Bremen ist mit rd. 547 000 Einwohnern das kleinste Bundesland Deutschlands, aber die zehntgrößte Stadt der Bundesrepublik. Infolge des dynamischen Strukturwandels entwickelte sich die Stadt zu einem wichtigen Standort für die Luft- und Raumfahrt sowie für die Automobilindustrie mit Arbeitgebern wie Airbus und Daimler. Wirtschaftsfaktoren mit großer Tradition, aber tendenziell abnehmender Bedeutung, stellen die Hafenwirtschaft und die Lebensmittelindustrie dar. Als Einkaufsstadt hat Bremen allerdings Besonderheiten, die der Entwicklung nicht immer förderlich sind.
„In den vergangenen Jahren haben immer mehr private Investoren die überzeugenden Standortfaktoren Bremens für sich entdeckt, so dass inzwischen eine wirtschaftliche Dynamik entstanden ist, die auf einen wahren Boom hinausläuft“, so Martin Günthner, Senator für Wirtschaft und Häfen der Freien Hansestadt Bremen. „Diese Entwicklung bestätigt uns in unserem Engagement, das auch in Zukunft beibehalten wird, um den Mix aus interessanten Branchen weiter auszubauen.“
Als Einkaufsstadt, so konstatieren Günter Rudloff und Frank Reitzig, beide Geschäftsführer der Comfort Hamburg GmbH, bleibt Bremen deutlich hinter vergleichbaren Metropolen wie Hannover, Nürnberg und Stuttgart zurück. Der Hauptgrund ist nach Ansicht der Comfort-Experten, dass zahlreiche und teils sehr erfolgreiche Einkaufszentren und Handelsagglomerationen in den Randbezirken und vor den Toren der Stadt angesiedelt sind. So befindet sich nur rund 15,5% (ca. 147 000 qm) der einzelhandelsrelevanten Verkaufsfläche in der Innenstadt.
Vergleichbare deutsche Oberzentren haben einen Innenstadtanteil von mindestens 20%. Die bedeutendsten Shopping-Center in den Randbezirken der Bremer City sind der Weser Park und die Waterfront. Insbesondere die Waterfront mit 65 000 qm hat sich mit vielen neuen Konzepten, die die Bremer Innenstadt nicht hat, inzwischen etabliert. Prominentestes Beispiel ist der britische Textilanbieter Primark. In Posthausen, vor den Toren Bremens befindet sich mit Dodenhof eine über Jahrzehnte gewachsene „Einkaufsstadt“ mit Autobahnanschluss, die sich zurzeit neu aufstellt und zur Innenstadt eine Konkurrenz bildet.
Von den 147 000 qm in der Bremer Innenstadt entfallen allein etwa 40 000 qm Verkaufsfläche (27% der Fläche) auf Karstadt (Foto). „Karstadt in Bremen“, so Rudloff, liege in Best-Lage, d. h. er teilt die Obern- und Sögestraße und bildet so das Zentrum der Einzelhandelslage. Gleichzeitig sei das Gebäude mit z.T. 70 m Schaufensterfront zur Obernstraße sehr lang und mache die Straßenseite für Kunden unattraktiv.
Gleichwohl: Die Bremer Obernstraße ist eine der beliebtesten Einkaufsstraßen Deutschlands. Beginnend mit Karstadt und Peek & Cloppenburg, vis-à-vis vom historischen Rathaus und dem Bremer Roland, mündet die Obernstraße in die Hutfilterstraße, deren Ende Herrenausstatter Ansons’s und das ehemalige Hertie-Kaufhaus „Bremer Carree“ bilden. Hier soll in zentraler Innenstadtlage mit dem Ansgariviertel ein neues Einkaufszentrum entstehen.
