Mehr Optimismus – aber noch nicht genügend Liquidität

Expo Real Nachlese
Der Immobilienmarkt kommt wieder in Bewegung und zeigt Zeichen von Normalität. Das belegte die 13. Expo Real in München. Doch ungetrübt ist diese Normalität noch nicht. Die Marktteilnehmer suchen vor allem Stabilität in sicheren Anlagen und lassen noch einiges an Phantasie vermissen. Vor allem aber beklagen viele, dass die Finanzierung vorerst der Flaschenhals bleiben wird.

Bei der Expo Real 2009 herrschte immer noch eine gewisse Orientierungslosigkeit, auch wenn die optimistischen Auguren von Jones Lang LaSalle für die 2. Jahreshälfte bereits die Wende zum Besseren vorausgesagt – und Recht behalten hatten. Bei der 13. Expo Real 2010 stellte Eugen Egentemeier, Geschäftsführer der Messe München, fest, dass sich die Branche wieder auf einem Gleis bewege, das in die richtige Richtung – nämlich nach vorne – führe. Es gebe mehr Kapital als Produkte und wieder  mehr Investoren auf dem Markt. Dass die Messe mit 1 645 Ausstellern gegenüber 2009 mit 1 580 ausstellenden Unternehmen ein Plus von 4% verzeichnete, passt ins Bild.

Auch aus Polen, dem stabilsten Markt in Zentral- und Osteuropa, kamen 64 Aussteller (+60%) und die Delegation aus Russland war mit 21 Ausstellern doppelt so groß wie im Jahr zuvor. Der Anteil der Ausländer lag bei 18%. Nach der gedrückten Stimmung des Jahres 2009 zeigt der Markt wieder mehr Zuversicht. Diesen Optimismus registrierte auch Alexander Otto, Leiter der ECE-Geschäftsführung. Und Matthias Böning, Vorstandschef der mfi AG, berichtete, dass die Gespräche über die Vermietung von Neuentwicklungen und Revitalisierungsprojekten erfolgreich verlaufen sind.

„Die Zuversicht ist wieder größer  als vor einem Jahr“, stimmt auch Andreas Mattner, Geschäftsführer der ECE-Projektentwicklung und Präsident des ZIA, zu, „aber auch die Vorsicht ist größer geworden“, stellt er nüchtern fest.

Was die Geschäfte der Immobilienbranche weiter trübt, ist die Verunsicherung und die übergroße Vorsicht der Banken bei der Kreditvergabe: „Liquidität ist das knappe Gut – neben Eigenkapital“, konstatierte denn auch Peter Knopp, Vorstandschef der Westdeutschen ImmobilienBank AG, während der Diskussionsrunde „Braucht die Immobilienwirtschaft Spezialbanken?“ zu der das Kreditinstitut eingeladen hatte. Damit brachte er die Sorge vieler Expo-Real-Teilnehmer auf den Punkt, die nicht zu den ganze Großen, Bonitäts- und Eigenkapitalstarken der Branche gehören. Liquidität bleibe ein knappes Gut und stehe nicht im gewünschten Maße zur Verfügung, so Knopp. Auch sei die Furcht der Banken vor einer erneuten Eintrübung, wenn die Konjunkturprogramme erst einmal ausgelaufen sind, beachtlich, so dass die Kreditinstitute erst einmal vorsichtig bleiben.

Auch Prof. Nico Rottke, Leiter des Instituts EBS Real Estate Management, der EBS Universität für Wirtschaft und Recht, fürchtet, dass der aktuelle Aufschwung künstlich und die Krise noch nicht vorbei sei. Vor allem, da in den USA die Refinanzierung von Gewerbeimmobilien im Volumen von 850 Mrd. $ anstehe und ein Teil der Kredite „unter Wasser“ sei, d.h. der aktuelle Wert der Immobilien niedriger ist als der Kredit. In diesem Szenario bleibt den Banken nur die Möglichkeit, auf Zeit zu spielen, in der Hoffnung, dass mit der Konjunkturbelebung auch der Wert der Immobilien wieder steigt. Damit bleibt der Markt fragil.

Dass die Kreditinstitute nach dem Beinahe-Kollaps der weltweiten Finanzmärkte im September 2008 nicht nach 2 Jahren schon wieder zur Normalität zurückfinden würden, war deshalb zu erwarten. Denn nachdem die Banken in der Boom-Phase mit ihren Verbriefungsplattformen ohne Durchgriffs-Haftung im Grunde eine risikofreie Lizenz zum Gelddrucken hatten, bei der allein der Steuerzahler haftete wenn’s schief ging, geht es aktuell um die Neuorientierung des Systems: im Spannungsfeld zwischen dem Rückfall der Marktteilnehmer in alte Muster und der geplanten Regulierung des Bankensektors, um eine neue Krise zu vermeiden.

