Anmerkungen zu den us-amerikanischen Immobilienmärkten

O say, does that star-spangled banner yet wave….?[1]

Dr. Thomas Beyerle

Wenn es etwas in diesen Tagen vor der MIPIM zu lernen gibt von den amerikanischen Marktplayern, dann diese entwaffnende Portion Optimismus. Zumindest war dies die vorherrschende Stimmung auf der AFIRE Winterkonferenz in New York. Die Stimmung war mehr als „relaxt“ – oder um es anders zu formulieren: die positive Stimmung entsprach „gefühlt“ der des Jahres 2004. In dieser zeitlichen Verortung von Gefühlen verbergen sich zwei Botschaften: zum einen ist man sich der Tatsache bewusst, dass es noch immer mehr Schatten als Licht gibt, zum anderen ist die Erwartung an eine deutliche Erholung sehr hoch. Das Glas Wasser ist also – wie immer – noch immer halb voll. In diesem positiven Sentiment spiegelt sich gleichwohl auch wider, dass die Risikoeinschätzung auf den us-amerikanischen Märkten mittlerweile wieder auf einer fundamentalen und damit eher rationalen Einschätzung basiert.

Bei der Analyse der Märkte lassen sich aktuell deutliche Parallelen zwischen den USA und Europa aufzeigen:

–          Die Zahl der Transaktionen hat sich in 2011 gegenüber 2010 fast verdoppelt

–          bis zum 3. Quartal 2011 fanden, wiederum verglichen mit 2010, sehr große Einzel- und Portfolio-Transaktionen statt, gefolgt von einem sehr ruhigen 4 Quartal

–          Obwohl auch in den USA die Suche nach höherer Rendite auf der Agenda steht ist die Core-Fixierung noch ausgeprägter als ein Jahr zuvor

–          Wenn von den 10 größten Transaktionen in den USA allein 7 in New York stattfinden wird diese Core Fixierung buchstäblich greifbar.

–          Die unterschwellige Erwartung an „distressed“ ist gegeben, aber hier kaum prognostizierbar.

–          Mit über 10 Mrd. USD war Blackstone der größte Käufer in 2011, deutlich vor AMB Prob Corp und JP Morgan

–          die Centro Properties Group verkaufte Objekte im Wert von 8,9 Mrd. USD, dicht gefolgt von ProLogis

Die Bürostandorte mit ausgeprägter Marktzyklik in den USA wie New York, San Francisco und Boston befanden sich zuletzt im Aufschwung, während die Mieten in vielen Metropolregionen, die wie z.B. Miami und Atlanta besonders stark vom Einbruch des Wohneigenheimmarktes betroffen waren, weiter gesunken sind. Da trotz der wirtschaftlichen Stagnation in den USA tendenziell mit einem weiteren Anstieg der Bürobeschäftigtenzahlen und somit anhaltend positiver Nettoabsorption zu rechnen ist, neue Büroflächen in signifikantem Umfang jedoch erst ab 2014 fertig gestellt werden, stehen die Aussichten für einen fortgesetzten, wenngleich zögerlichen Leerstandsabbau gut. Gerade die eher negativ besetzte Marktvariable – stark rückläufige Projektentwicklungen im Office Segment – wird als der dominante Faktor für eine Austrocknung des Marktes und damit das Signal für Preissteigerungen im Spitzensegment um laufenden Jahr verstanden.

Bei den Investmenterwartungen in 2012 wird beim Blick über den Atlantik ebenfalls eine starke Fokussierung auf das sog. Core Segment sichtbar. Im Bürosektor zielt die aktuelle Nachfrage auf hochwertige Flächen in zentralsten Lagen. Investitionen unter den „replacement costs“ scheinen die nächste Stufe der Wertsteigerung bei einem schnellen Exit einzuläuten. Während die Leerstandsquote für hochwertige Class-A-Flächen weiter gesunken ist, ließ die negative Nettoabsorption den Leerstand im Class-B-Bereich weiter steigen und die Mieten in diesem Segment tendenziell sinken. Ein Phänomen welche sich aktuell fast global beobachten lässt.

Noch muss man freilich konstatieren, das die traditionell als globale Konjunkturlokomotive bezeichneten USA aktuell eher mit dem Begriff der Stagnation versehen ist denn mit einer dynamischen Entwicklung. Als Hauptgrund wird dabei immer wieder das quasi das ganze laufende Jahr beherrschende Wahlkampthema angeführt. Umso stärker ist dann allerdings die Erwartung auf eine starke Markterholung im Jahr 2013 gesehen.

Die Stabilisierung an den Mietmärkten, die geringen Zinsen für Staats- und Unternehmensanleihen und die Sorge vor Inflation lassen Investitionen in Immobilien in den USA wieder attraktiv erscheinen. In der Summe ist die Erwartung an eine Zinsänderung eher mit keinerlei Erwartung zu umschrieben – das Niveau wird für die kommenden 24 Montage als unverändert beschrieben. Es kommt hinzu, das die finanziellen Rahmenbedingungen sich in den USA in den letzten beiden Quartalen deutlich verbessert haben, zumal der Neuemissionsmarkt für Commercial Mortgage Backed Securities insbesondere zu Jahresanfang 2012 wieder in Gang gekommen ist und verschiedene Versicherungsgesellschaften ins Geschäft für Immobilienfinanzierungen eingestiegen sind.

Doch trotz positiver Einschätzung gibt es einen zentralen Punkt der mit sehr viel Pessimismus gesehen wird: Dass die Eurowährung zerbrechen und der Europäische Staatenbund zerfallen wird – davon sind sehr viele überzeugt, es ist quasi nur noch eine Frage der Zeit – home bias einmal andersherum.


[1] „Oh sagt, weht dieses sternenbesetzte Banner noch immer…“ (aus: Hymne der USA)