Es geht dabei um die Schaffung von bis zu 25 000 qm moderne Einzelhandelsflächen, die dringend benötigt würden. Zusätzliche Flächen für Dienstleistung und Wohnen sollen die Wettbewerbsfähigkeit der Innenstadt steigern. Laut Rudloff ist es jedoch ruhig geworden um die Centerplanung. So stehe noch nicht fest, ob ein zusammenhängendes Center oder ob mehrere, nicht zusammenhängende Geschäftshäuser/Teilabschnitte gebaut würden. Da die Stadt nicht über alle Grundstücke verfüge, sondern nur den Teilbereich des Innenstadtparkhauses von Brepark besitze, wäre es aus seiner Sicht wichtig, wenn ein Investor für die Entwicklung des gesamten Bereichs gefunden werden könnte.
Verbindung zwischen Hauptbahnhof und City geplant
Die Hutfilterstraße, die als klassische Randlage gilt, markiert das Ende der Bremer Fußgängerzone. Sie grenzt an die Obernstraße und endet mit der mehrspurig ausgebauten Bürgermeister-Smidt-Straße. Sie hat in der Vergangenheit die umfangreichsten Umstrukturierungen erlebt. Beginnend mit dem BRILLissimo wurden weitere Geschäftshäuser revitalisiert bzw. komplett neu gebaut. Doch es gibt noch weiteren Revitalisierungsbedarf, da einige Immobilien nicht mehr den modernen Anforderungen des Einzelhandels entsprechen.
Mit 70% ist der Filialisierungsgrad in Bremen bereits relativ hoch. Das bestehende Angebot ist qualitativ hochwertig, weist aber durchaus Entwicklungspotenzial auf. So fehlen z. B. Modeanbieter des mittleren und höheren Preissegments. Zudem versucht die Politik den Hauptbahnhof besser an die City anzubinden. Rudloff und Reitzig finden den Plan sehr ambitioniert, da die Entfernung zwischen Bahnhof und Innenstadt zu groß ist und mehrere wichtige Verkehrsstraßen den Weg kreuzen.
Innerhalb der Top-Einkaufslagen hat sich die Sögestraße zuletzt von einer Niveau- bis Luxusmeile zu einer Konsumstraße entwickelt. Luxusanbieter weichen in das Katharinenviertel und in die Katharinen-Passage aus. Wesentliche Neuvermietungen gab es in der Sögestraße nicht: Nur Hunkemöller eröffnete einen neuen Shop.
Investmentmarkt Bremen: Wenig Dynamik
Auch der Bremer Investmentmarkt hat laut Rudloff vergleichsweise wenig Dynamik. Einer der Gründe dafür ist die besondere Eigentümerstruktur: Denn laut Comfort befinden sich über 75% der 1A-Lagen in der Hand von Privatinvestoren, meist mit lokalem Bezug. Die Immobilien werden meist an die nachfolgende Generation übergeben, die Bereitschaft zum Verkaufen ist gering. Und wenn, dann werden die Objekte meist unter den Bremer Eigentümern gehandelt, da die Preisvorstellungen der Verkäufer für überregionale Investoren nicht akzeptabel sind.
Obwohl Bremen eine Zentralität von 124 aufweist, sind die Spitzenmieten in der Innenstadt laut Comfort relativ moderat. Die Höchstmieten in der Sögestraße erreichen bei Kleinflächen 120 Euro je qm, bei Großflächen 75 Euro, in der Obernstraße sind es 105 Euro bei Klein- und 60 Euro bei Großflächen. In der Hutfilterstraße gehen die Mieten auf 63 Euro je qm Kleinfläche und 30 Euro bei Großflächen zurück. Die Wirtschaftsförderung Bremen beziffert die Mieten in den 1A-Lagen mit bis zu 120 Euro je qm und die Durchschnittsmiete mit 85 Euro.
Die Flächennachfrage internationaler Händlern laut Comfort hat zugenommen, Sie könne aber nicht befriedigt werden, da die gesuchten Formate in der Innenstadt fehlten. Während an der Peripherie und in Nachbarstädten wie Oldenburg die Einzelhandelslandschaft aufgerüstet werde, stagnierten die notwendigen Entwicklungen in Bremens Innenstadt.