Serdika Center trotzt den Widrigkeiten in Osteuropa

Serdika Center

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Mitte März eröffneten die Hamburger ECE und die Wiener Sparkassen Immobilien AG mit dem „Serdika“ ein Shopping-Center, das in Sofia, Bulgarien und Südosteuropa Zeichen setzen soll. Es soll aber auch einen wichtigen Impuls geben für die Belebung des Shopping-Center-Marktes in Osteuropa. Experten glauben, dass die Wirtschaft in der Region in diesem Jahr den Boden erreichen wird.

Nachts um 4 Uhr versammelten sich die ersten 300 Menschen vor dem Eingang des neuen Serdika Centers (Foto) im innerstädtischen Bezirk Oborishte in Sofia, am Sitnyakovo Boulevard. Bis der Pförtner am Morgen des 16. März um 8 Uhr die Türen aufschloss, um erstmals Kunden in den Konsumtempel zu lassen, war die Menschentraube auf 2 000 Personen angewachsen. Und der Menschenstrom sollte nicht versiegen. 100 000 Besucher wurden am 1. Tag gezählt. 60 000 bis 70 000 täglich waren es in den Folgetagen.

Mit seinen über 51 000 qm Verkaufsfläche soll das Serdika – auch als eines der größten Center Südosteuropas – in der bulgarischen Hauptstadt Zeichen setzen. Groß genug, um in etwa 210 Läden ein sehr breites Angebot mit 56% Modeanteil zu bieten und „die“ Mode-Destination der Stadt zu sein.

Und um zu verhindern, dass sich in nächster Nähe ein weiteres Shopping-Center ansiedelt. Denn einen § 11,3 BaunutzungsVerordnung, der in Deutschland den Kommunen das Instrument an die Hand gibt, genau zu regeln, wer sich wo in einem Stadtteil oder Sondergebiet ansiedeln darf, gibt es in Bulgarien nicht. Wer sich hier etabliert, der muss seinen Claim abstecken.

Der Erfolg des Serdika Centers, das als Reminiszenz an Bulgarien den alten Namen der heutigen Stadt Sofia – eben Serdika – trägt, ist in vieler Hinsicht wichtig für weitere Projekte. Die Performance des Centers wird der Schlüssel sein für die Entwicklung des bulgarischen Shopping-Center-Marktes im Allgemeinen, ist David Davidov, Director Commercial Brokerage Services von Colliers International überzeugt. Insbesondere vor dem Hintergrund der gravierenden Irritationen, die die Finanzkrise gerade in Osteuropa erzeugt hat.

So ist auch für die ECE-Geschäftsleitung die Vollendung des Centers, dessen Verwirklichung mit großen Anstrengungen durch die Krise gebracht werden musste, ein wichtiger Meilenstein und ein Wegweiser für die weitere Entwicklung auf den Zukunftsmärkten Osteuropas. Immerhin hat die ECE mit dem geplanten „Europa Center“, einer Stadtentwicklung mit Shopping- und Freizeit-Center, Wohnungen sowie Büros und dem Europa-Tower auf einer Industrie-Branche in Sofia ein weiteres Projekt in der Pipeline, das durch die Krise verzögert wird.

Deshalb machte denn auch der größte Teil der ECE-Geschäftsleitung am 15. März auf ihrem Weg zur Mipim in Cannes noch einen Abstecher nach Sofia, um das Center mit einer Gala zu eröffnen und mit den frischen Eindrücken von dem Kundenansturm am Eröffnungstag zur Messe zu reisen. Schon bei der vorabendlichen Eröffnungs-Gala, zu der auch die Einzelhandelsmieter selbst Gäste einladen durften, war der Andrang überdurchschnittlich groß.

Doch wie groß die Anspannung und die Unsicherheit während der vergangenen Monate gewesen sind, ließ sich dann an der großen Erleichterung des Center-Managers Athanas Radev ablesen, mit der er die Kundenströme in den Gängen des Serdika Centers quittierte. „Es ist nichts normal“, fasst der bulgarische Managing Director der ECE Projektmanagement Bulgarien, Plamen Iltchev, zusammen. Das größte Problem war nach seinen Worten die Finanzierung. Dafür konnte die ECE, die ein Drittel des 210 Mio. Euro teuren Projekts übernimmt, die österreichische Sparkassen Immobilien AG gewinnen, die zwei Drittel der Summe trägt.

Aber auch die Vermietungsabteilung hatte zu kämpfen. 40 Filialisten – vor allem aus Griechenland – hatten sich auf Grund der Krise wieder zurück gezogen und mussten ersetzt werden. Dass dennoch am Tag der Eröffnung 99% der Flächen vermietet waren, liegt auch an dem großen Interesse, das internationale Marken am bulgarischen Markt haben. So hatte die spanische Mode-Kette Zara, die bereits sehnlichst erwartet wurde, in der Top-Einkaufsstraße Vetosha Boulevard (Foto) vergeblich nach einer passenden Fläche gesucht, sie dann aber im Serdika gefunden.

