Von einer Deutschen Warenhaus AG würde vor allem der Kaufhof profitieren – Hohe Kosten für alle übrigen Beteiligten

Während Karstadt-Interessent Nicolas Berggruen mit den Gläubigern von Highstreet um die Bedingungen für die Mietverträge ringt, macht allenthalben wieder die Idee von einer Deutschen  Warenhaus AG aus Kaufhof und Karstadt die Runde. Vor allem Metro-Chef Eckhard Cordes bringt das Thema immer wieder gern auf die Tagesordnung, auch wenn er Kaufhof ja eigentlich verkaufen will. Die Fusion der beiden Unternehmen wäre jedoch eine zeitraubende und auch eine sehr kostspielige Verzögerung des Verkaufsprozesses. Zudem stellt sich die grundsätzliche Frage, ob eine solche Fusion wirklich der Weisheit letzter Schluss wäre – für die Unternehmen und für die betroffenen Städte?

Anschauliche Beispiele für die Vor- und Nachteile großer Warenhaus-Fusionen gibt es zur Genüge, seit Karstadt im Jahr 1994 den Wettbewerber Hertie und Kaufhof den Wettbewerber Horten übernommen hat. In beiden Fällen bereiteten die doppelt besetzten Standorte Probleme wie etwa bei Karstadt und Hertie in Köln oder bei Kaufhof  und Horten in der Mönckebergstraße in Hamburg – um hier zwei Beispiele zu nennen. Karstadt entschied sich in Köln, das Hertie-Haus in ein Shopping-Center umzubauen, die heutige Neumarkt-Galerie, Kaufhof bestückte das Horten-Haus in Hamburg mit seiner Tochter Saturn.

Im Gegenzug erhielt die Kaufhof Warenhaus AG mit Horten ein weitgehend saniertes Filialnetz und vor allem ein tragfähiges Warenhaus-Konzept, das bei den Kölnern fehlte, weil das Warenhaus Ende der 1980er-/Anfang der 1990er-Jahre phasenweise zugunsten der wachstumsträchtigeren Fachmarkt-Sparten wie etwa Media Markt und Saturn zurückgestellt worden war.

Karstadt hatte mit Hertie dagegen einen Sanierungsfall mit hohem Investitionsstau in weiten Teilen des Filialnetzes übernommen, der aber auf der anderen Seite namhafte Premium-Häuser wie das KaDeWe und Wertheim in Berlin, das Alsterhaus in Hamburg sowie die Häuser am Münchener Hautbahnhof und an der Frankfurter Zeil, wo  Karstadt gar nicht vertreten war, zu bieten hatte. Zudem war Hertie mit seiner großen Zahl von Häusern der Platzhirsch in Berlin, was sich für den Warenhaus-Konzern vor allem nach dem Fall der Mauer auszahlte. Gleichwohl: Karstadt musste viel Geld in die Schließung zahlreicher Hertie-Häusern stecken.

Diese große Zahl von Premium-Häusern hat Kaufhof nicht zu bieten und auch in Berlin sind die Kölner nur mit ihrem – wenn auch prominenten und preisgekrönten – Aushängeschild am Alexanderplatz vertreten. Und das Flaggschiff von Kaufhof, das Warenhaus an der Hohen Straße in Köln (Foto) weist einen beachtlichen Investitionsstau auf, der zweifellos im dreistelligen Millionenbereich liegen dürfte. Ohne Lichthof, der normalerweise ein Haus dieser Kategorie schmückt, ist die Immobilie als Premium-Haus nicht mehr auf dem neuesten Stand.

Insofern kommt es nicht überraschend, dass Kaufhof seit Bekanntwerden der Schwierigkeiten bei Karstadt schon eine Liste aufgestellt hat, mit den Warenhäusern des Wettbewerbers, die das eigene Filialnetz bestens ergänzen würden.

Wie Metro-Chef Cordes bereits früher mitgeteilt hatte, sind etwa 40 bis 60 der Karstadt-Standorte für die Kölner attraktiv, darunter das gesamte Netz in Berlin. Diese Größenordnung gibt aber zweifellos auch den Maßstab, wie viele der 126 Karstadt-Warenhäuser für eine effizient arbeitende Deutsche Warenhaus AG ohne viele Doppelstandorte in Frage kommen würden und wie viele Standorte frei gesetzt werden müssten. Zudem würden auch  einzelne Kaufhof-Häuser zur Disposition stehen, denn an manchen Doppelstandorten wird das beste Haus genommen. Und das kann auch eine Karstadt-Filiale sein wie etwa in Düsseldorf an der Schadowstraße, wo sich die Wettbewerber vis à vis gegenüberstehen.

Damit würden gut 60 bis 80 Karstadt-Häuser – nebst den Mitarbeitern – frei gesetzt und für sie müsste eine neue Verwendung gefunden werden. Was eine Deutsche Warenhaus AG demnach für einen großen Teil der Karstadt-Mitarbeiter bedeuten würde, davor hat bereits die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Margret Mönig-Raane gewarnt. Hinzu kommen die unabsehbaren Folgen für die Innenstädte, wenn die aufgegebenen Karstadt-Filialen geschlossen werden. Nach Schließung der Hertie-Häuser meldeten die benachbarten Einzelhändler Umsatzeinbrüche von 20 bis 30%.

