Deutsche Hypo – Einzelhandel begünstigt Städte

Der Strukturwandel im Einzelhandel wird sich zu Gunsten der Städte fortsetzen. Das ist ein Ergebnis der am Montag veröffentlichten Studie „Einzelhandelsimmobilien – Trends auf der Angebotsseite“ der Nord/LB-Tochter Deutsche Hypo, die sich mit den generellen Entwicklungen auf der Angebotsseite bei deutschen Einzelhandelsimmobilien befasst. Die Studie basiert auf exklusivem Zahlenmaterial von GfK GeoMarketing. Einzelhandelsimmobilien spiegeln gleichermaßen volkswirtschaftliche, geldpolitische, konjunkturelle, kulturelle, demografische und investitionsstrategische Entwicklungen wider. Regelmäßig werden die Nachfragekomponenten untersucht. Unter Aspekten von Investition und Finanzierung ist aber die Angebotsseite von herausragender Bedeutung. Dieser Aspekt wird aber meist nur für spezifische Standortentscheidungen in engem Umfeld untersucht. Zudem kommt die Studie zu dem Ergebnis, dass trotz relativ schwacher Umsatzentwicklung gerade die Dynamik des Strukturwandels auch zukünftig interessante Investitionsmöglichkeiten biete.

Kurzfristig werde die Entwicklung des Einzelhandels von den Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise geprägt. Der Umsatz werde sinken und auch zahlreiche Einzelhandelsprojekte würden zurückgenommen. Mittelfristig rechnet das Immobilien Research der Deutschen Hypo, dem Kompetenzzentrum für Gewerbeimmobilienfinanzierungen im Nord/LB-Konzern eher mit einer sich wieder stabilisierenden Flächenproduktivität, da Umsatz und Flächen annähernd parallel wachsen werden. Dabei werde die Entwicklung in Ostdeutschland sich der Entwicklung im Westen anpassen.

Eine Stabilität – auf Deutsch: Stagnation – der Einzelhandelsumsätze bezogen auf die Fläche (Flächenproduktivität) ist insofern von Bedeutung, da eine stagnierende Einkommensentwicklung und ein wachsendes Flächenangebot seit 1992 eine Abnahme der Flächenleistung in Westdeutschland von 1992 bis 2003 um ca. 17% brachte. Seither stagnierte sie bis 2008. Jetzt geht es erst einmal wieder abwärts. Veränderung der Konsumgewohnheiten, zunehmende Mobilität, Verschiebungen der Alters- und Einkommenspyramiden, Folgen der Wiedervereinigung, Internethandel und neue Unternehmens- und Einzelhandelskonzepte führen anhaltend zu einer sich verstärkenden Dynamik im Einzelhandel.

Wichtiger Grund für den Strukturwandel zu Gunsten der Städte sei die restriktive Genehmigungspraxis. Die größeren Städte verfügen auf Grund der Zentralitätsaspekte über höhere Flächenanteile und Umsätze pro Einwohner als ländliche Regionen. Der ländliche Raum weist aber insgesamt den höheren Anteil an Umsatz und Ertrag auf. Auf ihn entfielen gut 60% des Umsatzes und knapp 65% der Fläche. A- und B-Städte haben 2008 einen Anteil von nur 20% am Umsatz und 16% an der gesamten Einzelhandelsfläche. Als Flächenillusion erweist sich aber die Annahme, dass die Zunahme der Fläche pro Einwohner parallel zur Größe der Städte verläuft. Denn Großstädte haben geringere Verkaufsflächen pro Kopf.

Die sich immer stärker differenzierenden Konsumgewohnheiten zwingen den Einzelhandel dazu, Konzepte und Betriebsformen anzupassen. Unabhängig davon wird der Internethandel zunächst weiter stark zunehmen. Die wichtigsten demographiegetriebenen Herausforderungen sehen die Researcher der Deutsche Hypo in dem sich weiter verschärfenden Konzentrationsprozess und der Anforderung, seniorengerechte Konzepte zu entwickeln. Gleichzeitig wird auch in der Diskussion um die Einzelhandelsstrategien in den Innenstädten die tatsächlich zunehmende Bedeutung der ländlichen Räume unterschätzt. Investitions- und Expansionsperspektiven gibt es vor allem in den Mittelstädten.

