„Fair“ Value schlägt zurück – Immo AG’s zur Halbzeit mau

Jetzt läutet „Fair Value“ den Rückweg der Bewertungen ein. Mancher Immobilienvorstand sehnt sich wieder nach den alten HGB Regelungen – für seine Vorgänger. Denn die hätten das Verlustpotential deutlich geringer gehalten. Es dauert leider einige Jahre bis der gesunde Menschenverstand wieder in die Realität Eingang findet. Wir hatten Ihnen die Bewertungsproblematik in vielen Beiträgen als knock out des Reit und der Immobilien AG dargestellt und auf die Rückweg-Gefahren optimistischer Bewertung hingewiesen. Für 2010 bis 2012 hatten wir erhebliche Ausfälle der Immobilienaktienaktien-Szene durch Insolvenz oder bestenfalls Fusion prophezeit. Wir bleiben dabei. Bewertungsverluste führen in Verbindung mit schwacher Konjunktur zum Ausschluss vom Kapitalmarkt und mittelfristig zu Liquiditätsproblemen und damit zum Einstieg in die Spirale.

Inzwischen liegen die meisten Halbjahresberichte der Immobilien Aktiengesellschaften vor. In den letzten Jahren waren viele Bilanzen von Immobilienaktiengesellschaften bewertungsgetunt. Börsendruck, Annahme eines anhaltenden Aufschwungs bei deutschen Immobilien und neue Chancen des Bewertungsrechtes hatten viele Vorstände ihre Möglichkeiten ausreizen lassen. Die Bewerter internationaler, manchmal sogar transaktionsorientierter Berater spielten phantasiereich mit. Von möglichen Griffen in die Trickkiste, werden wir möglicherweise aus dann fallierten AG’s später noch hören.

Jetzt wird klar, dass viele Portfolien – zumindest im Moment – eben doch nicht das wert sind, was in den Büchern fleißig nach oben geschrieben wurde. Schwächen im Kerngeschäft waren so überdeckt worden. Jetzt werden allerdings auch Konsolidierungserfolge bei Verkauf und Vermietung durch Bewertungsabschläge vom Bilanztisch gewischt. Nur die paar vorsichtigen Bewerter oder HGB Anhänger wie Deutsche Euroshop oder auch DIC können jetzt davon profitieren.

Wie allerdings Bewertungseffekte auch zum Ausbooten unliebsamer Minderheitsaktionäre genutzt werden können, führt gerade die Deutsche Real Estate vor. Kurz nach der HV, die auch uns schockierte, war denn auch der ehemalige Matador der deutschen Immobilienaktien, Karl Ehlerding, der die mittlerweile insolvente WCM in Richtung DAX geführt hatte, mit sofortiger Wirkung aus dem Aufsichtsrat der Deutsche Real Estate ausgeschieden. Derzeit laufen aus dem Kreis der Aktionäre 3 Anfechtungsklagen und 2 Auskunftserzwingungsverfahren. Erstinstanzlich wurde die Anfechtungsklage gegen HV Beschlüsse 2007 gewonnen. Wie die Berufung entscheidet, ist offen. Im Backgroundgespräch während der HV machte einer der an sich ruhigen professionellen Aktionärsvertreter klar, dass seiner Ansicht nach der isrealische Mehrheitsaktionär Grenzen des Benimms und auch der Gesetze austestet. Die ansonsten turbulente HV war leider des Berichtens nicht wert. Außerdem macht es keinen Spaß zuzusehen, wie eigenes Geld der uns von früher noch als seriös bekannten Gesellschaft für Externe schwer nachvollziehbar verschwindet. Der Objektivität halber verzichteten wir auf Berichte. Die lauten Rufe nach schneller Rückkehr mancher AR-Mitglieder ins Altersheim verstieß zwar gegen das Benachteiligungsgebot des Grundgesetzes traf jedoch mancherorts auf Verständnis. Wie auch bei der RSE macht die Deutsche Real Estate wieder einmal die totale Hilflosigkeit der Aktionäre kleiner Gesellschaften mit illiquiden Aktien gegenüber einem Mehrheitsaktionär deutlich. Ob die Börse solche AG’s wirklich braucht, hatten wir in der Reit-Diskussion schon oft gefragt.

