Warenhäuser als Einkaufsgalerien – wie der Wandel gelingt

Geschäftsführung v.l.: Dr. B. Isenhöfer, Th. Koerver  und Dr. A. Martin

Geschäftsführung v.l.: Dr. B. Isenhöfer, Th. Koerver und Dr. A. Martin

Schon seit vielen Jahren werden ehemalige Warenhäuser in Einkaufsgalerien umgewandelt, denn die Krise der einstigen Konsumtempel als Mittelpunkt der Innenstadt dauert schon lange. Inzwischen ist aus einem kontinuierlichen Prozess allerdings durch die Insolvenzen von Karstadt und Hertie eine Lawine geworden.

Schnell ist da die Idee geboren, die leer stehende Immobilie in ein florierendes Einkaufszentrum zu verwandeln, doch Achtung: hier lauern Fußangeln! Viel Erfahrung mit der Umgestaltung hat der Autor Thomas Koerver als langjähriger Miteigentümer und zuständiger Projektentwickler der Neumarkt-Galerie in Köln auf diesem Gebiet sammeln können. Hier wurde aus einem ehemaligen Hertie-Haus die erfolgreichste Einkaufspassage der Stadt.

Der Standort der Neumarkt-Galerie sucht natürlich in Deutschland seines gleichen. Inmitten der Handelsmetropole Köln und dann noch am Schnittpunkt Neumarkt/Schildergasse gelegen, wie geht es noch besser für ein Einkaufszentrum? Und dennoch, bis aus dem Hertie-Haus nebst Passage eine schillernde Shopping-Galerie wurde, war es ein sehr komplexer und teilweise schwieriger Weg.

Dazu muss man wissen: Ein zentraler, innerstädtischer Standort ist auf der einen Seite natürlich sehr vorteilhaft für Kunden und Mieter, aber er ist auf der anderen Seite auch abhängig von den Interessen der Nachbarn und städtischen Vertretern. Die Erfahrung zeigt, dass hier ein offensiver Dialog allemal besser ist, als die Anlieger mit fertigen Plänen zu überraschen. So war es überhaupt erst möglich, die stark frequentierte Mall im Untergeschoss als lebendige Achse zwischen U-Bahnhof und Untergeschoss von Karstadt sowie Olivandenhof zu etablieren. Hier florieren Anbieter des täglichen Bedarfes wie Discounter oder Drogeriemarkt.

Nur, was als schneller, kühner Strich der Architekten besticht, muss in der Realität unter Berücksichtigung der Anliegerinteressen und unterirdischer Leitungen erst einmal umgesetzt werden. Meistens passen die Höhen von Bestandbauwerken und Neubauten nur bedingt zueinander, sodass auch hier kreative Lösungen notwendig werden.

Der Erfolg der Neumarkt-Galerie entsteht neben dem Top-Standort natürlich auch durch das gelungene Konzept. Früher bog die Passage im rechten Winkel unauffällig vom Neumarkt ab. Die eine Seite der Ladenstraße war durchgängig durch lange Schaufensterflächen des Hertie-Hauses geprägt, was die Attraktivität für den Besucher deutlich einschränkte. Heute liegt ein prägnanter Eingang der Neumarkt-Galerie mit der legendären Eishörnchen-Skulptur von Claas Oldenburg genau an der richtigen Stelle auf der Ecke Neumarkt/Schildergasse.

Die Passanten der stark frequentierten Schildergasse werden quasi in das Gebäude gesogen. Dort wartet auf sie ein Angebot mit Karstadt-Sport und Mayer‘sche Buchhandlung als Magnetmieter. Die Hauptmall führt weiter zu einem attraktiven Forum von wo aus eine Anbindung an das Karstadt-Haus gegeben ist.

