Auf Sylt werden Rekordpreise für Häuser und Wohnungen gezahlt

Tanzende Ballerina

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Der Sylter Immobilienmarkt ist immer wieder für eine Überraschung gut: Das „Waterküken“, ein nur 30 Quadratmeter großes Häuschen auf der Ferieninsel wird für 6,3 Mio. Euro angeboten. Zu dem Haus im Millionärsort Kampen gehört immerhin ein Grundstück von 2 400 Quadratmetern, das in den Dünen liegt und unverbaubaren Blick auf das Meer bietet.

Das sei als Gag und Ausreißer zu werten, sagte Stefan Knoll, bei der Deutschen Bank verantwortlich für das Privat- und Geschäftskundengeschäft in Hamburg und Schleswig Holstein, anlässlich der Vorstellung des Marktberichtes Sylt. Dennoch würden auf Deutschlands nördlichster Insel für Urlaubsdomizile Summen gezahlt, wie sonst nirgendwo in Deutschland.

Ursache dafür ist, dass Sylt unangefochten die beliebteste Ferieninsel der Bundesbürger ist. 2008 wurden 800 000 Gäste gezählt, 30 000 mehr als im Jahr zuvor. Da aufgrund der Wirtschaftkrise der innerdeutsche Tourismus floriert, dürften die Zahlen für dieses Jahr noch weiter steigen. Es gibt 21 000 Haushalte aber 16 000 Zweithaushalte, Tendenz steigend.

Die Insel hält diese Position schon Jahrzehnte, obwohl die norddeutschen Ferieninseln und die attraktive Ostseeregion von Mecklenburg-Vorpommern von Natur und Landschaft her durchaus achtbare Konkurrenten sind und zudem geringere Preise bei Gastronomie, Hotels und Immobilien aufweisen. Den Rang ablaufen können sie Sylt nicht. Dieses wegen der Schönheit und dem besonderen Flair der Insel, der illustren Gäste, dem gastronomischen Angebot, der Preisstabilität von Investments und einigem rational nicht fassbaren mehr.

Die schnelle Erreichbarkeit sorgt dafür, dass die Insel inzwischen ganzjährig Saison hat, Hotelbetten sogar bei Sturm und Regen ausgebucht sind. Allerdings werden der anschwellende Flugverkehr und die zunehmende Zahl von Tagestouristen auch kritisch gesehen. Einheimische wie Stammgäste stoßen sich an der erhöhten Bauaktivität und den neuen Luxushotels, die derzeit in Hörnum, List und Keitum entstehen. Insulaner haben wachsende Probleme, sich mit bezahlbarem Wohnraum zu versorgen.

Die Entwicklung der Sylter Immobilienpreise findet nur wenige Parallelen. Für Einfamilienhäuser unter Reet werden Spitzenpreise von 15 Mio. Euro beobachtet, in einem Fall in der jüngeren Vergangenheit auch 23 Mio. Euro. Käufer und finanzierende Banken akzeptieren klaglos Besonderheiten wie das Sylter Fußleistenmaß und Bruchteilseigentum.

Standortprägend ist vor allem der Handel mit luxuriösen Eigenheimen. In diesem Segment haben sich in der Vergangenheit die Preise in jeder Dekade annähernd verdoppelt, so die Deutsche Bank. 2007 wurde beim Umsatz von Häusern, Wohnungen und Grundstücken ein bisheriger Spitzenwert von rund 620 Mio. Euro erzielt.

Tanzende Ballerina?

Seit 2004 seien die Preise angesichts des hohen Nachfrageüberhangs geradezu explodiert, bestätigt eine Expertise der Hypovereinsbank. Trotz eklatanten Baulandmangels verzeichnet Sylt eine vergleichsweise hohe Bautätigkeit. Baugrund wird in der Regel durch den Abriss von älteren Häusern gewonnen, die verstärkt auf den Markt kommen. Die jährliche Bauproduktion liegt seit 1990 mit einigen Schwankungen bei rund 160 Wohnungen, ermittelte die HVB. In der jüngeren Vergangenheit vollzog sich ein regelrechter Bauboom mit durchschnittlich rund 220 neuen Einheiten pro Jahr. Der Neubestand wird überwiegend an Auswärtige veräußert, so dass die Zahl der Zweitwohnsitze als auch die der Ferienwohnungen kontinuierlich ansteigt. Sylt bleibt aber im Gegensatz zu anderen luxuriösen Ferienorten fast ausschließlich in nationaler Hand.

