Akquisition von Eigenkapital noch zu wenig genutzt

Dr. Rudolf Schinnerl, Betriebswirtschaftliche
Finanzanalyse und Beratung

Für Immobilienentwickler war es bereits früher relativ schwierig, wirtschaftlich akzeptable und tragfähige Finanzierungen zu erhalten. Das wird sich durch die Auswirkungen der Finanzkrise,  der Umstrukturierung des deutschen Bankensektors (Stichwort: Landesbanken), der sich gegenwärtig noch partiell verstärkenden und ungelösten Staatsschuldenkrise, der zu erwartenden Änderungen nach Basel III und Solvency II sowie des befürchteten Konjunkturrückgangs für den gesamten Kreditbereich für Gewerbeimmobilien  noch verschärfen. Kurz: Die Akteure auf den Finanzmärkten werden sichtlich zurückhaltender, selektiver und risikoaverser – was sich insgesamt restriktiv auf die Kreditvergabe auswirken dürfte.

Das gilt grundsätzlich auch für potenzielle Eigenkapital-/Risikokapitalgeber, die neben nachhaltiger Rentabilität ebenfalls verstärkt Sicherheitsaspekte in ihr Kalkül einbeziehen, die sich wiederum in erhöhten Risikoaufschlägen in ihren Ertrags-Erwartungen/Ansprüchen (Cap.-Rate) niederschlagen.

Verstärkt trifft das naturgemäß auf kleine und mittlere „reine“ Projektentwickler ohne besicherungstechnisch relevanten (Immobilien-) Bestand und Eigenmittel zu, deren Fremdmittelaufnahme ausschließlich durch den (zukünftigen) Cashflow aus den Projekten determiniert wird. Im Gegensatz dazu weisen kombinierte Entwicklungs- und Betreibergesellschaften i. d. R. Bestände auf, die als Sicherheiten für Realkredite, als Cash-Generatoren aus dem laufenden Betrieb und ggf. als Quelle für benötigte Mittel (durch Verkauf) bzw. Eigenkapital dienen können.

Grundvoraussetzung für jede erfolgreiche Fremdkapitaleinwerbung ist ein überzeugendes Standort- und Vermietungs-/Nutzungskonzept und nachgewiesene Erfahrungen des Projektentwicklers. Wesentlich ist in der gegenwärtigen Marktlage auch ein akzeptabler Vorvermietungsstand oder eine (Vorab-) Exit-Strategie – wobei die konkreten Anforderungen je nach Projektart (wie Büro, Handel, Betten), Projektgröße (Volumina unter 10 Mio. Euro oder deutlich darüber) und auch zwischen den Banken (lokale, regionale, bundesweite Universalbanken, überregionale Spezialfinanzierer) variieren. (Spekulativer) Vorratsbau wird – insbes. bei größeren Projekten und in Randlagen – im Gewerbeimmobilienbereich kaum noch finanziert.

Eine wichtige Option in der heutigen Marktlage, die aber oft nicht genügend berücksichtigt wird, ist die Akquisition von Eigenkapital durch Dritte. Viele lassen diesen Aspekt bei der Kapitalbeschaffung außer Acht. Dabei könnte gerade die gegenwärtige Marktsituation mit steigender Nachfrage nach Top-Einzelhandelsflächen zu einem verstärkten Engagement von eigenkapitalstarken Investoren in Entwicklungsprojekte genutzt werden. Zwischen „reiner Eigen- und Fremdkapitalfinanzierung“ existiert weiterhin eine große Spannbreite möglicher Finanzmittelquellen, wobei auch deren (partielle) Kombination wie Non Recourse- und Joint-Venture-Finanzierungen, alternative Finanzierungsinstrumente und mehr oder weniger komplexe Finanzierungsstrukturen in Frage kommen.

Nahe an der „ungedeckten“ Fremdkapitalfinanzierung durch eine oder mehrere Banken und – wg. Solvency II – zunehmend Versicherungen – die allerdings i. d. R. durch hohe Risikozuschläge belegt ist – liegen reine Kreditfinanzierungen, die jedoch (teilweise) durch Dritte garantiert, verbürgt oder mit Sicherheiten unterlegt sind. Hierbei ist u.a. an Förderbanken (z.B. KfW), Bürgschaftsbanken, Kreditgarantiegemeinschaften, wie die Projektinitiatoren (z.B. kommunale Wirtschaftsförderung, Fördereinrichtungen des Bundes/Landes, Gemeinden/Städte und/oder private Investoren/Bauträger) zu denken.

Die Ausgabe von Unternehmensanleihen – vornehmlich über das Börsensegment Mittelstands-Anleihen – dürfte wegen des dafür notwendigen Standings und der Ratings vor allem für große Projektgesellschaften  – insbesondere mit Immobilienbeständen und damit verbunden erhöhtem Eigenkapital – in Frage kommen.

