Joey’s Pizza Service sieht in Deutschland Platz für 500 Filialen

Karsten Freigang

Karsten Freigang

„Ein Pizza-Liefer-Service ist die Königsklasse der System-Gastronomie“. Davon ist Karsten Freigang, Geschäftsführer der Joey’s Pizza Service (Deutschland) GmbH  überzeugt. Bevor er vor etwa zweieinhalb Jahren zu dem 1988 in Hamburg gegründeten Pizza-Unternehmen kam, hatte er in der System-Gastronomie bereits Erfahrung gesammelt: Bei Bürger King, Nordsee sowie bei Tank & Rast  – und kann deshalb heute vergleichen.

Den Liefer-Service hatte er zunächst nicht als so schwer eingeschätzt, doch ein Pizza-Liefer-Service mit Qualitätsanspruch funktioniert nach einem umfangreichen, ausgefeilten Logistik-System. Da muss alles sitzen, damit die Pizza nach der Bestellung per Telefon oder Internet in kürzester Zeit beim Kunden ist. 70 Grad muss sie dann noch warm sein und nichts von ihrer Frische und Qualität verloren haben. Das muss auch in Stoßzeiten bewältigt werden. Inzwischen werden laut Freigang bei Joey’s etwa 80% der bestellten Gerichte in ca. 30 Minuten zugestellt. Ziel ist es, den Durchschnittswert auf 90% zu erhöhen.  

Die Idee, hierzulande einen bundesweiten Liefer-Service für Pizza aufzuziehen, hatte Firmen-Gründer Carsten Gerlach nach einem längeren Aufenthalt Mitte der 1980er-Jahre aus den USA mitgebracht. Mit geliehenen 10 000 DM experimentierte er in seiner bescheidenen Ikea-Küche mit Rezepten für den besten Teig und neuen Pizza-Rezepturen, mit denen er sich von der Konkurrenz absetzen konnte. Das Teig-Rezept wird als großes Geheimnis gehütet. Gerlachs erster Mitarbeiter aus den Anfangsjahren hat sich inzwischen als Franchise-Nehmer selbstständig gemacht. Mit 7 Filialen in Hamburg gehört er heute zu den größten Franchise-Partnern.

Der Markt, auf dem Joey‘s Pizza Service in den vergangenen Jahren stetig expandierte, ist sehr heterogen, weiß Freigang, und es gibt natürlich viele italienische Pizzerien in fast jeder Stadt – die auch frei Haus liefern. Dass sich Gerlach dennoch eine Erfolgs-Chance ausrechnete auf diesem Markt, war sein fester Glaube daran, dass kein Wettbewerber so professionell – und schnell – liefern könne, wie sein eigener Liefer-Service. Um die Wettbewerbsfähigkeit zu testen, nehmen lokale Partner von Joey’s immer wieder Vergleiche mit der Konkurrenz vor, indem sie Testbestellungen aufgeben. Laut Gerlach hat Joey’s das Liefersystem in den vergangenen 20 Jahren „perfektioniert, standardisiert und professionalisiert“.

Da ein Liefer-Service nur über das Telefon kurz Kontakt zum Kunden hat, wird Qualität großgeschrieben. Denn ein enttäuschter Erstkunde wird meist nicht noch einmal bestellen und ist verloren. Zudem wird er die schlechten Erfahrungen an Bekannte weiter geben. Deshalb ist ein Beschwerde-Management bei Joey’s sehr wichtig.

Der zweite, genauso wichtige Punkt, ist die Qualität der eingesetzten Produkte. Der zuletzt viel diskutierte Analog-Käse und auch der Imitat-Schinken finden sich laut Freigang nicht auf Joey’s Pizza. Auch der Teig wird täglich frisch zubereitet – kein Fertig-Teig aus der Tiefkühltruhe. Zu den 10 bis 15 Standard-Pizza-Varianten werden mehrmals im Jahr Sonderkationen mit 24 neuen Pizza-Rezepten gefahren. 2009 etwa war „Hot Scampi“ mit Shrimps und scharfer Sauce der Renner. Andere Varianten sind „Crazy Dog“ mit Würstchen als Auflage, „Conchita“ als mexikanische Variante mit Barbecue-Sauce oder die „Gourmet“-Variante mit Filet-Streifen und Brokkoli. Immer wieder werden Standard-Pizzen, die nicht mehr gut laufen, durch neue Rezepte ersetzt.

