„Lex Deutschland“ für Fondsmanager und Vermittler

IVG-Spezialisten zur Regulierung des Beteiligungsmarktes

Jens Friedemann, Head of Communication, IVG

Es gibt keine Sicherheit, sondern nur unterschiedliche Grade der Unsicherheit. Wer die altgriechische Weisheit auf die von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble geplante „Qualitätsoffensive Verbraucherschutz“ überträgt, muss starke Nerven haben, wenn er an die möglichen Haftungsfolgen für Anbieter und Vermittler von Finanzprodukten denkt.

Das beginnt bei den Beipackzetteln für Finanzprodukte, die seit Jahresbeginn über die Nebenwirkungen von Finanzprodukten aufklären sollen und reicht über die Offenlegung der Provision bis zu den Beratungsprotokollen für das Gespräch mit den Kunden. Doch ist es damit nicht getan: Der jüngste „G-8-Gipfel“ hat deutlich gemacht, dass sich die maßgeblichen Staatsoberhäupter angesichts der Turbulenzen an den Märkten mit einschneidenden Regulierungen als handlungsfähig erweisen wollen. Dabei geht es nicht nur um Abwehrmaßnahmen gegen aggressive Hedgefonds, die Griechenland aufs Korn genommen und das britische Pfund in den Keller geschickt haben. Es geht auch um hoheitlichen Verbraucherschutz für sicherheitsorientierte Beteiligungsfonds mit langen Laufzeiten, die der privaten Vermögensbildung und Altersvorsorge dienen.

Wer fremdes Geld verwaltet, soll künftig ohne Unterschied von der Bankenaufsicht observiert und reguliert werden. Selbst den offenen Immobilienfonds, die der Bafin ohnehin berichtspflichtig sind, sollen noch enger an die Leine gelegt werden, weil einige von ihnen mit dem Versprechungen, die Anteile jederzeit zurück zu nehmen, in Konflikt geraten sind.

Zwar steht eine Europäische Richtlinie für „Alternative Investmentfonds Manager“ (AIFM) auf der Tagesordnung in Brüssel. Doch machen der Bundesfinanzminister und seine Kollegin Ilse Aigner (Verbraucherschutz) jetzt deutlich, dass sie sich die Chancen für eine „Lex Deutschland“ nicht nehmen lassen und nicht auf die Umsetzung der Richtlinie in zwei oder drei Jahren warten werden. Was auf die Branche zukommen kann, sehen die Fondsspezialisten der IVG, Hans Hünnscheid und Carsten Hennig, mit gemischten Gefühlen, nicht etwa, dass sie etwas gegen einen starken Verbraucherschutz haben, sondern weil sie nicht ausschließen wollen, dass die Politiker in ihrer Regulierungswut übers Ziel hinausschießen und der Branche nicht sachadäquate Auflagen verpassen, die Zeit und Geld kosten, ohne dem Anleger einen wirklichen Mehrwert zu liefern bzw. zu dienen, vielmehr zu Lasten der Anlegerrendite gehen. Klarer Vorteil der Regulierung hingegen ist das Abstreifen des Makels „grauer Kapitalmarkt“. Im Zuge der weiteren Professionalisierung kann die Branche hiervon erheblich profitieren.

Sie bejahen Regulierungen, die dem Anleger dienen. Dazu zählen sie auch die Zertifizierung des Managements durch Bafin oder zur Aufrechterhaltung des freien Vertriebs die entsprechende Anpassung des Paragraph 34 c Gewerbeordnung. Die Banken als wichtige Vertriebspartner für die Initiatoren von geschlossenen Fonds seien bereits weit vorangeschritten mit der anlegergerechten Beratung und deren Protokollierung. Auch sei die Offenlegung von Provisionen seit Anfang vergangenen Jahres für die meisten Banken selbstverständlich.

Doch geht es aus ihrer Sicht um eine Zeitenwende auf dem Markt für geschlossene Fonds. Hünnscheid und Hennig sprechen von einem „Alignment of Interest“. Anbieter und Vertriebsspezialisten sollten übereinstimmenden Interessen verpflichtet sein und eine langfristige Partnerschaft mit ihren Kunden (after sales) eingehen. Zugleich weisen beide auch auf eine mögliche Bremswirkung solcher Partnerschaften hin. So hat die Finanzmarktkrise den geschlossenen Fonds zum Teil so unangenehme Probleme bereitet, wie bei den Schiffsfonds, dass der Vertrieb fast nur noch “after sales“- Arbeit erbringt und der Vermittler seinen Kunden beratend zur Seite stehen muss, statt für Neugeschäft zu sorgen. Der Anteil der Banken an der Vertriebsleistung im Jahr 2009 habe sich – auch aus diesem Grund – gegenüber dem Vorjahr um rund ein Drittel verringert.

Wenn dann auch noch rechtliche Pflichten durch Registrierung, Qualifikationsnachweis, Mindesteigenkapitalvorschriften, Einrichtung von Risiko- und Liquiditätsmanagementsystemen, die Einbeziehung von Verwahrstellen, Beratungsprotokollen und ein laufendes Reporting mit jährlichen Bewertungen auf Anbieter und Vertrieb zukommen, sei es mit der „guten alten Zeit“ vorbei. So mancher freie Vertriebsspezialist werde sich angesichts der administrativen Aufgaben und der verschärften Haftungsgefahren schwer tun oder unter das Dach einer Vertriebsorganisation flüchten. Ähnliches könne eines Tages auch für den mittelständischen Initiator von geschlossenen Fonds gelten. Nicht jeder könne sich eine „Corporate Planner Software“ leisten, wie die IVG, die mit einem verwalteten Vermögen von 15 Mrd. Euro größter Initiator von Immobilienfonds für institutionelle und private Anleger ist und mit dieser Software aktualisierte Prognoserechungen auf ist-Basis erbringen kann.

„Das wichtigste auf dem Markt für Beteiligungen,“ so Hünnscheid und Hennig sei Vertrauen in die dauerhafte Leistungsfähigkeit des Anbieters. Das werfe zwangsläufig Fragen auf, zum Beispiel, ob das heutige Provisionssystem (upfront fees) dafür zielführend sei und ob es nicht zur Sicherstellung gleichgerichteter Interessen an der Zeit sei, über alternative Vergütungssysteme nachzudenken. Wer die Spielregeln auf dem Markt zu seinen Gunsten verändert, verschaffe sich Wettbewerbsvorteile. Freilich müssten die Fonds so attraktiv sein, dass am Markt über sie gesprochen werde. Denn es mangele nicht an Anlage suchendem Kapital. Angesichts der niedrigen Verzinsung deutscher Staatsanleihen geraten zurzeit vor allem erstklassige Immobilien mit bonitätsstarken ins Blickfeld der Anleger.