Mapic: Der Handel gibt sich optimistisch und expansiv

 
Cote d´Azur
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Einzelhändler können jammern ohne zu leiden, zitiert Josef Sanktjohanser, Präsident des Handelsverbands HDE gern eine alte Händlerweisheit. Doch der deutsche Einzelhandel bewegt sich seit 15 Jahren stabil in der Talsohle des Konjunktur-Zyklusses. Der Aufschwung 2006 und 2007 blieb aus, weil der Staat mit Steuern und Abgaben zu viel Kaufkraft abgeschöpft hatte. Profitieren konnten nur einzelne Branchen oder Unternehmen. Zum Jammern hat der Handel demnach durchaus Grund.

Nun überrascht der Immobilien-Berater CB Richard Ellis (CBRE) auf der internationalen Handelsimmobilien-Messe Mapic in Cannes mit dem Ergebnis seines Marktreports „How active are Retailers?“: Danach will die Mehrzahl der 220 Einzelhändler, mit denen das Unternehmen stetig arbeitet, 2010 den Fokus seiner Expansionsstrategie ausgerechnet auf den deutschen Markt richten. Denn der ist immerhin der bevölkerungsreichste in Europa und seine Bürger gehören zu den wohlhabendsten. Passend zum Ergebnis der Studie hatten die Veranstalter der 15. Mapic Deutschland auch zum Ehrengastland der Messe erklärt.

Zeitgleich beim Deutschen Handelskongress im fernen Berlin bekräftigte HDE-Präsident Sanktjohanser seine Umsatzprognose für 2009: nominal -2%. Das ist nicht wirklich gut, doch es ist besser als in vielen anderen Ländern Europas. Die Weltwirtschaftskrise relativiert vieles. Laut Karsten Burbach, Head of Retail bei CBRE, haben in den vergangenen 12 Monaten immerhin 20 internationale Filialisten erstmals den Schritt auf den deutschen Markt getan.

Doch der hiesige Markt ist steinig. Deshalb weist Burbach drauf hin: Erfolgreich sei die Internationalisierung von Konzepten auf einem wettbewerbsintensiven Markt wie dem deutschen  nur dann, wenn sie an die einheimischen Konsumentenbedürfnisse angepasst würden: „Gerade für den Markteintritt ist die klare Positionierung mit ihren Alleinstellungsmerkmalen unerlässlich“. Einige internationale Filialisten wie Ikea oder Hennes & Mauritz haben es in Deutschland in ihrem Segment an die Spitze geschafft oder einen neuen Trend gesetzt. Andere namhafte Handelsgrößen wie Wal-Mart oder Marks & Spencer sind kläglich gescheitert.

Doch, so lautet die Kernaussage des CBRE-Reports, viele Einzelhändler sind für die Zukunft optimistisch und werden ihre Expansion in neue Märkte – wenn auch mit Vorsicht – voran treiben. Einzelhändler mit einem  bereits umfangreichen Filialnetz im Ausland werden versuchen, es durch attraktive neue Standorte zu optimieren, andere werden tatsächlich den Schritt in neue Märkte wagen. Ein Viertel der befragten Unternehmen plant 2010 eine aggressive Expansions-Strategie mit dem Erwerb von 40 neuen Shops und mehr.

Hinter Deutschland auf Rang 2 der Expansions-Wunschliste rangiert Frankreich mit 44% der Nennungen vor Spanien (36%), Polen (34%) sowie Italien (33%). Großbritannien steht mit 29% auf Rang 7. Die etablierten Märkte in Westeuropa dominieren das Ranking und belegen sieben der führenden zehn Positionen, stellt CBRE fest. Polen, Rumänien und Russland seien die wichtigsten Ziele in Mittel- und Osteuropa. Für 45% der befragten Einzelhändler gelten sie als Zielländer.

Expansionsziele Quelle: CBRE

Expansionsziele Quelle: CBRE

Die Speerspitze der Expansionsbewegung bilden die Lebensmitteleinzelhändler (mehr als 50%) vor der Mode-Branche mit Bekleidung, Schuhen und Accessoires. Den Lebensmittelhandel zieht es auch unvermindert nach Ost- und Südeuropa. Mode-Unternehmen des mittleren Segments, Anbieter von Heimtextilien und der Elektro-Einzelhandel zeigen noch moderate Expansionsbestrebungen, während der Bereich Luxus- und Business-Mode seine Expansionspläne erst einmal in der Schublade lässt.