Die neue Vorzeigeaktie Deutsche Euroshop entwickelt sich entgegen dem Trend weiter positiv. Das Unternehmen konnte im ersten Halbjahr 2009 seine Umsatzerlöse um 14% auf 63 Mio. Euro steigern. Das Konzernergebnis legte ebenfalls um 41% zu und liegt nun bei 30,5 Mio. Euro. Erst kürzlich erzielte das Unternehmen in einer Umfrage der DVFA bezüglich der Transparenz den ersten Platz. Die Bilanzsumme des Unternehmens stieg um 6% auf 2,1 Mrd. Euro bei einer Eigenkapitalquote von 47%. Das leidige Thema Wertkorrekturen, das etwa dem portugiesisch-englischen Shopping-Center-Spezialisten Sonae Sierra immer noch das Ergebnis verdirbt, spielte bei der Deutschen Euroshop bislang keine Rolle. Einzig das Finanzergebnis ist mit -27,7 Mio. Euro um 4,9 Mio. Euro niedriger ausgefallen als im Vorjahr. Gründe hierfür sind, lt. Deutsche Euroshop zum einen höhere Zinsaufwendungen, die sich aus der Konsolidierung für Kassel ergaben, und zum anderen aus Zinsaufwendungen für die Objekte in Hameln und Passau. Aufgrund der stark gesunkenen Kapitalmarktzinsen waren die Zinserträge rückläufig. Die Marktkapitalisierung des Unternehmens liegt derzeit bei 808 Mio. Euro. Anfang 2007 lag diese bei knapp 1 Mrd. Euro.

Zwar musste auch die Frankfurter DIC Asset im ersten Halbjahr einen herben Gewinnrückgang auf 6,1 Mio. Euro bzw. um ca. -50% verkraften, jedoch beruhte das nicht auf Bewertungsabschlägen, sondern aus den geringeren Gewinnen des Segments Opportunistische Co-Investments, die im Vorjahreszeitraum das Ergebnis prägten. DIC-Chef Ulrich Höller hatte das Spiel nicht mitgemacht. Bei opportunistischen Co-Investments handelt es sich um Investitionen in Immobilien, die durch Projektentwicklungen, Neu- und Nachvermietung sowie andere Maßnahmen neu am Markt positioniert werden sollen. Die Gesamterträge des Unternehmens stiegen im Halbjahresvergleich von 80,6 Mio. Euro auf 85,3 Mio. Euro. Die Marktkapitalisierung des Unternehmens beträgt aktuell 179 Mio. Euro. Zum Vergleich: Am 1.1.2007 betrug die Marktkapitalisierung von 921 Mio. Euro. Das Frankfurter Unternehmen hatte erst kürzlich den 50% Anteil am MainTor-Projekt von Morgan Stanley zum Nominalwert übernommen. Damit hält die DIC Gruppe 100% der Anteile. Das Unternehmen plant das Projekt auf alleiniger Basis fortzuführen. Bleibt zu hoffen, dass sich das Unternehmen mit dem 500 Mio. Euro Projekt nicht übernimmt.

