco (Volumen: ca. 800 Mio. Euro) dazu, dass sich das Investitionsvolumen im 1. Quartal auf 4,9 Mrd. Euro summierte. Großbritannien verteidigt damit seine Spitzenposition in Europa.

Deutschland folgt laut CBRE mit 3,7 Mrd. Euro – JLL nennt 3,8 Mrd. Euro – auf dem 2. Rang. Hier waren es mehrere größere Transaktionen, darunter der bereits früher erwähnte Verkauf von 45 Cash & Carry Märkten, die den Metro-Großaktionären Haniel, Beisheim und Schmidt-Ruthenbeck gehörten, an den US-Investor Cerberus sowie der Verkauf einer 50%-Beteiligung am CentrO in Oberhausen (Foto) an den kanadischen Staatsfonds Canada Pension Plan (CPP). Zusammen machten diese beiden Deals bereits 1,4 Mrd. Euro aus.

Auf die übrigen europäischen Länder entfielen 3,7 Mrd. Euro. „Dieser Wert liegt 11% über dem Quartalsdurchschnitt der vergangenen 3 Jahre“, berichtet Poppinga. Es geht also auch außerhalb der Kernmärkte wieder aufwärts. So auch in Schweden. Hier verzeichnete JLL einen deutlichen Anstieg des Transaktionsvolumens, „nachdem die aufgestaute Nachfrage im 1. Quartal endlich auf ein entsprechendes Angebot traf“. 4 große Shopping-Center, darunter die Gallerian and Punktgalleries in Västerås, die Boultbee für rd. 96 Mio. Euro an The Carlyle Group verkaufte. Eine Ausnahme bildet Frankreich: Hier wurde das Volumen des 4. Quartals 2010 mit 400 Mio. Euro unterboten.

Die bevorzugte Anlageklasse sind Shopping-Center mit einem Anteil von 60%, wie JLL berichtet. In Großbritannien seien aber auch nennenswerte Transaktionen im Segment Supermärkte abgeschlossen worden, darunter der Kauf eines Portfolios von 3 Sainsbury’s-Standorten durch Prupim’s M&G Secured Property Income Fund und der bereits erwähnten Tesco-Märkte.

Weitere Erholung des Markes erwartet

Wie Poppinga weiter prognostiziert, wird die Entscheidung einiger institutioneller Investoren, ihren Anteil an europäischen Einzelhandelsimmobilien im Core-Bereich zu erhöhen, zur weiteren Erholung des Marktes beitragen. Inzwischen ist bei den Investoren aber auch wieder ein wachsendes Interesse an Objekten mit höherem Wertsteigerungspotenzial außerhalb der Kernlagen zu beobachten, berichtet er weiter: „Die geringe Neubautätigkeit verstärkt diesen Trend“. Für den deutschen Markt mit seinem hohen Revitalisierungsbedarf ist das eine wichtige Botschaft. Denn seit der Krise ist es schwer, für Revitalisierungen eine Finanzierung zu bekommen. Es sei denn, es handelt sich um private Investoren.

Im Blickpunkt: Deutschland und die CEE-Staaten

Jeremy Eddy, Head of EMEA Retail Capital Markets bei Jones Lang LaSalle erwartet im 2. und 3. Quartal in fast allen europäischen Ländern eine positive Marktentwicklung. Im Mittelpunkt sieht er Deutschland und die mittel- und osteuropäischen Länder. Bis zum Jahresende würden sich zudem die Wachstumsmärkte Türkei und Russland beleben. Auf der Suche nach Core-Produkten weiten die Investoren ihren Radius in Deutschland auch auf kleinere Städte mit 50 000 Einwohnern aus, wie CBRE beobachtet. Die zuletzt unter Druck geratenen Renditen legten derzeit aber eine Pause ein, berichtet Eddy, „bis die Miet- und Umsatzentwicklung wieder einen Aufwärtstrend erkennen lassen“.