So machten die Diskussionsteilnehmer denn auch klar, dass der Zusammenbruch des Verbriefungssystems, das bei verantwortungsbewusster Anwendung ein wichtiges Finanzierungsinstrumentarium ist, für die Branche erhebliche Nachteile mit sich bringt. „Es fehlt an Alternativ-Instrumenten“, stellt Rottke fest.

In dieser Orientierungsphase gibt es zum einen, so berichten Branchenbeobachter von der Expo Real, den Rückfall in alte Übertreibungs-Muster – wie etwa das Zahlen vom 16-Fachen der Miete für die aktuell sehr begehrten Fachmärkte und Fachmarktzentren, deren Marktpreise laut André Langmann, Vorstandschef der GRR AG in Erlangen derzeit aber eher beim 12,5- bis 13-Fachen oder auch über dem 13-Fachen liegen.

Dass Investoren trotzdem bereit sind, überhöhte Preise zu zahlen, liegt am aktuellen Konkurrenzdruck in diesem Segment und dem Zwang mancher Marktteilnehmer, ihr System auszulasten, auch wenn der Preis eigentlich hoch ist. So ist im Fachmarktsegment stellenweise eine kleine Blasenbildung zu beobachten.

Andererseits bietet dieser Konkurrenzdruck aber auch wieder günstige Voraussetzungen für die großen bonitätsstarken deutschen Lebensmittel- und Drogerie-Filialisten, ihre geplante Expansion voranzutreiben – vorausgesetzt, die Kommunen sind bereit, für gute Standorte auch die entsprechenden Bebauungspläne zu erstellen. Mit Blick auf den demographischen Wandel und die unzureichende Nahversorgung in vielen Teilen Westdeutschlands besteht nämlich auch auf kommunaler Seite Handlungsbedarf was den Bau von wohnortnahen Versorgungsstrukturen angeht. Dadurch könnte der Druck abgebaut werden.

Große Sorge vor der Überregulierung des Kapitalmarkts

In der aktuellen Neuorientierungsphase geht es im Wesentlichen aber auch um die geplante Regulierung des Bankensektors, die der Immobilienbranche Sorge bereitet. „Wir werden nicht mehr dahin kommen, wo wir 2006 waren“, stellt ZIA-Präsident Mattner klar, „aber ich weiß auch nicht, ob ich da wieder hin will“. Doch die geplanten Regulierungen bereiten dem ZIA Zentralen Immobilien Ausschuss die Sorge, dass es zur Überregulierung kommen könnte. „Mehr Regulierung bedeutet nicht automatisch bessere Regulierung“, stellt die WestImmo denn auch in ihrer Pressmitteilung zur Expo Real mit Blick auf „Basel III“ und alle weiteren Rahmenveränderungen fest.

Konkret im Blickpunkt steht die verbindliche „Leverage Ratio“, wonach die vorgeschlagene Verschuldungsobergrenze die Bilanzsumme auf das 33fache des neuen Kernkapitals (Tier 1) beschränken soll. Das würde vor allem die Pfandbriefbanken tangieren, die auf Grund der niedrigen Risikogewichtung ihrer Aktiva (mit grundrechtlich besicherten Krediten), eine vergleichsweise niedrige Kapitalausstattung haben. Sie müssten dann gegebenenfalls ihr Kreditgeschäft stärker zurückfahren oder mehr zusätzliches Eigenkapital aufbauen. Dies sei kontraproduktiv und benachteilige das Geschäftsmodell der Pfandbriefbanken, monierte Henning Rasche, bis Juni 2010 Präsident des Verbands Deutscher Pfandbriefbanken (vdp).

Dabei sind in der aktuell schwierigen Lage gerade die Pfandbriefbanken, Sparkassen und Raiffeisenbanken bei der Immobilienfinanzierung immer aktiver geworden, wie Bernhard H. Hansen, Vorsitzender der Geschäftsführung der Vivico Real Estate GmbH, bestätigt. Die Vivico hatte sich über Spezialbanken für 8 Entwicklungen etwa 500 Mio. Euro beschafft.

Ein wichtiges Thema für die Immobilienbranche besteht – wie bereits erwähnt -, darin, das Vertrauen in die Verbriefungsmärkte wieder herzustellen. Das kann laut WestImmo aber nur geschehen, indem die Verbriefungen anders strukturiert werden. Zur Diskussion stellt der Immobilien-Finanzierer eine Kombination aus besichertem Funding, unbesichertem Funding und Eigenkapital, wobei eine Möglichkeit darin besteht, das besicherte Funding weiterhin über Pfandbriefe zu sichern und das unbesicherte Funding über ein nachrangig besichertes ABS-ähnliches Produkt. Sinnvoll wäre dabei, dass die Banken möglichst ein einheitliches Produkt kreieren.

 Befördert wird dieser Prozess aber zweifellos durch den Zwang der Banken, ihr Kerngeschäft Kreditvergabe mittelfristig wieder hoch zu fahren. Die Märkte müssen ja zurück kommen, so Mattner nüchtern.