15 Jahre Immobilienbrief – ein Motivationsaufruf!

 

Dr. Thomas Beyerle

Wer glaubt, dass nach 15 Jahren Immobilienbrief alles gesagt bzw. geschrieben wurde, was man zur Immobilienwirtschaft sagen und hören sollte, sieht sich in den Berichterstattung der letzten Monate eines Besseren belehrt. Vermeintliche Exoten wie Self Storage, Mikroppartements, Baumhäuser, Turmhäuser, Wald- und Ackerflächen, Parkhäuser, open space auf nackter Betonwand oder gar das „arbeite doch wann , wo und wie Du willst“ – das Büro ist dort wo WLan ist“ werden diskutiert. Neue Begriffe sind aufgetaucht: Schwarmstädte, Augmented reality, Gated Communities, Big Data oder Proptech. Mittlerweile jagt die Branche den „Innovationen“ hinterher, hat die „Nachhaltigkeit ins System überführt“, organisiert sich nach beeindruckenden  Scoringverfahren, führt Risikomodelle bei der Finanzierung ein welche die alten wie einen einfachen Dreisatz aussehen lassen und sucht weiterhin Chancen. Wir sind wieder in „B“ angekommen, internationale Investments sind eher fokussiert auf „Kerneuropa“ – „Asien nur sehr selektiv“. Unvorstellbare Dinge sind geschehen wie ein Brexit oder eine „aktive Wirtschaftspolitik eines Währungshüters“ aus dem Euroraum und auch neue und alte Kriege und deren Migrationsfolgen prägen die Schlagzeilen und bestimmen das Handeln der Immobilienbranche. Über allem steht eine unvorstellbare Summe an Investmentkapital welches den Weg in die Sachewert sucht, dass die Mindestverzinsungsanforderungen quasi quartärlich nach unten geschraubt werden. Auch zu viel Geld kann ein Problem werden.

 

Das alles mag für instabile Menschen auf den ersten Blick einen tendenziell depressiven Charakter aufweisen. Aber: noch nie war die Immobilienbranche so dynamisch, innovativ, kreativ unterwegs wie dieser Tage – es boomt allenthalben. Es wird gebaut, investiert, bewirtschaftet und sich bereits heute Gedanken gemacht wie das Gebäude 2035 am Ende des kaufmännischen Lebenszyklus umgewidmet werden soll. Berufsfelder haben sich entwickelt, viele jungen Menschen mit akademischen Abschlüssen strömen in die Branche, der Hunger nach Wissen hat einige Lehr- und Leuchttürme der Wissensvermittlung hervorgebracht. Wir haben eine zentrale Stimme in Berlin, die Transparenz verbessert sich täglich und Pakete werden direkt mit Zeitangabe von Logistikdienstleistern mit Elektroantrieb geliefert. Das Tempo der Revolution ist gewaltig. Gerade die deutliche Annäherung, fast schon ein Verschmelzen mit der Städteplanern, Architekten und Bauämtern zeugen von einer völlig neuen Aufgabenstellung und Problemlösungsmöglichkeit. „Healthy Places“ werden vorgedacht, Smart Cities konzipiert, Mixed-use Gebäude ersetzen das gute alte Rathaus mit Gastronomiefunktion aus den 70ern in der Mitte der Innenstädte und wenn es sein muss auch das „urban gardening“ und „cornern“.

 

Aber: diese Dynamik ist gleichzeitig auch immer der Sargnagel der Innovationen und eingefahrenen Wege von gestern und vorgestern, welche die meisten heutigen Entscheider geprägt und sozialisiert hat und deren Handeln aktuell bestimmt. Den klassischen Immobilienzyklus sogar noch außen vor gelassen. Zumal sich die Herausforderungen in vermeintlich bedrohliche Komponenten zerlegen lassen:

 

  • Performanceschreck: (aus der Vergangenheitsbetrachtung) lediglich nur noch aus der Transaktionen abzuleiten, immer weniger aus der Bewirtschaftung und dem innerstädtischen Standort auszumachen,
  • Lebenszyklusschreck: immer kürzer laufende Mietverträge bei gleichzeitig zunehmender Flexibilität bei der Nutzung der Flächen, Planungssicherheit von Unternehmen nimmt immer mehr ab
  • Technologieschreck: Big Data und Digitalisierung halten gemeinsam Einzug und zwingen im Ergebnis zu weniger nachgefragter Fläche bei gleicher oder fast zwangsläufig schrumpfender.
  • Effizienzschreck: Zwang zur Ultraeffizienz, Flächenproduktivitäten der einzelnen Funktionen werden zunehmend gemessen, die €/qm Messung verliert zugunsten der Menschen/Fläche an Bedeutung
  • Reorganisationsschreck: permanente Anpassung an die Nutzungsfläche durch eine immer weniger standardisiert ablaufende Tätigkeit und veränderten täglichen Arbeitsmuster „in den Büros“
  • Motivationsschreck: Die Büroarbeiter von heute und – der vielleicht weniger werdenden von Morgen – werden mehr denn je zu einem Mehr an Leistung und auch Spaß an der Arbeit motiviert, wenn die Flächen, Kommunikationsströme, Gebäude und Standorte die Arbeit weitgehend unterstützen und möglich machen.

 

Das sind die Herausforderungen und Denksportaufgaben für uns in den kommenden 15 Jahren – auch für den Immobilienbrief. Doch sie sind lösbar.