Blick zurück: Eigenes „Zinshausinvestment Wuppertal“ im Wettbewerb um „Die wohl schlechteste Geldanlage der Welt“

Als Reaktion auf einen Artikel in der WiWo über Geschlossene Fonds als wohl schlechteste Geldanlage der Welt habe ich mir einmal ein eigenes Zinshausinvestment aus 1993 angeschaut, das ich eigentlich selber in die Kategorie „richtig schiefgegangen“ eingeordnet hatte. Die Gegenüberstellung mit Inflationsschutz durch Immobilien und mit Offenen und Geschlossenen Fonds verblüfft. Andererseits wird der Immobilieneffekt deutlich: Wenn der Cash Flow stimmt, ist am Ende immer noch etwas da.

Die Wirtschaftswoche hat vor einigen Wochen mit einem Rundumschlag zu Geschlossenen Fonds den Wettbewerb um die schlechteste Kapitalanlage der Welt eröffnet. Die erfrischende Blickweise des Artikels der „Autoren der kurzen Zeitreihen“ mit der Erwartung marktunabhängiger Erfolge unternehmerischer Investments überlassen wir der Branche zur Analyse. Journalistisch war der Artikel ein Aufmerksamkeits-Erfolg. Für mich war das Anlass, mir einmal ein eigenes West-Zinshaus-Investment aus der Zeit durchzurechnen, als in der Ost-Euphorie Fondsgeld verbrannt wurde. Das Investment war aus der Zeit heraus weder untypisch noch falsch. Ich hatte darüber 1993 in Der Platow Brief berichtet.

1993 berechnete ich Ihnen für ein eigenes Zinshausinvestment trotz damals restriktiver Annahmen einer Miet- und Preisanpassung lediglich in Höhe der halben Inflationsrate und eines damals guten Eigenkapitaleinsatzes von 25%, eine zu erwartende Eigenkapitalrendite von 40%. Da war ich methodisch den späteren Private Equity Modellen durchaus voraus. Allerdings war das Investment damals vorsorgeorientiert und immobilienorientiert. Die Eigenkapitalrendite war bloß als rechnerischer Spaß gemeint, der allerdings bei Hedgefonds später bitterer Ernst wurde und heute wesentlicher Bestandteil der Kapitalanlage Institutioneller ist.

Blicken wir ganz einfach auf die Realität eines Wuppertal-Investments aus dem Jahr 1993. Trotz zwischenzeitlich schwieriger Phasen konnte das Objekt immer vermietet werden. Die jährlichen Ausfälle zwischen „Soll“ als Summe aller nominaler Mietannahmen (100%) und „Ist“ lagen durch Fluktuation und Mietausfällen zwischen 3 und 6% je nach zyklischer, konjunktureller Situation. Die nutzerorientierte immobilienwirtschaftliche Entscheidung hat sich also bestätigt. Seit jetzt 98 Jahren ist das Haus voll vermietet. Objektzustand und Lage in einer ruhigen Seitenstraße in einem aktuell gut funktionierenden Entwicklungsgebiet mit multikulturellem Mieterbesatz in fußläufiger Innenstadtnähe mit gewachsener Verkehrsinfrastruktur sprechen auch für langfristige Vermietungsperspektiven. Bei Durchschnittsmieten von 4,96 Euro resultieren Zukunftsängste vor allem aus dem Energiewahn regierender Beamter oder wieder diskutierter Stadtrand-Neubauförderungen. .

Jetzt der Blick auf die ernüchternden Finanzzahlen: Die Nettoanfangsrendite lag inklusive Erwerbsnebenkosten damals bei 8,2%. Heute liegt die nominale Nettogesamtmiete 11% unter der nominalen Miete des Einstiegsjahres 1993 und die aktuelle Neuvermietungsmiete 25% unter damaliger Neuvermietungsmiete. Aus geplanten 40 bis 50% Mietsteigerung wurde in knapp 20 Jahren ein zweistelliger Mietrückgang. Soviel zum Thema Inflationsschutz durch Mietanpassung. Schiefgegangen!

Dies entsprach übrigens ziemlich genau der BulwienGesa-Index-Ermittlung, wobei die spezifische Immobilie nicht von der Erholung der letzten Jahre profitieren konnte. Der Verkaufspreis für die Immobilie dürfte heute nicht mehr bei der 11,8 fachen Jahresmiete vor Erwerbsnebenkosten liegen, sondern wahrscheinlich bei der 10,5 fachen herauskommen. Damit ist die Immobilie nach jetzt 18 Jahren „Wertsteigerung“ ziemlich genau nominal 20% weniger wert als beim Einkauf 1993. Soviel zum Thema Wertsteigerung. Schiefgegangen!