Eine Fremdfinanzierung kann durch eine hinreichende und gesicherte Cashflow-Prognose, die Stellung von Sicherheiten und vor allem durch einen angemessen großen Eigenkapitalanteil der Projektgesellschaft (= Risikokapital) erreicht werden. Hierbei sind von dritter Seite vielfältige privatwirtschaftliche und öffentliche Beteiligungen denkbar. Es können Zuschüsse (der öffentlichen Hand) und Aktiva (von Projektbeteiligten) als Eigenkapital eingebracht werden, zukünftige Investoren/Erwerber/Betreiber und sonstige Nutzer können sich durch (Miet-) Vorschüsse beteiligen, Beteiligungs- und Fondsgesellschaften können Mittel einbringen, potenzielle Lieferanten können sich durch Beteiligungen ebenfalls in Stellung bringen etc.

In diesem Zusammenhang ist ein Anteilsverkauf bereits während der Entwicklungs- und Bauzeit oder ein möglichst frühzeitiger Verkauf des fertiggestellten Projekts als partielle Finanzierungsquelle, Eigenkapital und/oder Kreditsicherheit zu sehen. Die Höhe des von Projektentwicklern eingebrachten Eigenkapitals beeinflusst – erwartungsgemäß – in beträchtlichem Ausmaß das erzielbare Fremdkapitalvolumen (und damit die gesamten Projektmittel) sowie dessen Konditionen und weitere Sicherheiten-Anforderungen (z.B. Grundschuld). Gegenwärtig werden von Banken 25%, bisweilen sogar bis zu 40% gefordert. Daraus ist abzuleiten, dass die Disposition der Projektfinanzierung zeitgleich mit der Planung der Projektentwicklung/Projektinitiierung erfolgen muss.

Eine weitgehende Eigenmittelfinanzierung wird naturgemäß erreicht, wenn die Anteile der Projektgesellschaft und eventuell Eigenkapitalsurrogate (größtenteils) am Kapitalmarkt platziert werden können. Zu den möglichen Abnehmern zählen Beteiligungsgesellschaften bzw. Private-Equity-Gesellschaften und Versicherungen, an die Anteile der Projektgesellschaft oder ggfls. der Projektentwicklungsgesellschaft verkauft werden. Dazu gehören weiter (offene und geschlossene) Immobilienfonds und andere institutionelle Finanzinvestoren (z.B. REITs), die hier Mittel investieren, stille Teilhaber und andere private Investoren, die möglichst langfristig an den Projektentwickler zu binden sind. Aber auch die späteren Käufer/Mieter, kommen als Eigenkapitalgeber in Frage. Zusätzlich kann ggfs. die Ausgabe von Genussscheinen und ähnlichem Nachrangkapital (‚Mezzaninkapital‘) oder – bei Aktiengesellschaften – eine Grundkapitalerhöhung – evtl. mit Einstieg eines finanzstarken Anteilserwerbers –  zur Eigenmittelfinanzierung herangezogen werden. Der große Vorteil der Eigenkapitalfinanzierung ist die Unabhängigkeit von Kreditgebereinflüssen wie Kreditkostenerhöhungen/Sicherheiten-Anforderungen, Kreditkündigungen – verbunden mit Notverkäufen etc.

Bei allen externen Kapitalgebern gilt es, diese frühzeitig, bereits während der Projektinitiierungsphase anzusprechen, um deren Anforderungen möglichst zeitnah erfüllen bzw. umsetzen zu können. Zu den zu berücksichtigenden Anforderungen gehören etwa Standort und Vermietungs-/Nutzungskonzept, Cashflow-Projektionen aus erwarteten Marktmieten und Projekt-/Nutzungskosten, Eigenmittelausstattung und Sicherheiten-Stellung, cross default Klausel, Zuliefer- und Fertigstellungs- sowie Abnahme-/Mietverträge und die Versicherung von Projektrisiken.

In diesem Zusammenhang sind – gegebenenfalls mit Unterstützung externer Berater – die internen Planungs- und Kennzahlensysteme der Projektentwicklungsgesellschaft zu überprüfen bzw. zu aktualisieren, das Geschäftsumfeld (inkl. Kapitalgeber/Banken, Lieferanten, Abnehmer/Mieter) auf Risiken abzuklopfen und evtl. notwendige Maßnahmen einzuleiten und auch die eigenen Stärken und Schwächen herauszuarbeiten und in entsprechende Handlungsstrategien umzusetzen. Nur wer adäquat vorbereitet, d.h. mit auf den Gesprächspartner zugeschnittenen sachdienlichen und zielführenden Argumenten und Dokumenten/Unterlagen versehen in die Verhandlungen mit potenziellen Kapital-/Kreditgebern geht, beweist hinreichende Kompetenz und Expertise und schafft damit Vertrauen und Anerkennung bei den Geschäftspartnern – was eine unverändert notwendige Voraussetzung für die Einwerbung von Finanzmitteln ist.