Der generelle Aufwärtstrend werde auch durch die Wirtschaftskrise nicht gestoppt, da sind sich alle Banken und Maklerhäuser, die sich mit dem Sylter Markt beschäftigen, einig. Auch die vergangenen Rezessionen hätten höchstens Dellen hinterlassen. Der Markt bleibe stabil auf hohem Niveau, die Baulandverknappung werde insbesondere in den sehr guten Lagen zu weiteren Preissteigerungen führen, die große Nachfrage nach erstklassigen Immobilie könne kaum gedeckt werden.  

Nach Meinung des Hamburger Maklerhauses Grossmann & Berger, das seit April 2008 mit einer Dependance auf der Insel vertreten ist, spielen auch emotionale Gründe mit, wenn Käufer klaglos zweistellige Millionenbeträge für ein Ein-Familien-Haus am Watt bezahlen:  Die meisten Käufer wollen sich auf der Insel einen Traum erfüllen. Fast alle Kunden träumen von dem Klassiker, dem Haus im Friesenstil unter Reet, ausgestattet mit historischen Materialien, Kacheln, Fliesen und alten Hölzern. Hinzu komme die Sicherheit, dass das Investment zumindest wertstabil ist. 

Bezüglich der Hitliste hat sich seit Jahren wenig geändert. Unangefochten an der Spitze steht Kampen, gefolgt von Braderup, Keitum, Morsum und Archsum. In den letzten Jahren sind auch Teile von List hinzugekommen. Aber auch die Orte Rantum, Hörnum und Munkmarsch verfügen über Spitzenlagen am Wattenmeer oder in den Dünen mit Seeblick und entsprechenden Spitzenpreisen.

Die Bodenpreise haben sich nach Auswertungen des Gutachterausschusses in den letzten fünf Jahren mehr als verdoppelt und liegen derzeit im Durchschnitt bei 1 750 Euro pro qm, für Wattlagen in der ersten Reihe teilweise weit über 3 500 Euro pro qm. 

In den vergangenen Jahren wurden in den Top-Lagen fast alle Grundstücke einmal verkauft. Der bisherige Spitzenpreis von 23 Mio. Euro wurde 2007 für ein Objekt an der Straße Nordende gezahlt. Preise für freistehende Anwesen in Top-Lagen liegen in Kampen in der Größenordnung von 12 bis 15 Mio. Euro. Für hochwertig ausgestattete Haushälften mit über 200 Quadratmeter Wohnfläche mit Heide- oder Wattblick werden bis zu 6 Mio. Euro gezahlt.

Infolge der großen Bautätigkeit seit Mitte der neunziger Jahre geht Wenningstedt fast in das angrenzende Westerland über. Zu den bevorzugten Lagen gehört neben strandnahen Bereichen und solchen um den Dorfteich insbesondere der Ortsteil Braderup, der sich durch seine Lage am Watt und am Weißen Kliff als Alternative zu Kampen entwickelt hat. Für die erste Wattlage liegen die Preise für repräsentative Anwesen in der Größenordnung von 10 Mio. Euro. Freistehende Häuser rund um die erste Wattlage werden in einer Spanne von 4 bis 7,5 Mio. Euro gehandelt. Hochwertig ausgestattete Haushälften erzielen bis zu 4 Mio. Euro. Für Grundstücke werden bis zu 2 200 Euro pro Quadratmeter gezahlt.

Neben Westerland zählt Wenningstedt zum wichtigsten Markt für Eigentumswohnungen auf Sylt. Moderne Ferienwohnungen erreichen eine durchschnittliche Auslastung von rund 200 Tagen, in Einzelfällen auch weit über 250 Tagen. Für hochwertige Ferienwohnungen in guten Lagen werden Preise bis zu 6.000 Euro pro qm erzielt. Luxuriöse Einfamilienhäuser um den Dorfteich erzielen bis zu 2,5 Mio. Euro. Für reetgedeckte Haushälften werden zwischen 800 bis 1,3 Mio. Euro erzielt. Die Preise für Grundstücke in Wenningstedt liegen je nach Lage in der Größenordnung zwischen 500 und 1000 Euro pro qm.

Das ehemalige Fischerdorf Keitum verfügt im Ortskern über einen großen Anteil alter Bausubstanz und auch aufgrund vieler kleiner Geschäfte über ein besonderes Flair.  Freistehende Anwesen auf großzügigen Grundstücken mit Wattblick erreichen Kaufpreise in der Größenordnung von 5 Mio. Euro, wobei  das Angebot sehr rar ist. Preise für freistehende Häuser liegen bei rund 3 Mio. Euro, Neubauhaushälften erzielen je nach Lage und Ausstattung  Preise zwischen 1,0 und 2,5 Mio. Euro. Alte Friesenhäuser werden teilweise bis zu 3,5 Mio. Euro gehandelt. Das Bodenpreisniveau bewegt sich zwischen 500 und 800 Euro pro qm, in den Wattlagen kosten Grundstücke ab 1600 Euro aufwärts.

