Co-Working Space: Eintagsfliege oder nachhaltiger Trend?

Die Immobilienbranche zeigt jedes Jahr das gleiche Phänomen. Zumindest könnte man das glauben, wenn man die Berichterstattung sieht. In regelmäßigen Zyklen entwickelt die Immobilienbranche neue Anlagetrends, die sich dann in den Zyklus der Megatrends wie Digitalisierung oder Nachhaltigkeit einreihen. In den vergangenen Jahren gehörte z.B. die Logistikimmobilie, die Pflegeimmobilie oder die Immobilienaktie bzw. der REIT dazu. Im zweiten Halbjahr wurde dann über innerstädtische Logistik diskutiert. In diesem Jahr scheint Co-Working einen neuen Hype auszulösen. Zumindest erwarten viele Auguren ein deutlich ansteigendes Marktvolumen. Wir haben uns dem Thema einmal näher gewidmet.

 

Was sagt die Wissenschaft…

 

Co-Working ist eine Entwicklung im Bereich neue Arbeitsformen. Der Begriff wird in der Praxis jedoch sehr unterschiedlich verstanden und verwendet. Meistens arbeiten im sog. Co-Working Space Freiberufler, Kreative und junge Start-up unternehmen in meist größeren und offenen Flächen zusammen und können so voneinander profitieren. So können sowohl eigene als auch gemeinsame Projekte verwirklicht werden. Die Flächen für Co-Working werden dabei als einzelne Arbeitsplätze oder separate Büros einschließlich der erforderlichen Büroinfrastruktur zeitlich flexibel vermietet. Vermieter versuchen dabei bewusst ein gewisses Community-Management zu erzeugen. „Co-Working hat sich in den letzten Jahren von einem Nischenprodukt mit Schmuddelimage à la Kreuzberg zu einem ernstzunehmenden Marktsegment bei der Bürovermietung entwickelt“, so Prof. Dr. Günter Vornholz, Professor für Immobilienökonomie an der EBZ Business School, Bochum. „Für die Bürovermieter hat dies einschneidende Folgen: Büroimmobilien werden zu Betreiberimmobilien und die Bezahlung erfolgt dann per Nutzung und nicht mehr pauschal wie heute“, ergänzt Vornholz.

 

Vorteile

 

Co-Working Space bieten den Mietern durch den Full Service ein Maximum an Flexibilität hinsichtlich Zeit und Ort. Der temporäre Arbeitsplatz ist mit einem Lebensgefühl gekoppelt, das Synergieeffekte und Kreativität fördern kann. So kann Co-Working eine Brutstelle für Innovationen und Fortschritt und vor allem neue Geschäftsmodelle und Arbeitsplätze sein. Vermieter profitieren durch eine höhere Miete der Co-Working Nutzer. Im Vergleich zu Business Centern bieten Co-Working Flächen den sozialen Austausch und Kollaboration unter den Nutzern. Die Nutzer werden als Mitglieder einer Community verstanden, was die Bindung an die Co-Working Flächen fördert.

 

Nachteile

 

Natürlich kann die höhere Miete als Nachteil verstanden werden. Das muss jeder Nutzer allerdings selbst abwägen. Zudem besteht die Gefahr, dass bei Co-Working die Trennung von Arbeit und Privat weniger gut gelingt. Auch die Auswahl der Community ist nur schwer möglich. Oftmals wird bemängelt, dass lediglich eine Zufalls-Community entstünde. Zudem besteht die Gefahr des Wissensabflusses und der Konkurrenz, falls Wettbewerber vor Ort sind. Durch die Übergabe der Flächen in möbliertem Zustand, ist zudem das Verantwortungsbewusstsein der Mieter begrenzt. Der Aufwand für Reinigung und Reparatur ist daher höher. Günter Vornholz gibt zu bedenken, dass ein Überangebot auf der Angebotsseite drohe. Derzeit würden viele Co-Working Flächen auf den Markt kommen. Dabei sei es ungewiss ob es eine entsprechende Nachfrage für diese Flächen geben werde. Co-Working sei aktuell ein relevanter Trend am Büroimmobilienmarkt, der von einem „Hip-Faktor“ profitiere. In der Außendarstellung habe Co-Working einen hohen Charme. Hip bedeute aber nicht zwangsläufig funktional und im Alltag erprobt. Für Anbieter ergibt sich das Risiko der kurzfristigen Vermietung mit nicht zwangsläufig solventen Mietern. „Diese flexible Form der Bürovermietung ist daher eher eine Ergänzung zu herkömmlichen Büroflächen, wird diese aber nicht überflüssig machen“, resümiert Vornholz.

 

Auch Dr. Thomas Beyerle, Head of Group Research der schwedischen Catella Gruppe meint, dass schon Tendenzen eines Hypes auszumachen seien. „Vor allem da etliche nach Co-Working als Allheilmittel für die Flächenknappheit krähen. Mittlerweile haben wir in den 7 A-Städten etwa 570.000 qm Co-Working Space registriert, wovon für ca. 40% 220.000 qm nur in 2017 Mietverträge abgeschlossen wurden. Ich bin gespannt, wie lange die Auslastung der Flächen noch hoch bleiben wird, besonders weil gerade Branchenführer wie etwa WeWork ihre Kapazitäten alleine in 2018/2019 verdoppeln wollen. Unter 2.500 qm macht es m.E. keinen Sinn mehr diese Flächen überhaupt wirtschaftlich zu betrieben.“

 

Fazit

Co-Working hat sicher seine Existenzberechtigung. Allerdings wird sich erst noch zeigen, welches Potenzial der Flächennachfrage tatsächlich in der Branche steckt. JLL geht aktuell davon aus, dass 2018 der Flächenanteil des Co-Working Space am Gesamtmarkt von derzeit 5% auf 7% steigen wird. Der Flächenumsatz 2018 schätzt JLL auf 250.000 qm. Die verschiedenen Anbieter werden auch in diesem Jahr weiter stark wachsen. Der oft beschriebene Trend, dass Industrieunternehmen einen Teil ihrer Flächen zukünftig flexibel anmieten werden, wird sich noch zeigen, da in erster Linie der Kampf um den gut ausgebildeten Arbeitnehmer letztlich auch über die Attraktivität des Arbeitsplatzes gehen wird. Erst wenn Co-Working auch eine Krise überstanden haben wird, zeigt sich die Nachhaltigkeit dieser „Asset-Klasse“.