Gleichzeitig wurden etwa 7% Erwerbsnebenkosten (Makler, Notar, Grunderwerbssteuer) verloren. Zwischenzeitlich wurden Fassade, alle Badezimmer und Treppenhaus saniert und Wärmedämmungsmaßnahmen durchgeführt. Parallel musste die Vermietung, die damals in unrenoviertem Zustand erfolgte, auf renovierten Zustand umgestellt werden, so dass zusätzlich ein gesamter Renovierungsaufwand anstand. Die laufenden Vermietungskosten wurden durch kontinuierlich steigende Renovierungsanforderungen erhöht. Das war im knappheitsgeprägten Umfeld 1993 so nicht geplant. Schiefgegangen!

Fazit zur Wuppertal-Katastrophe: Sie werden uns zustimmen, dass dieses Investment ein finanzmathematisches „Schwarzes Loch“ war und statt 40% Eigenkapitalrendite eine Totalvernichtung des Eigenkapitals erfolgte. Wenn Sie dann noch Fremdkapitalzinsen von 7,5% berücksichtigen, die damals natürlich „sicher“ für 10 Jahre festgelegt wurden, werden die Schmerzen noch größer. Das war ein Fass ohne Boden. Berücksichtigen Sie aber, dass das ein Investment auf dem Erfahrungshorizont des Jahres 1993 auf der Basis 50-jähriger annähernd kontinuierlicher Wertsteigerung am Ende eines Booms im Umfeld der Vereinigungseuphorie war. Die Investitionsentscheidung war damals nicht „falsch“.

Das war übrigens auch die Basis, auf der damals viele Investitionsentscheidungen in Geschlossene Fonds geführt wurden, die heute natürlich ebenfalls ihr Eigenkapital weitgehend eingebüßt haben. Allerdings würde man das Investment aus heutiger Sicht sicherlich nicht durchgeführt haben. Die Einschätzung der Nutzersituation war richtig. Aber wer konnte ahnen, dass die einstmals reiche Textilmetropole Wuppertal, Deutschlands letzte Stadt mit Kinderarbeit und Geburtsstadt des geläuterten Unternehmers Friedrich Engels, zwischen 1990 und 2010 rund 25% der Arbeitsplätze verdummen würde.

Jetzt die „Immobilien-Kehrseite der Medaille“: Aber richtig traurig, speziell auch im Vergleich mit alternativen Immobilienfondsinvestments kann man nicht sein. Denn seien wir ehrlich, ob man aus heutiger Sicht lieber in eine stabile, einfache und nicht reproduzierbare Wohnanlage investiert sein möchte, oder alternativ in ein gewachsenes Büroimmobilienportfolio, ist nicht einfach zu entscheiden. Aus heutiger Sicht spricht einiges wieder für die Wohnimmobilie – auch in der Wuppertal-Praxis, besser natürlich in München. Vermietungssicherheit ist gegeben. Die Mieten haben den unteren Wendepunkt durchschritten. Die Lage ist aufstrebend. Die Technik ist für einfachen Wohnstandard adäquat. Anstehende Investitionen sind überschaubar. Der Verbrauchs-Energieausweis ist trotz multikultureller Nutzung mit spezifischem Verbrauchsverhalten im grünen Bereich. Die Mauern sind 60 cm dick. Die Fronten sind relativ schmal. Beide Seiten sind angrenzend bebaut und beheizt. Die Heizkosten liegen bei gut einem Euro und etwaige Ersparnispotenziale rechnen keinerlei Investitionen, da sie auch aus Marktgesichtspunkten nicht auf die Mieten umlegbar wären. Risiken liegen im Gesetzgebungswahn und der möglichen anstehenden Dichtigkeitsprüfung.  

Privatwirtschaftlich ist zu berücksichtigen, dass die Immobilie in ca. 2 Jahren vollständig getilgt ist und damit etwa noch 80% des damaligen Gesamtinvestments nominal vorhanden sind. Das damalige Eigenkapital von 25% wurde so verdreifacht. Die laufenden Unterdeckungen, die allerdings nominal höher waren als der Vermögenseffekt, wurden durch Steueraspekte weitgehend ausgeglichen. Übrigens: die laufenden monatlichen Unterdeckungen lagen nie über alternativen Sozialabgaben in die Rentenversicherung. Die heutige Mieteinnahme liegt bei dem Mehrfachen einer realistischen Rentenerwartung.