Beim deutschen Einzelhandelsangebot kam es nach der Studie der Nord/LB-Tochter auf Grund veränderter Konsumgewohnheiten und neuer Unternehmensstrategien zu starken strukturellen Veränderungen beim Umsatz und bei der Flächenexpansion. Zwar haben schwaches Umsatzwachstum und deutlicher Flächenzuwachs auf lange Sicht grundsätzlich zu sinkender Flächenproduktivität geführt, aber dieser generelle Trend ist eben nicht in allen Teilmärkten und allen Zeitperioden gültig. In den letzten Jahren erreichte der Abstieg der Flächenleistung den Boden. Jetzt erwartet Deutsche Hypo Immobilienresearch-Leiter Dr. Günter Vornholz zwar konjunkturell bedingt sinkende Einzelhandelsumsätze und damit wieder sinkende Flächenproduktivität; längerfristig sei wieder mit einer Stagnation zu rechnen. Wesentliche Unterschiede zeigen sich bei der Entwicklung in Ost- und Westdeutschland. Nach dem Aufholprozess in Ostdeutschland in den 90er Jahren hat bei nach wie vor geringerer Kaufkraft die Verkaufsfläche pro Kopf heute den Bundesschnitt deutlich überholt.

Eine Trendwende im Zeitablauf hat sich in der Bedeutung der Städte für den Einzelhandel vollzogen. In den 90er Jahren nahm dieser aufgrund der Bauten auf der Grünen Wiese ab (Ausnahme: Flächenanteil in ostdeutschen Städten), in dieser Dekade jedoch zog es den Einzelhandel wieder vermehrt zurück in die Stadt. Dennoch haben die kleinen Städte und der ländliche Raum den größten Anteil am Umsatz bzw. an der Fläche, während die Städte sowohl die höhere Verkaufsfläche pro Kopf als auch die höhere Flächenproduktivität aufweisen.

    Naturgemäß ist nach den Verwerfungen der Nachwendeperiode die Flächenleistung in westdeutschen Städten heute deutlich höher als in ostdeutschen Städten. Sehr unterschiedliche Entwicklungen gibt es zwischen den verschiedenen Städte­clustern. Der Umsatz wuchs in den größeren Städten in den letzten 5 Jahren stärker, während in den 10 Jahren zuvor dies in den mittleren und kleineren Städten der Fall war. Bei der Flächenexpansion dagegen wuchsen die mittleren Städten immer stärker. Die differenzierte Expansionsstrategie der Einzelhandelsunternehmen hat zu größten Unterschieden bei der Flächenproduktivität geführt.

Der Einzelhandel hat jetzt die Innenstädte wieder entdeckt. Differenziert nach einzelnen Größenklassen ist die Bedeutung der Innenstädte umso höher, je kleiner eine Stadt ist. Allerdings ist die Entwicklung nicht einheitlich. Das zeigt auch schon der Vergleich der 8 Großstädte in der Studie. Umsätze und Flächen haben sich ebenso unterschiedlich entwickelt wie die einzelhandelsrelevanten Kennziffern. Entsprechend sind auch die Mieten auf verschiedenen Niveaus und ungleich angestiegen.

Während der Strukturwandel im Einzelhandel in den früheren Dekaden oft rasant und einschneidend verlief, ist heute die bestehende Einzelhandelslandschaft bemerkenswert stabil gegen die erwarteten Veränderungen des Einkaufsverhaltens durch das Internet und passt sich eher kontinuierlich an. Für die Zukunft erwarten die Researcher der Deutschen Hypo, dass die größten Wachstumspotenziale bei den mittleren Städten liegen werden. Sie werden zu den Gewinnern des Strukturwandels gehören, da gerade hier internationale Einzelhändler und Filialisten sowie Shopping Center noch Marktpotenziale sehen. Für die Zukunft ist ebenso davon auszugehen, dass gerade ältere Menschen im Zuge der Reurbanisierung vermehrt in die Städte zurückkehren werden. Damit haben auf die Bedürfnisse dieser Bevölkerungsgruppe abgestimmte Einzelhandelskonzepte gute Erfolgsaussichten an innerstädtischen Standorten. Dies wird bereits durch das Zahlenwerk gestützt, das im Westen seit Beginn der Dekade und im Osten seit 2005 mit überproportionalem Wachstum in den Innenstädten eine „Renaissance der Städte“ erkennbar macht.

Andreas Pohl, Vorstand der Deutschen Hypo, fasst zusammen: „Die Studie bestätigt uns in unserer bestehenden Einschätzung und in unserer Kreditpolitik. Anders als hohe Mieten, internationale Filialistennachfrage und auch Investorenverhalten suggerieren, nimmt aus Volkswirtschafts- und auch aus Finanzierungs-Sicht die Bedeutung der Innenstädte bei weitem nicht so stark zu, wie anhand der Veröffentlichungen zu erwarten wäre. Die erheblich stattfindenden strukturellen Veränderungen führen zu vielen Projekten, so dass sich hieraus attraktive Finanzierungsmöglichkeiten für uns ergeben. Einzelhandelsimmobilien werden somit auch weiterhin wichtiger Bestandteil unseres Portfolios bleiben.“ (Infos: Die Studie steht unter www.deutsche-hypo.de zum Download bereit. Für Fragen steht der Leiter des Immobilien Research Dr. Günter Vornholz unter 0511 / 3045-640 zur Verfügung.)