Shopping-Center-Markt Polen: Nicht nur Mega, sondern auch Multi

Leif Krägenau, GfK

Leif Krägenau, GfK

Leif Krägenau, Senior Real Estate Consultant
im Bereich GeoMarketing von GfK

Die Expo Real 2015 hat wieder gezeigt, dass Liquidität sowohl bei nationalen als auch bei internationalen Investoren vorhanden ist. Allerdings ist in Deutschland die Akquise von interessanten Assets zu einem „halbwegs sinnvollen und hinterlegten Preis“ heute die große Herausforderung. Deshalb dürfte Polen bei Einzelhandelsinvestments wieder stärker in den Fokus rücken, nachdem 2014 vergleichsweise wenige Deals abgeschlossen wurden. Das Transaktionsvolumen in diesem Segment lag im Vorjahr nur bei etwa 560. Mio. Euro, knapp die Hälfte des Wertes der vergangenen Jahre.

Was spricht für ein Investment in Polen? Zunächst gesunde makro-ökonomische Rahmendaten und eine insgesamt stabile volkswirtschaftliche Entwicklung. So wird für das Jahr 2015 eine solide Nachfrage, ein sich entwickelnder Arbeitsmarkt mit fallenden Arbeitslosenquoten sowie ein hohes Investmentvolumen erwartet. Auch in der mittelfristigen Perspektive sollen sich diese Trends fortsetzen und beispielsweise die Arbeitslosenquote von etwa 9 % im Jahr 2014 auf 7,9% im Jahr 2016 sinken.

Die weitere wirtschaftliche Entwicklung ist aber auch vor dem Hintergrund politischer Konflikte wie im Nachbarland Ukraine sowie vor ökonomischen Rahmenbedingungen wie Wechselkurseffekte zu sehen. Diese Faktoren machen Investments in Polen – zusammen mit vergleichsweise hohen Renditen von 5% und 6% für Prime Shopping-Center und sogar zwischen 7 und 8% für Center in Secondary-Cities – interessant. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass in den Metropolen verstärkt teilweise sehr große Vorhaben entstehen. Dies ist gerade für internationale Investoren sehr interessant, die über solche Projekte in den Metropolen ihren Anlagedruck schnell verringern können. Beispielhaft seien genannt:

• Posnania in Posen. Apsys entwickelt auf etwa 100 000 qm GLA ein neues, Service-orientiertes Centerkonzept. Die Eröffnung ist für Ende 2016 geplant.

• Forum Gdansk in Danzig. Die Multi Corporation entwickelt derzeit in zentraler Lage von Danzig ein Shopping-Center mit 62 000 qm GLA. Die Eröffnung ist im Jahr 2017 geplant.

• Zielone Arkady in Bydgoszcz. Die ECE erstellt in Bydgoszcz ein Center mit über 50 0000 qm Mietfläche. Die Eröffnung soll noch im Jahr 2015 erfolgen.

• Wroclavia in Breslau. Auf dem Gelände des ZOB will Unibail-Rodamco bis zum Jahr 2017 ein neues Shopping-Center mit bis zu 74 000 qm GLA entwickeln.

Allerdings besteht gerade in den Metropolen in punkto Einzelhandelsflächen ein hoher Sättigungsgrad. Hinzu kommt, dass auch in Polen der Online-Handel wächst und er zu einer Umsatzumverteilung beiträgt.

Saturn testet sein neues Konzept in Polen

Gleichwohl zeigen GfK Studien, dass Polen beim eCommerce – gemessen an Deutschland – noch etwas hinterherhinkt. Allerdings sind in einigen Bereichen auch bereits höhere Multichannel-Nutzungsraten zu verzeichnen als in Deutschland. So etwa bei  Gastronomie, beim Lebensmitteleinkauf oder bei Consumer Electronics. Insofern ist es kein Zufall, dass die Metro-Tochter Saturn ihr Konzept „Saturn Connect“, das sich auf Mobilfunk, Laptops/Computer und Digitalgeräte konzentriert, zunächst in Polen testet.

Die starke Projektpipeline in Verbindung mit den sich weiter entwickelnden Online-Umsätzen dürfte perspektivisch zu höheren Leerstands-Quoten als bisher führen. Betroffen sind vor allem unmoderne und suboptimal positionierte Center. Insofern wird die Qualität eines Shopping-Centers, sowohl was den Standort als auch was das funktionale Konzept anbelangt, künftig noch entscheidender sein.

Lange Anlaufphasen für Projektentwicklungen

Im Übrigen muss in Polen bei Projektentwicklungen auch mit langen Anlaufphasen gerechnet werden. Neben einer allgemeinen Marktsättigungstendenz ist zudem der Markt der potenziellen Mieter – im Vergleich zu Deutschland – überschaubar Vor diesem Hintergrund ist der Trend zu Megaprojekten in Polen zu hinterfragen, da sich eine große Verkaufsfläche von vorteilhafter kritischer Masse schnell in einen erheblichen und damit kritischen Leerstand verwandeln kann. Die Qualität der Immobilie in Verbindung mit einem umfangreichen, modernen Serviceangebot und einer Multi-Channel-Kompatibilität ist hier ebenso wie andernorts der entscheidende Erfolgsfaktor – und eben nicht die reine Größe.

Fazit: Polen ist durch die Kombination von wirtschaftlicher Stabilität und (noch) interessanten Anfangsrenditen ein sehr interessanter und nachhaltiger Investitionsstandort. Chancen und Risiken sollten aber mit Blick auf Standort und Objektqualität stets kritisch beleuchtet werden.