Das Beispiel Zara spiegelt die Problematik wieder, die Sofias – zweifellos großzügig angelegter – Top-Einkaufsboulevard Vetosha hat. Mit durchschnittlich 100 qm sind die in großer Zahl vorhandenen Flächen für die meisten internationalen Filialisten zu klein, so dass das internationale Angebot überschaubar bleibt. Innerstädtische Ausnahmen sind die Zentrale Markthalle am Unabhängigkeitsplatz und das Kaufhaus Tzum, das mit seinen gehobenen Marken auf ein exklusives Publikum zielt.

Hinzu kommt, dass der öffentliche Raum – sprich: Straßen und Bürgersteige – sowie das Gros der Immobilien im Vetosha Boulevard umfassend erneuert werden müssen, bis sie westeuropäisches Niveau erreichen. Bis dahin dürften aber noch viele Jahre vergehen. Auch wenn das Potenzial der Straße zweifellos vorhanden ist. Das ist an der Tatsache abzulesen, dass sich immerhin Edelmarken wie Marc Cain oder Ermenegildo Zegna hier angesiedelt haben.

Das erklärt aber im Wesentlichen, warum sich die Expansion des Einzelhandels in Sofia vor allem auf Shopping-Center konzentriert. Vor Eröffnung des Serdika-Centers hat die gesamte Stadt im Grunde im City Center Sofia mit 20 000 qm GLA (=Bruttomietfläche), in der Mall of Sofia mit 21 500 qm und im Sky City Center (15 000 qm) eingekauft. Die Pro-Kopf-Shopping-Center-Fläche war mit 30 qm je 1 000 Einwohner im europäischen Vergleich noch überaus bescheiden. So sieht Alexander Otto auch – trotz der relativ geringen Kaufkraft – noch Raum für ein weiteres Shopping-Center, wie er mit Blick auf das geplante „Europa Center“ feststellt: „Wir arbeiten daran.“ Auf Grund der Krise war die Fertigstellung des Serdika-Centers vorgezogen worden.

Demnächst wird noch „The Mall“ vom französischen Hypermarkt-Betreiber Carrefour mit 66 000 qm eröffnet. Doch während sich das Serdika Center in einem innerstädtischen Wohngebiet etabliert hat, befindet sich „The Mall“ mit einem 14 000 qm großen Carrefour-Hypermarkt in einer „eher verkehrsorientierten Lage“, wie Udo Radtke, Bulgarien-Spezialist bei GfK Geomarketing, feststellt.

Generell bewegt sich die Kaufkraft in Bulgarien noch auf vergleichsweise niedrigem Niveau, doch vermag die Stadt Sofia das laut Radtke durch ihr hohes Einzugsgebiet auszugleichen. Gleichwohl gehen Experten auch davon aus, dass die effektive Kaufkraft höher liegen dürfte als der offiziell erfasste Wert.

In Sofia selbst leben etwa 1,4 Mio. Menschen, in Bulgarien sind es laut Colliers-Director Davidov 7,6 Mio. Einwohner. Dabei gibt es 10 Städte mit mehr als 100 000 und 4 Städte mit mehr als 200 000 Einwohnern.

In der aktuell angespannten Lage profitieren die Investoren ECE und Sparkassen Immobilien AG aus Radtkes Sicht davon, dass viele der in der Boom-Phase geplanten Projekte auf Eis liegen. So etwa auch das Projekt des spanischen Entwicklers Rio Fisa in der Nähe des Hauptbahnhofs. Dadurch sei eine Entlastung des Marktes eingetreten, ist Radtke überzeugt. Und das erhöht die Chancen der Investoren, die einen langen Atem – sprich Eigenkapital – haben und Projekte trotz Krise realisieren können.

Friedrich Wachernig, Vorstand der Sparkassen Immobilien AG schätzt beim Blick in die Zukunft, dass „wir in Osteuropa in diesem Jahr den Boden sehen werden“, auch wenn sich die Erholung in langsamem Tempo vollziehen werde. Allerdings seien die Wachstumsraten doppelt so hoch wie in Westeuropa.

Erst 3 Wochen zuvor hatte die Sparkassen Immobilien AG in Rumäniens Hauptstadt Bukarest – unter großem Ansturm – das 80 000 qm große Shopping-Center Sun Plaza eröffnet. In den ersten 4 Tagen sei ein Umsatz von 3,4 Mio. Euro erzielt worden, berichtet Wachernig. Weiteres zaghaftes Zeichen für eine Belebung des osteuropäischen Marktes ist auch das 100 Mio. Euro teure Shopping-Center Siska, das die SES Spar European Shopping Centers aus Österreich im slowenischen Ljubljana bis September 2012 entwickeln will.

Dass auch der Einzelhandel trotz Krise das Potenzial des bulgarischen Marktes sieht, lässt sich an der Mieterliste des Serdika-Centers ablesen. So eröffnete die Bekleidungskette P & C ihr erstes Geschäft in Sofia, genauso wie Zara. Weitere bekannte Mode-Namen sind Mango, Reserved, Esprit, New Yorker, Marc O’Polo, Schuh- und Sportanbieter wie Ecco, Humanic, Geox, Deichmann, Camper, Puma, Adidas sowie aus anderen Branchen wie Douglas, Swarovski, Bijou Brigitte und Guess Accessoires. Aber auch heimische Händler sind laut ECE-Chef Otto sehr stark vertreten.