Die Kölner Colonia Real Estate, hatte erst im April eine Kapitalerhöhung beschlossen, durch die dem Unternehmen 3,6 Mio. Euro zuflossen. Dem in der Presse als „Bullenreiter“ apostrophierten Colonia-Chef Rind sind zwar generell die Hörner gestutzt worden, jedoch hat sich die Aktie seit dem Tief im letzten Jahr bemerkenswert stabilisiert und die handwerkliche Sanierungsarbeit ausgezahlt. Im ersten Halbjahr 2009 konnte die Colonia immerhin den Verlust aus dem Vorjahr auf 6,3 Mio. Euro Gewinn steigern. Grund liegt lt. Unternehmen bei den gestiegenen Mieteinnahmen und den gesunkenen Verwaltungskosten. Durch die Kapitalerhöhung verwässerte sich allerdings der NAV und liegt nunmehr bei 10,15 Euro. Die Marktkapitalisierung des Unternehmens liegt bei 89 Mio. Euro. Anfang 2007 lag dieser Wert bei 587 Mio. Euro. Lag das Ergebnis je Aktie im letzten Jahr noch im negativen Bereich, so ist er mittlerweile auf 22 Cent je Aktie geklettert. Übrigens: Im Transparenz Rating der DVFA liegt die Colonia auf einem der hinteren Plätze (siehe nächster Artikel). Refinanzierungen stehen mit nur 15 Mio. Euro erst im nächsten Jahr wieder an. Es ist zu hoffen, dass bis dahin die Banken wieder mitspielen – allerdings haben sie wohl keine andere Wahl. Für die zweite Jahreshälfte sieht Vorstand Stephan Rind eine Erholung des Transaktionsmarktes voraus, so dass er auch am Jahresende eine positive Zahl beim operativen Ergebnis erwartet.

Das Wohnimmobilienunternehmen Patrizia aus Augsburg hat trotz kürzlicher Prolongierung von Krediten keine Zeit zum Durchatmen. Mit einem Ergebnis nach Steuern von -13,8 Mio. Euro musste das Unternehmen im ersten Halbjahr einen Verlust verkraften, während im letzten Jahr noch ein Plus von 1,8 Mio. Euro verzeichnet werden konnte. Umsatz, EBIT und EBT haben sich entsprechend negativ verändert. Die Marktwertänderungen von Zinssicherungsgeschäften sorgen dafür, dass das EBT das tatsächliche Ergebnis nicht widerspiegelt. Patrizia weißt in dem Zusammenhang auf die operative Ertragskraft hin, die im Vergleich zum Vorjahr von -7,6 Mio. auf -7,2 Mio. Euro leicht gestiegen ist. Grund genug für die Patrizia von einem positiven Trend zu sprechen und für das laufende Geschäftsjahr mit einem positiven Ergebnis abzuschließen.

Deutschlands wohl bekanntestes börsennotiertes Immobilienunternehmen, IVG, die sich erst kürzlich mit Jens Friedemann den „FAZ-Mann“ als Pressesprecher ins Boot holten mussten im ersten Halbjahr, dank Marktwertänderungen einen Nachsteuerverlust von 54,5 Mio. Euro verkraften. Grund sind Abschläge bei Immobilienverkäufen von 10%. Weiterhin belasten negative Wertveränderungen bei Projektentwicklungen in Höhe von saldiert rd. 91 Mio. Euro das Ergebnis im 2. Quartal. 2009. Das Ergebnis je Aktie liegt bei -54 Cent je Aktie. Trotz negativer Entwicklung liegt das Bonner Unternehmen lt. eigenen Meldungen im Plan. Demnach konnten im ersten Halbjahr Verkäufe in Höhe von 550 Mio. Euro gesichert werden und sämtliche Verbindlichkeiten planmäßig prolongiert oder zurückgeführt werden. Bis 2012 stehen keine großen Prolongationen an. Die Marktkapitalisierung des Unternehmens liegt derzeit bei 626 Mio. Euro im Vergleich zu 4,1 Mrd. Euro Anfang 2007. Platow hatte bereits ausführlich mit positivem Tenor berichtet.

Gestern kam noch die Deutsche Wohnen AG. Uns hatten die Bewertungsanpassungen in den vergangenen Jahren gestört. Hier ist bilanziell aber bislang nicht schiefgegangen. Das erste Halbjahr 2009 ist abgesehen von den Restrukturierungs- und Reorganisationskosten nicht wesentlich durch Sondereffekte beeinflusst worden. Dagegen war das erste Halbjahr 2008 darüber hinaus noch durch die positive Marktwertanpassung der derivativen Finanzinstrumente geprägt. Bereinigt man lt. Vorstand das EBT um den Effekt aus der Marktwertanpassung der derivativen Finanzinstrumente, wird eine deutliche Ergebnisverbesserung erkennbar.