Die Auswirkung der spanischen Wirtschaftskrise auf den Wohnimmobilienmarkt (I)

Otmar Knoll, Leiter Immobilien-Ankauf und -Verkauf bei der fairvesta Unternehmensgruppe

Die Sorge vieler Investoren um die spanische Wirtschaft ist berechtigt. So stieg die Arbeitslosenquote innerhalb von nur zwei Jahren von unter zehn auf inzwischen deutlich über 20%. 2007 noch konnte das wegen seiner stabilen Wirtschaft als „europäisches Musterland“ gepriesene Spanien mit einem positiven Budgetüberschuss von 1,9% sogar Deutschland abhängen (0,2%).

Selbst vergangenes Jahr konnten die Iberer noch darauf verweisen, dass ihre Gesamtverschuldung mit 53,2% noch deutlich unter der europäischen Durchschnittsverschuldung von 78,8% lag. Die von Deutschland lag im gleichen Jahr übrigens bei 73,2 Prozent und die von Griechenland bei 115,1 Prozent. Dies alleine zeigt, dass der Vergleich zwischen Griechenland und Spanien schon deshalb hinkt, da es die Griechen über die letzten Jahre mit der Gefahr der Neuverschuldung längst nicht so ernst genommen haben und schon länger mit einer vergleichsweise hohen Arbeitslosigkeit kämpfen. Nichts desto trotz brach die spanische Wirtschaft im vergangenen Jahr um 3,6% ein und es wird auch für dieses Jahr ein Rückgang erwartet.

Die Krise der spanischen Wirtschaft wurde nicht zuletzt – ähnlich den USA – durch das Platzen einer Immobilienblase ausgelöst. So zählte die Entwicklung des spanischen Immobilienmarktes von 1996 bis 2006 zu den wachstumsstärksten in ganz Europa. Die Preise für Wohneigentum stiegen in dieser Zeit um 239%, was auch zeigt, dass diese Preise nicht mehr dem Markt angemessen waren. Noch in 2007 machte die Immobilienwirtschaft 18 Prozent des spanischen Bruttoinlandsproduktes aus. Diese Branche war somit – neben dem Konsum und dem Tourismus – der Wachstumstreiber Spaniens in den letzten zehn Jahren. In 2005 entstanden allein in Spanien mehr Häuser und Wohnungen als in Deutschland, Frankreich und Großbritannien zusammen. Folglich ist die Eigentumsquote in Spanien mit inzwischen 85 Prozent mit die höchste in Europa. Diese Zahl ist jedoch rückläufig, da sich viele Immobilienbesitzer inzwischen von ihren Objekten trennen müssen.

Möglich wurde diese Entwicklung durch eine besonders offene Finanzierungssituation, die es zum einen mit den nötigen Bonitäten der Immobilienkäufer nicht so ernst nahm und – zum Teil jedenfalls – Finanzierungen von hundert Prozent und mehr zuließ. Vor dem Hintergrund, dass sich die Immobilienpreise in den letzten Jahren permanent nach oben bewegten, kauften viele Spanier dabei Immobilien vom Reißbrett, um sie nach Fertigstellung mit dem entsprechenden Gewinn zu verkaufen. Anders als in Deutschland erteilten die Banken dabei variable Finanzierungszusagen. Viele Familien erfüllten sich aber auch ihren Wunsch nach eigenem Eigentum und kauften sich Wohnungen oder Häuser – oftmals indem mehrere Generationen in den Immobilien lebten und diese dann auch finanzierten. In 2009 wurde diese an sich wünschenswerte Situation barsch durchbrochen, als der Hypothekenleitzins von vier auf fünf Prozentpunkte kletterte und sich somit die laufenden Hypothekenzahlungen um 25 Prozent deutlich verteuerten. Parallel dazu stagnierten die Baupreise zunächst, um dann deutlich einzubrechen. Projekte, die in der Planphase gekauft wurden, waren nur noch deutlich unter Preis loszuwerden.

Die Konsequenz hieraus ist klar: Da sich in Spanien – anders als in den USA – Kredite auf den voll haftenden Schuldner beziehen und nicht auf die Immobilie, blieb vielen Immobilienbesitzern nur noch die persönliche Insolvenz als Ausweg. Gleichzeitig explodieren seit dieser Zeit die Verwertungsabteilungen der Banken. Parallel dazu ist das Geschäft mit Neubauten nahezu still gelegt. Viele Bauträger und Entwickler gingen insolvent, andere „kämpfen“ noch und hoffen, diese Krise nur irgendwie zu überstehen. Zudem schrieb die Zeitung „El Mundo“ am 23.3.2009, dass seit 2007 rund 70.000 Maklerbüros schließen mussten, was alleine betrachtet zu einem Verlust von 250.000 bis 300.000 Arbeitsplätzen führte. Diese Gesamtentwicklung führte zum vermutlich größten Eingriff, den die spanische  Immobilienwirtschaft jemals erlebt hat.

(Der zweite Teil zum Wohnimmobilienmarkt in Spanien von Otmar Knoll geht auf die unterschiedlichen Entwicklungen in den einzelnen Immobiliensegmenten ein und beschreibt mögliche Trends für die kommenden Jahre. Knoll investiert derzeit antizyklisch in Spanien).