Hohe Kosten für die betroffenen Innenstädte

Selbst wenn ein Teil der Großimmobilien im Laufe der Jahre zum Shopping-Center oder zum City-Point umgebaut werden könnte, die betroffenen Städte und der benachbarte Einzelhandel werden geraume Zeit unter dem Leerstand zu leiden haben. Das muss als volkswirtschaftliche Kosten der Deutschen Warenhaus AG einkalkuliert werden, genauso wie die betriebswirtschaftlichen Kosten für die Sozialpläne im Zuge der Filialschließungen.

Hinzu kommen die Reibungsverluste, die immer mit einer Fusion von zwei Unternehmen mit unterschiedlichen Kulturen und Philosophien verbunden sind – zumal Karstadt und Kaufhof inzwischen seit mehr als einem Jahrhundert eingefleischte Konkurrenten sind. Ob das Kaufhof-Konzept also problemlos auf Karstadt übertragen werden kann, ist also fraglich..

Insofern wäre es für den Metro-Konzern resp. den Kaufhof aus betriebswirtschaftlicher Sicht am günstigsten, wenn sie die präferierten Karstadt-Standorte aus der Liquidation heraus – also ohne den Geschäftsbetrieb – übernehmen könnten. Diesen Vorschlag hatte Metro-Chef Cordes dem früheren Arcandor-Chef Karl Gerhard Eick im Sommer 2009 ja auch bereits unterbreitet, als dieser noch mit der Bundesregierung um eine Bürgschaft für den Gesamtkonzern verhandelte.

Der Nutzen einer Deutschen Warenhaus AG für alle anderen  Beteiligten wäre demnach nicht zu erkennen, ihre Kosten wären dagegen beträchtlich. Das gilt auch für das Vermieter-Konsortium Highstreet mit seinen 86 Karstadt-Filialen, das dem Vernehmen nach für den Fall, dass der Verkauf an Berggruen scheitert, mit dem Kaufhof zumindest einen Notfallplan ausgearbeitet hat. Danach sollen  die Kölner die für sie interessanten Häuser als Mieter übernehmen nach den zuletzt von Highstreet angebotenen Mietkonditionen.

Interessanter und realistischer wird die Konstruktion einer Deutschen Warenhaus AG auch nicht dadurch, dass in der Presse berichtet wird, Maurizio Borletti, der inzwischen ein eigenes Konzept für die Übernahme des Karstadt-Geschäftsbetriebs ausgearbeitet hat, sei mit Metro-Chef Cordes gut bekannt und  könnte deshalb seinerseits ein Interesse an dieser Konstruktion haben. Borletti hat mit Hilfe der US-Finanzgruppe Gordon Brothers die Finanzierung für sein Karstadt-Angebot in Höhe von 100 Mio. Euro zusammen bekommen.

Auch in dieser Konstellation bleiben die Probleme mit den doppelten Standorten unverändert bestehen. Und warum sollte sich Borletti, sofern er denn tatsächlich zum Zuge kommt, gleich die Fusion der beiden Warenhaus-Konzerne aufbürden, nachdem es für ihn ja zunächst einmal darum gehen würde, Karstadt nachhaltig in die Ertragszone zurück zu bringen und – wo möglich – mit seinen Warenhaus-Unternehmen La Rinascente und Pinault Printemps Redoute in Einklang zu bringen. Zunächst dürfte der Italiener alle Hände voll damit zu tun haben, sich auf die Gepflogenheiten deutscher Warenhaus-Kunden einzustellen. Denn dass der deutsche Markt nach anderen Regeln funktioniert als der italienische oder der französische, das ist ihm durchaus bewusst. Und auch, dass der hiesige Einzelhandelsmarkt einer der schwierigsten der Welt ist.

Und schließlich bliebe die Frage, wer bei der Deutschen Warenhaus AG den Investor gibt, denn der Metro-Konzern will die Tochter ja bekanntlich verkaufen. Eine Fusion würde Kaufhof dagegen erst einmal weiter an den Metro-Konzern binden und mehr Geld kosten als einbringen. Borletti dürfte kaum die 2,4 Mrd. Euro aufbringen können, die Metro für Kaufhof haben will.

Dass Cordes dennoch in der Öffentlichkeit so gern auf dem Thema rum reitet, liegt schlicht daran, dass Kaufhof der einzige Nutznießer einer Fusion wäre, wenn sie nach seinen Vorstellungen vollzogen würde. Dabei sind vorgebrachten Argumente wie, es sei in Deutschland nur noch Platz für einen einzigen Warenhaus-Konzern – zieht man den Vergleich mit anderen Ländern – nicht einmal zutreffend. Auch in Länder wie Großbritannien oder Frankreich gibt es mehrere Warenhaus-Betreiber. Dass das ausgerechnet im bevölkerungsreichsten Land Westeuropas nicht möglich sein sollte, ist kaum nachvollziehbar.