Passend zu den Expansionsplänen des Einzelhandels präsentierte Wettbewerber Jones Lang LaSalle (JLL) auf der Mapic eine Übersicht über die Mietentwicklung in europäischen Shopping-Centern und über die Lage der Einzelhandelsmärkte in den Ländern des Ostens:  Polen, Rumänien, Slowakei, Tschechien, und Ungarn (CEE5). Denn im Ausland bevorzugen Filialisten den Markteintritt über Shopping-Center. Mit Jahresmieten bis 2 000 Euro je qm weisen Russland und Großbritannien demnach europaweit die höchsten Mieten auf.

Auf den weiteren Rängen folgen Frankreich (1 600 Euro je qm) und Belgien (1 450 Euro). Mit 1 250 Euro je qm pro Jahr folgt Deutschland auf Platz 5. Im nächsten Halbjahr erwarten die Forscher einen stabilen Trend. Nicola Birkett, Associate Director European Retail Capital Markets Team bei JLL schätzt, dass „sich auf  Grund der begrenzten Verfügbarkeit erstklassiger Flächen in vielen Shopping-Centern Europas die Spitzenmieten im nächsten Halbjahr überwiegend stabil zeigen“. Einen leichten Abwärtstrend sieht sie nur in Rumänien, Ungarn und Spanien.

Bei Analyse des osteuropäischen Länder stellt auch JLL – wie GfK Geomarketing – fest, dass ihnen vor allem die Schwäche der heimischen Währung gegenüber dem Euro zu schaffen macht. Denn dadurch steigen die Mieten z.B. in Shopping-Centern, die in Euro gezahlt werden, erheblich. Eine Ausnahme bildet die Slowakei, die 2009 dem europäischen Währungsraum beigetreten ist. Beim Blick auf die Entwicklung des BIP zeigt sich jedoch, wie weit auch die Länder des Ostens auseinanderliegen. Während die Wirtschaft in Ungarn um 7% und in Rumänien um 7,5% geschrumpft ist, konnte die in Polen um 0,7% wachsen. Gleichwohl glaubt JLL, dass sich die Volkswirtschaften in Polen, Rumänien, der Slowakei und Tschechien 2010 schnell erholen werden. Nur in Ungarn erwarten sie noch ein Minus von 1%.  Für 2011 bis 2013 liegen die Prognosen für Tschechien, Polen und Rumänien bei Zuwachsraten von 3 bis 4,8%. Zum Vergleich: In den EU-15-Ländern werden Zuwächse von 1 bis 1,6% erwartet. Hier ist aber auch die Ausgangsbasis höher.

Neue Chancen für bonitätsstarke Einzelhändler im Osten

Im Zuge der Krise haben nach Beobachtung von Jones Lang LaSalle einige Handelsunternehmen ihr Filialnetz in der CEE5-Region reduziert oder sich ganz vom Markt zurückgezogen. Expansionspläne würden aufgeschoben oder man fokussiere sich nur auf Top-Angebote, heißt es. Doch wo Schatten ist, ist bekanntlich auch Licht. So sehen bonitätsstarke Konzepte, die in den Vorjahren keine geeigneten Flächen fanden, neue Chancen, denn laut JLL haben die Mieten im Zuge der Krise in der Region nachgegeben. Unternehmen wie H&M, Peek&Cloppenburg, Deichmann, Humanic, Takko, KiK, dm oder Rossmann sind weiter auf Expansionskurs. Bevorzugt werden die großen Städte – in Polen aber auch Mittelstädte – und Flächen in bereits etablierten Shopping- und Fachmarktzentren. Projektentwicklungen sind dagegen weniger gefragt. Auf Franchise-Konzepte setzen aus Kostengründen der britische Warenhausbetreiber  Debenhams sowie die Konzepte Go Sport und Mango. Warenhäuser sind laut JLL auch im Osten eher die Ausnahme. Lückenhaft sei das Angebot zudem in den Sortimenten Multimedia, Möbel, mittel- bis höherwertige Damen- und Herrenbekleidung und im Luxussegment.

Die Pipeline mit Center-Neuentwicklungen und Erweiterungen ist laut Kevin Turpin, Head of Research bei Jones Lang LaSalle in CEE  in den CEE5-Ländern in den vergangenen 12 Monaten  um 30% oder 2 Mio. qm  geschrumpft – vor allem weil die Finanzierung schwierig ist und der Abschluss von Vorvermietungsverträgen schleppend verläuft. 2009 kommt voraussichtlich 1,3 Mio. qm neue Shopping-Center-Fläche auf den Markt. 2010 dürfte die Größenordnung ähnlich sein.