Den Einkauf der Vorprodukte für die Pizza-Erstellung bündelt Joey’s über die Hamburger Zentrale beim Lebensmittelhändler Rewe Group, die mit ihrem Großhandel auch ihre selbstständigen Rewe-Kaufleute beliefert: „Wir können so Einfluss auf die Produktqualität nehmen“, so Freigang. Skandale wären für das gesamte System schädlich.

Seit seinem Marken-Relaunch im Jahr 2003 bietet Joey’s neben dem Liefer-Service in einzelnen Filialen noch einen kleinen Gastronomie-Bereich für den „Vor-Ort-Verzehr“ an, wenn die passenden größeren Flächen vorhanden sind. So gibt es zwei Vertriebsvarianten: Den reinen Delivery-Betrieb mit 65 bis 100 qm und die Pizza-Bar mit klassischer Theke und Gastronomie auf 90 bis 150 qm. Der Löwenanteil des Geschäfts entfällt mit 90% jedoch auf das Liefergeschäft.

Joey‘s setzt bei der Expansion auf Unternehmer

Die Expansion des Filialnetzes geschieht über Franchising, d.h. jeder neue Partner fungiert als selbstständiger Unternehmer. Anders wäre die Expansion auf bundesweit 160 Filialen, die etwa 110 Franchise-Partnern gehören, nicht so schnell verlaufen, wie Freigang erläutert – weder von der Manpower noch vom Kapital her. Bis Ende 2010 sollen es 180 bis 190 Filialen sein. Aus Sicht des Mittelständlers gibt es einen Unterschied zwischen dem Unternehmer und dem angestellten Filialleiter. „Unser Ziel, die nationale und regionale Marktführerschaft zu erreichen“, so Freigang, „gelingt leichter mit einem Unternehmer, der eigenverantwortlich agiert“.

Für Lehrgänge und um das regionale Know-how der Einzelkämpfer über die Kundenwünsche in das Sortiment einzubinden, finden sich die Franchise-Partner regelmäßig in der Hamburger Joey’s Akademie zusammen.

Während das Joey’s Netz in Norddeutschland – besonders am Gründungsstandort Hamburg – schon enger geknüpft ist, sieht das Unternehmen noch Potenzial bzw. Lücken im süddeutschen Raum, in Berlin und im bevölkerungsreichsten Bundesland, Nordrhein-Westfalen, wo es erst 14 Filialen gibt. „Wir brauchen 1B-Standorte in der Nähe von Wohngebieten und Büroansiedlungen“, listet Freigang auf. Sie müssen gut sichtbar sein, Zugang zur Straße haben und Parkraum für die Pkw bieten. Gefragt sind auch Nahversorgungszentren in einem Wohngebiet mit einem Discounter oder Supermarkt und McDonald’s oder Burger King sowie einer Tankstelle in der Nähe.

Ideal ist laut Freigang, wenn im Radius von 3 – 5 km etwa 40 000 bis 45 000 Menschen leben. Kurze Lieferwege mit 5 bis 6 Minuten Fahrtzeit sind sehr wichtig. Die Zielgruppe ist zwar breit gestreut, doch ist Joey’s bei Studenten besonders erfolgreich, sodass Standorte in Studenten-Städte sehr gefragt sind.

Insgesamt konnte das Unternehmen im Vorjahr – auch durch Neueröffnungen – den Umsatz um 9,5% auf 80,3 Mio. Euro steigern. Aber auch auf vergleichbarer Fläche stand noch ein Plus von 5,5% zu Buche. Von der Krise profitiert Joey’s laut Freigang, weil die Bundesbürger weniger ausgehen, sich zu Hause aber dann einen kleine Luxus – in Form einer frisch gelieferten Pizza – leisten wollen.

Und wie groß ist das Potenzial, dass die Hamburger in Deutschland für sich noch sehen? In Spanien betreibt der Anbieter Tele Pizza laut Freigang 800 Filialen. Im bevölkerungsreichsten Land Westeuropas hält er deshalb die Expansion auf insgesamt 500 Filialen in den nächsten 5 bis 10 Jahren für möglich. Wettbewerber auf Bundesebene ist „Hallo Pizza“ aus Langenfeld bei Köln und auf regionaler Ebene „Smileys“ in Hamburg. Dass Joey’s 2009 vom Internationalen Centrum für Franchising und Cooperation mit dem „F&C Award Gold“ prämiert wurde, weil die Franchise-Partner mit dem System überdurchschnittlich zufrieden sind, dürfte eine gute Voraussetzung für die Expansion sein.