Und blicken wir jetzt einmal auf eine mögliche alternative, modellhafte „Performance-Berechnung“, die dieses insgesamt doch miese Investment mit deutlicher Wertvernichtung als Investment eines Offenen Fonds ergeben hätte. Lassen wir einfach mögliches Leverage-tuning und Steuereffekte beiseite. Die jährliche Mietrendite liegt bei 8,2%. Davon sind in Abzug zu bringen 0,4 Prozentpunkte Mietausfall und Fluktuation. Mit 2 Prozentpunkten für Instandhaltung und Verwaltung sollte man hinkommen. Damit ergib sich eine Cash-Flow-Rendite von 5,8% p.a. auf das Investment. Abzüglich Wertänderungsrendite von minus 1% p.a. ergibt sich immer noch eine Performance von knapp 5% p.a. auf das Investment vor Steuereffekten.

Wie sieht es im Vergleich mit Geschlossenen Fonds aus? Das wissen wir nicht. Das weiß nur die WiWo. Die kollidiert allerdings mit Statistiken, die Fondsmedia erarbeitet hat. Natürlich haben viele Geschlossene Bürofonds auch im Westen bei einer Büroimmobilien-Wertentwicklung auf vielleicht 68% des Jahres 1993 nach Statistik der IPD im DIX 2011 (vgl. letzte Ausgaben „Der Immobilienbrief“ Nr. 242/243) ihr Fondsvermögen weitgehend eingebüßt. Das geht gar nicht anders. Dennoch hat oft gutes Asset Management dazu geführt, dass z. B. bei Real I. S. ein durchschnittlicher Anlageerfolg von 5,6% bei einem „Modellportfolio eines Anlegers, der alle Fonds“ gezeichnet hat, nach Steuern erreicht wurde. Bei Schiffen sieht das trotz aktueller Verwerfungen ähnlich aus. Allerdings haben die Steuerverwerfungen der Vereinigungsphase zu Fondsflops bei Immobilienfonds geführt. Zwei Drittel der Initiatoren sind verschwunden. Die Überlebenden, die viel Zeit und Geld investiert haben, dienen der Branche als Punching Ball. Nach Berücksichtigung der Steuereffekte ist das Ergebnis oft gar nicht so dramatisch. Aber am Ende dürfte der Schnitt der Geschlossenen deutschen Immobilienfonds der letzten 20 Jahre auch nicht viel besser gewesen sein als mein Wuppertal-Investment. Meist sogar schlechter. Das liegt aber daran, dass nicht dauernd nachgeschossen wurde, dass nicht selbst verwaltet wurde, dass oft nicht getilgt wurde und dass Ausschüttungen natürlich konsumiert wurden.

Wie sieht es im Vergleich bei Offenen Fonds aus? Die Statistik für Offene Immobilienfonds weist trotz der schlechten Werte der letzten 3 Jahre für 15 Jahre immer noch ein arithmetisches Mittel von 4,2% und für 20 Jahre von 5,0% aus. Das rechtfertigt sicher keine Skandalberichterstattung. Vor dem Hintergrund der spezifischen Einzelprobleme sind durchschnittliche 0,9% Einjahresperformance bzw. 2,8 oder 3,9% für 3 und 5 Jahre wohl ebenfalls nicht skandalträchtig. Allerdings korrespondiert das Zahlenwerk nur beschränkt mit dem arithmetischen Mittel der kumulierten „Wert“entwicklung (Einmalanlage zum Anteilswert mit Ertragswiederanlage zum jeweiligen Anteilswert) von ca. 166,4.

„Der Immobilienbrief“-Fazit: Auf der einen Seite bleibt ein ernüchterndes Fazit, dass eine schief gegangene Zinshausinvestition an einem wenig prosperierenden Standort die gleiche Performance abwirft, wie der Durchschnitt aller hoch professionell gemanagten deutschen Offenen Immobilienfonds und ihre Pendants aus der Szene der Geschlossenen Fonds. Auf der anderen Seite wäre vor dem Hintergrund der Verwaltung und des Nervenverbrauchs die pflegeleichte Fondsinvestition sicherlich mindestens genauso gut gewesen. Es wäre jedoch der Disziplinierungseffekt des Zwangssparens entfallen.

Allerdings müsste man dann heute überlegen, was man mit seinem Geld macht. Da wäre vielleicht durchaus über einen vermietungssicheren „9%er“ in Wuppertal nachzudenken. Selbst wenn man die Hälfte der Miete kontinuierlich reinvestiert und nicht leveraged, bleiben mit Steuereffekten der AfA immer noch gut 5%. Und vielleicht ist ja sogar eine Mietsteigerung drin. 1993 lag die Neuvermietungsmiete bei umgerechnet 6,50 Euro für eine einfachere Qualität. Heute liegt die Neuvermietungsmiete bei 4,96 Euro.

Oder sollte man doch über einen Geschlossenen Immobilienfonds mir neuer 10-Jahressicherheit oder ein professionell gemanagten Gewerbeimmobilienportfolio in einem Offenen Fonds nachdenken?