Erhebliche Teile des Hertie-Hauses wurden erhalten und grundlegend umgebaut. Und hier zeigt sich ein Punkt, der für Projektentwicklungen von ehemaligen Warenhäusern zu beherzigen ist. Oftmals wurden die Gebäude vor mehreren Jahrzehnten errichtet und im Zeitablauf umgebaut. Die Plandokumentation ist nicht immer so lückenlos vorhanden, als dass man sich blind auf den Bestand verlassen kann. Somit ist es notwendig, die vorhandenen Unterlagen vor Baubeginn dezidiert mit der tatsächlichen Situation vor Ort abzugleichen.

An anderer Stelle kann es durchaus sinnvoll sein, bestehende Gebäude abzureißen, da dies allemal günstiger ist, als maroden Bestand zeitgemäß herzurichten. Diese Erfahrung haben die Geschäftsführer der Concepta Dr. Andreas Martin und Thomas Koerver zum Beispiel in ihrer Funktion als Bauherren und verantwortliche Projektentwickler in Halle an der Saale gesammelt. Das dortige Kaufhaus „Rolltreppe“ stammte aus DDR-Zeiten und war lange in der baulichen Instandhaltung vernachlässigt worden. Hier blieb nur der Weg des Totalabrisses, da die Bausubstanz nicht mehr verwendungsfähig war. Andere Gebäude, die in das Gesamtensemble „StadtCenter Rolltreppe“ integriert wurden, haben die Bauherren bewusst erhalten und restauriert, um die lokale Akzeptanz der Einkaufsgalerie zu verankern.

Die Autoren gehörten auch zu den Bauherren des Alten Kaufhauses in Stralsund. Dort wurde das komplett unter Denkmalschutz stehende Stammhaus des Wertheim-Konzerns in ein großes Geschäftshaus umgewandelt. Integriert wurde unter anderem eines der ältesten Häuser des Ostseeraumes, das heute noch als eigenständiges Gebäude innerhalb einer Buchhandlung erlebbar ist.

Der legendäre Lichthof, der neben Kunden auch Touristen anzieht, gehört heute zu einem höchst attraktiven Young-Fashion-Store der Görgens-Gruppe. Hier hat sich gezeigt, dass ein Miteinander mit dem Denkmalschutz viel vorteilhafter ist als ein kompromissloses Umsetzen rein funktionaler Vorstellungen. Natürlich müssen für den Einzelhandel bestimmte Voraussetzungen geschaffen werden, aber letztlich bietet auch der Charme eines alten Gebäudes ein Erfolgskriterium für kreative Geschäfte.

Insgesamt sind Umwidmungen von Warenhäusern in erfolgreiche, neue Handelsformate also möglich. Die Lage der ehemaligen Innenstadtmagneten ist zumeist sehr zentral und bietet gute Möglichkeiten der Konsumentenansprache. Die Standorte sind langfristig gelernt und viele Kunden kennen sie seit ihrer Kindheit.

Diese Vorteile gehen aber mit baulichen Strukturen einher, die oft den Abriss und Neubau nahe legen, da bspw. haustechnische Anlagen komplett neu errichtet werden müssen oder die Fluchtwege nicht mehr passen. Das ist verbunden mit einer umfassenden Bestandsanalyse, die auch vorhandene Plandokumentationen kritisch hinterfragt.

Vor dem Hintergrund dieses Aufwandes muss natürlich der Kaufpreis für die Immobilie stimmen. Denn für den Projektentwickler gilt: Bodenwert minus Abrisskosten. Oftmals stehen die Gebäude bei den Verkäufern aber noch ganz anders in den Büchern, was teilweise dazu führt, dass mögliche Projektentwicklungen derzeit noch nicht umgesetzt werden können. Hat hier ein Marktausgleich stattgefunden, bieten viele leer stehende Warenhäuser gute Chancen für Projektentwickler, Städte und Kunden.

Dr. Andreas Martin und Thomas Koerver, geschäftsführende Gesellschafter
der Concepta Projektentwicklung GmbH, Düsseldorf