Otmar Knoll, Leiter Immobilien-Ankauf und -Verkauf bei der
fairvesta Unternehmensgruppe
Kommen wir zunächst mit einer guten Nachricht: Nach Einschätzung der Ratingagentur Moody`s sind Spaniens Banken gesünder, als man zunächst erwarten mag. Danach hätten die Banken für einen Großteil der zumeist aus Immobilienfinanzierungen stammenden zu erwartenden Forderungsausfälle ausreichende Rücklagen gebildet.
Auch bestätigen erste spanische Tageszeitungen, dass das Bruttoinlandsprodukt derzeit langsam wieder anzieht, bislang jedoch noch ohne große Auswirkungen auf die Arbeitslosenquote. Diese ist weiterhin auf einem dramatisch hohen Niveau. Die hohe Quote hängt unter anderem auch damit zusammen, dass die spanische Immobilienwirtschaft weitestgehend zusammengebrochen ist. So sank die Anzahl bei den Neubauprojekten zwischen 2007 und heute um über 60%, die Zahl der Baugenehmigungen aktuell je nach Region im Schnitt zwischen 50 und 70%. Was wenig erbaulich klingt, hat auf der anderen Seite aber auch einen positiven Effekt, denn nun passt sich das Angebot langsam der Nachfrage an.
Dies betrifft allerdings größtenteils nur den Neubaubereich. Bei den gebrauchten Wohnimmobilien im Mehrgeschossbereich sieht die Lage dagegen weiterhin Besorgnis erregend aus. „Kauf eine, nimm zwei“ – dieser Werbeslogan mag zunächst ein wenig zynisch klingen. In Wirklichkeit beschreibt er die Situation, in der sich die spanische Immobilienwirtschaft zumindest im niedrigen bis mittleren Preissegment befindet. Denn die Hälfte aller derzeit zum Kauf stehenden Immobilien kostet weniger als 180.000 Euro. Zählt man die bis zum Preis von 300.000 Euro hinzu, liegt die Quote bei über 80%. Dafür gibt es derzeit weniger als ein Prozent an Immobilien im Angebot, deren Preis über einer Million Euro liegt. „Das Angebot im oberen Preissegment ab 800.000 Euro stagnierte eher, da viele Eigentümer ihre Objekte vom Markt nahmen und beschlossen, die Krise abzuwarten, da sie ihr Objekt nicht verschenken wollten“, so die Spanien-Immobilienexpertin Lieselotte Geiger in einer Studie.
Weitestgehend unbekannt ist auch, dass der Preisverfall im Gebrauchtimmobilienbereich seit Mitte des Jahres 2009 weitestgehend ausgebremst ist. Ein Problem hierbei ist, dass spanische Banken derzeit kaum mehr Immobilien finanzieren, die am freien Markt angeboten werden. Gänzlich anders gehen die Banken mit Immobilien um, die aus den eigenen Verwertungsabteilungen stammen. Hier werden – bei entsprechender Bonität des Käufers – nicht nur ausreichend Kredite gewährt, deren Konditionen werden auch „nach dem deutschen Modell“ über Jahre festgeschrieben. Allein diese Situation hat dazu geführt, dass erste Insider berichten, dass der Abverkauf der Immobilien durch die Banken zügig läuft und diese absehbar einen nicht unerheblichen Teil wieder an den Mann oder die Frau gebracht haben werden.
Dabei zeigt es sich auch, dass gerade in der Krise wieder alte Werte zählen. So schreibt die Fachzeitschrift „Bellevue“ in einem Spanien-Spezial, dass die Weisheit, wonach bei Immobilien zunächst die Lage zählt, dann die Lage und schließlich die Lage, mehr Bedeutung hätte denn je. Interessant ist dabei auch, dass zwar die Nachfrage von Ausländern, Immobilien in Spanien zu erwerben, generell nachgelassen hat. Nach einer Studie der Bausparkasse BHW ist aber das Bedürfnis der Deutschen nach Immobilienerwerb in Spanien ungebrochen.
Eine gänzlich andere Situation zeigt sich im Bereich von Luxusimmobilien, also in der Regel von Objekten, die mehr als eine Million Euro kosten. Es handelt sich dabei nicht um Massenwaren des spanischen Baubooms, sondern um Objekte von hochwertiger Bauqualität und meist besonderen Lagen. Dieses Preissegment ist von der spanischen Immobilienkrise kaum oder nur mittelbar betroffen. Das leicht zunehmende Angebot, wobei die Gründe noch beschrieben werden, stellt eher ein Vorteil für Käufer dar. Diese Immobilien sind in der Regel nicht finanziert. Sie kommen deshalb an den Markt, weil ihre Besitzer zunehmend älter werden und oftmals beschwerliche Modernisierungsmaßnahmen anstehen. Zudem sorgt ein gewisser meist emotional bedingter Druck aus dem Umfeld dafür, sich Gedanken darum zu machen, ob die Preise in diesem Segment nicht doch sinken könnten. Schließlich sind auch wohlhabende Familien betroffen, die das Geld aus dem Verkauf für dringend notwendige Maßnahmen im meist eigenen Unternehmen benötigen.
Schon jetzt ist dabei festzuhalten, dass in allen diesen Fällen weder die Immobilie noch die zumeist sowieso nicht vorhandene Finanzierung das Problem darstellen, sondern die persönliche Lebenssituation der Betroffenen. Da ihr Verkauf aber in eine Phase fällt, die wenig differenziert zunächst einmal alles kritisch beäugt, worauf Immobilie steht, lassen sich derzeit nur kaum realistische Verkaufspreise erzielen. Dabei spielt neben der Architektur aber insbesondere die Lage und die Verwertbarkeit der Immobilie eine wichtige Rolle. So wurden die zuletzt durch uns erworbenen Immobilien von Grund auf entkernt und neu aufgebaut, was in Anbetracht der vorhandenen Grundsubstanz und der einzigartigen Lage zu mehr als der Verdoppelung des Verkehrswertes führte.
Ähnlich wie bei den Luxusimmobilien verhält es sich inzwischen auch mit den Baugrundstücken an exponierten Stellen. So hätten sich nach einem aktuellen Beitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die Grundstückspreise in Spanien stabilisiert und würden sogar in besonderen Lagen schon wieder anziehen. Die Gründe sind denen von Luxusimmobilien sehr nahe: Besondere Grundstücke, zumal mit Blick auf das Meer, sind nicht multiplizierbar. Aufgrund einer restriktiven Vergabe von Bauflächen direkt am Wasser oder in unmittelbarer Nähe wird das Angebot zudem noch knapper. Die Stunde der Käufer ist also da. Und – da sind sich alle Fachleute sicher – die Stunde der Verkäufer dürfte nicht lange auf sich warten lassen, wenn sich die sich abzeichnenden Immobilienzyklen entsprechend fortsetzen und die Preise wieder deutlich anziehen. (Otmar Knoll investiert derzeit antizyklisch und ausgewählt in ein Nischensegment in Spanien).