Nach der Hertie-Schließung: Fatale Folgen für Essen-Borbeck

Allee Center

Allee Center

Am vergangenen Samstag (15. August) wurden die letzten der verbliebenen 54 Hertie-Filialen geschlossen. Im Februar kam bereits das Aus für die Häuser im Altenessener Allee-Center und im Essener Stadtteil Borbeck. Die beiden Filialen gehörten zu den 19 Häusern, die Insolvenzverwalter Biner Bähr im Rahmen der Hertie-Sanierung schon aussortiert hatte, weil er für sie keine wirtschaftliche Zukunft sah. Am Tag der Schließung herrschte an den Standorten Endzeitstimmung. Besonders Borbeck trifft es hart. Gerade hier war Hertie ein großer Kundenmagnet. Hertie hat diesen Standort verlassen, aber noch seinen grauen Mantel – sprich: die Immobilie – „vergessen“.

In Borbeck gehe seit dem Auszug von Hertie gar nichts mehr, so Eckhard Brockhoff, geschäftsführender Gesellschafter von Brockhoff & Partner in Essen. In der Innenstadt sehe man verstärkt Fassadenwerbung, die in die vermehrt angesiedelten 1-Euro-Läden locken solle, schreibt ein ernüchterter Anwohner in einem Blog. Das Erscheinungsbild des gesamten Stadtteils leide darunter. Dass die benachbarten Einzelhändler die Schließung von Hertie beim eigenen Umsatz spüren, verwundert nicht. Die Kaufkraftbindung an den Standort ist nicht mehr so hoch wie zu Hertie-Zeiten.

Im Altenesser Allee-Center sieht die Situation insgesamt etwas besser aus. Hier war Hertie in das ECE-Einkaufszentrum eingebunden, doch gibt es eine Besonderheit: Hertie war nicht Mieter der Verkaufsfläche, wie in vielen Shopping-Centern üblich. Vielmehr gehört auch die 10 891 qm große Fläche auf 3 Ebenen (Basement, Erd- und 1. Obergeschoss) dem früheren Hertie-Eigner, dem britischen Investor Dawnay, Day. Insofern sucht der Immobilienvermarkter BNP Paribas Real Estate (früher: Atisreal) auch für diese Fläche eine Nachnutzung.

Auf Anfrage des „Handelsimmobilien Reports“ teilte Christoph Meyer, Mitglied der Geschäftsleitung, mit, dass für das Haus in Borbeck bereits ein Vorvertrag geschlossen worden sei. Bei dem Interessenten handele sich um einen deutschen Entwickler, der sich über Vorverträge insgesamt 6 Standorte gesichert habe. Einen Namen konnte Meyer naturgemäß noch nicht nennen. Mit einem Abschluss rechnet er in der 2. Septemberhälfte. Ziel des potenziellen Eigentümers dürfte es sein, die Fläche nach Umbau und Renovierung weiter zu vermieten.

Für die Fläche in Altenessen ist Meyer im Gespräch mit Einzelhändlern, die als Mieter einziehen sollen. Allerdings wird es kaum einen einzelnen Mieter für mehr als 10 000 qm Verkaufsfläche geben. Insofern geht Meyer davon aus, dass das Objekt umgebaut werden muss, so dass mehrere Einzelhändler einziehen könnten, wobei die Mehrgeschossigkeit der Fläche – wie bei Warenhäusern üblich – zum Problem werden könnte. Das Basement hat keinen gesonderten Ausgang zu Mall und müsste deshalb gemeinsam mit dem Erdgeschoss genutzt werden – oder es müsste ein eigener Ausgang geschaffen werden. Der Vorteil des 1. Obergeschosses ist laut Meyer jedoch, dass es einen eigenen Ausgang zur Mall hat und somit eine Abtrennung möglich ist.

Aus Sicht von Thomas Sandmann von der Wirtschaftsförderung Essen dürfte es schwierig sein, ein vernünftiges Angebotsprofil für die beiden Essener Stadtteil-Standorte zu finden. Eine Vollversorgung mit einem Kaufhauskonzept wäre für beide Stadtteile wünschenswert. Sonst drohe die weitere Verlagerung der Angebotsstrukturen hin zu Discountern oder gar die komplette Verödung, fürchtet Sandmann.

Noch sind benachbarte Einzelhändler um die Hertie-Häuser herum, nicht ausgefallen. Doch sollte nicht schnell eine Nachnutzung für die leer stehenden Hertie-Standorte gefunden werden, so fürchtet er wird sich das sicherlich bald ändern. Zur Entwicklung der Mietpreise konnte Sandmann noch nichts sagen.

Die Vermarktung der beiden Hertie-Häuser ist auch deshalb nicht ganz einfach, weil sich im Radius von 10 km um Altenessen und Borbeck größere Einkaufszentren auf der grünen Wiese befinden, wie der Ruhrpark Bochum, das RheinRuhrZentrum sowie das CentrO Oberhausen, die große Sogwirkung auf ihre weitere Umgebung entfalten. Auch wird die Verkaufsfläche in der Essener Innenstadt durch den Bau des Shopping-Centers am Limbecker Platz mit einem großen Karstadt-Warenhaus um  55 000 qm erweitert. Das dürfte auch einiges an Kaufkraft in die Essener City ziehen.