In List, an der Spitze von Sylt und damit dem nördlichsten Ort Deutschlands, hat sich seit 2005, dem Auszug der Bundeswehr, eine rasante Steigerung von Nachfrage und Preisen vollzogen. Die Bodenpreissteigerungen liegen bei über 300 Prozent. Wattgrundstücke liegen zwischen 1500 und 2.500 Euro pro qm. Die höchsten Preise werden für Häuser mit Meerblick gezahlt, in der ersten Wattreihe werden für freistehende Einzelhäuser auf großen Grundstücken bereits Liebhaberpreise von 5 bis 7 Mio. Euro bezahlt. Allgemein liegen die Preise für freistehende Objekte mit großzügigen Grundstücken sowie Wasserblick oder schönem Blick in die Dünen- und Heidelandschaft in einer Spanne von 1,5 bis 4,0 Mio. Euro.

Westerland ist aufgrund der Nähe zum Meer besonders bei Familien und einem älteren Publikum beliebt. Der Ort ist Zentrum und touristischer Schwerpunkt der Insel, hier werden neben Zweitwohnsitzen vor allem Häuser und Eigentumswohnungen zur Kapitalanlage und Vermietung erworben. Die Bodenpreisentwicklung ist in Westerland am moderatesten ausgefallen. Mit durchschnittlich 200 bis 250 Tagen verzeichnet Westerland die längste Vermietungsleistung auf Sylt. Hieraus resultieren Verkaufspreise für Ferienapartments von bis zu 10 000 Euro pro qm. Der Höchstwert für ein Apartment im Kurzentrum lag bislang bei 12 500 pro qm. Allgemein werden für Bestandswohnungen zwischen 2 500 und 5 000 Euro erzielt. Neubauwohnungen werden in der Größenordnung von 4 500 bis 6 000 Euro gehandelt. Neue freistehende Häuser in Strandnähe wechseln für 300 000 bis 1,5 Mio. Euro  den Besitzer. Die Preise für reetgedeckte Haushälften in strandnahen Lagen bewegen sich ebenfalls in einer Spanne von 300 000 bis 1,5 Mio. Euro. 

Trotz  steigender Bautätigkeit steht in Rantum einer sehr großen Nachfrage ein zu geringes Angebot gegenüber. Gefragt sind vor allem Objekte in den Dünen sowie auf der Wattseite. Hieraus resultieren Kaufpreise für Einzelhäuser und exklusive Haushälften mit See- bzw. Wattblick bis zu 2,8 Mio. Euro. Ein Angebot an exklusiven neuen freistehenden Häusern existiert in Rantum nicht. Ferienwohnungen unter Reet werden mit bis zu 6 000 Euro pro qm gehandelt. Das Bodenpreisniveau bewegt sich in Rantum zwischen 350 und 550 Euro pro qm. In den begehrten Lagen auf der Wattseite oder in den Dünen kosten Grundstücke ab 800 Euro pro qm aufwärts. 

Hörnum am südlichen Ende von Sylt verzeichnete in den letzten Jahren eine verstärkte Bautätigkeit. Gefragteste Objekte sind reetgedeckte Einzelhäuser auf dem zweithöchsten Hügel Sylts mit schönem Blick auf die Nordsee oder über den Ort. Große Häuser mit rund 2000 qm großen Grundstücken in der so genannten Kersig-Siedlung werden bis zu 2,5 Mio. Euro gehandelt, Häuser auf kleineren Grundstücken bzw. ohne Meerblick kosten bis zu 1,0 Mio. Euro. Das sehr begrenzte Angebot an Häusern und Grundstücken wird zu weiteren Preissteigerungen führten, was sich bereits an den Bodenpreisen in dieser Lage widerspiegelt.

In den übrigen Lagen werden gut ausgestattete freistehende Häuser bzw. Hausteile in der Größenordnung bis 500 000 Euro gehandelt.

Der Osten Sylts mit der vom Watt eingerahmten Marsch, Feldern und Wiesen hinter den Deichen, dem Morsum Kliff und weitläufigen Rad- und Wanderwegen ist das ruhige grüne Herz der Insel. Es besteht aus den Friesendörfern Tinnum, Keitum, Munkmarsch, Archsum und Morsum. Tinnum hat keine wesentlichen Bodenpreissteigerungen erfahren, Eigentumswohnungen liegen zwischen 2 000 und 4 000 Euro pro qm, Häuser werden in einer Spanne von 250 000 bis 750 000 Euro gehandelt. In Munkmarsch, geprägt durch den Hafen, werden für Haushälften mit Watt- und Heideblick bis zu 2 Mio. Euro erzielt.