Die Forderung nach Wiedereinführung der degressiven AfA im Wohnungsbau – Zweischneidiges Schwert mit wenig Einfallsreichtum

Prof. Dr. Karl-Georg Loritz, Universität Bayreuth, Steuerberater

Etwas mehr als 10 Jahre nach Auslaufen der Sonder-AfA des Fördergebietsgesetzes und nur wenige Jahre nach Abschaffung der degressiven AfA im Wohnungsbau wird von verschiedenen Gruppen deren Wiedereinführung gefordert. Die degressive AfA war damals mit der vorgeschobenen Begründung eingestellt worden, Deutschland sei ausreichend mit Wohnraum versorgt. Allen Fachleuten war klar, dass dies in den Ballungsgebieten nicht zutraf.

Angesichts der jährlich über 200.000 aus dem Bestand ausscheidenden Wohneinheiten wegen Umwidmung oder Alters reichen die derzeitigen Fertigstellungszahlen, die sich auf einem historisch niedrigen Niveau befinden, nicht aus, um in Ballungsgebieten dauerhaft eine flächendeckende Versorgung mit angemessenem und für weite Kreise der Bevölkerung auch bezahlbarem Wohnraum sicherzustellen. Vor allem einkommensschwache und kinderreiche Bürger haben schon heute in Ballungsgebieten erhebliche Probleme, Wohnraum zu einem für sie bezahlbaren Preis zu finden. So gesehen muss sich an der derzeitigen Situation etwas ändern.

Ist allerdings die Wiedereinführung der degressiven AfA hierfür das richtige Mittel? Die steuerliche „Belohnung“ eines Investors mit erhöhter AfA ist zwar in vielen Fällen aus dessen Sicht geeignet, ihn zur Investition anzuregen; denn dadurch hat er infolge der Minderung der Steuerlast mehr Liquidität zur Verfügung. Das nützt aber nur dann, wenn aus der Quelle in die investiert wird, bereits steuerpflichtige Erträge fließen oder aus anderen Einkunftsarten ein positives zu versteuerndes Einkommen vorhanden ist, das dann im Wege des vertikalen Verlustausgleichs gemindert wird. Tatsächlich bedeutet die erhöhte AfA im Wohnungsbau die steuerliche Förderung von Verlusten; denn dann werden wieder in großem Umfang Wohnungen mittels hoher Fremdfinanzierung erworben.

Wie die Vergangenheit gezeigt hat, kommt es sehr leicht zu Fehlallokationen, wenn Menschen investieren, ohne sich nachhaltig um Rendite zu bemühen. Wir alle kennen das Werben der Verkäufer, die errechneten, wie die Annuitäten zu einem erheblichen Teil aus den Steuerersparnissen bedient werden konnten. Gerade dieser Zustand, der aufgrund des Fördergebietsgesetzes zu milliardenschweren Fehlallokationen und auch zu Insolvenzen der Investoren geführt hat, sollte zukünftig vermieden werden. Wir dürfen schließlich die deutsche Mentalität nicht außer Acht lassen: Wie beispielhaft die Riesterrente zeigt, werden sogar wenig konkurrenzfähige Kapitalmarktprodukte erworben, wenn es nur eine staatliche, vor allem eine steuerliche Förderung gibt. Der Steuerspartrieb lebt nach wie vor!

Belohnt werden müssen der Einsatz von Eigenkapital und das Erzielen von positiven Erträgen. Ich halte dabei aber wenig von Vorschlägen, wonach die Eigenkapitalbeiträge und Tilgungsleistungen in den ersten Anfangsjahren in möglichst großer Höhe sofort absetzbar sein und es nach 25 Jahren eine Nachversteuerung geben soll. Das brächte großen bürokratischen Aufwand und stellte für die Erben eine Steuerfalle dar.

M.E. sollte das ökonomisch richtige und wünschenswerte Verhalten gefördert werden. Dazu gibt es verschiedene Möglichkeiten. So könnten die steuerlichen Überschüsse und Gewinne aus Wohnungsinvestments, jedenfalls bis zu einer gewissen Höhe, mit einem niedrigen Steuersatz von z.B. 25 % besteuert werden. Die Werbungskosten müssten aber, anders als bei abgeltungsteuerpflichtigen Kapitaleinkünften, vollumfänglich abgezogen werden können. Eine günstigere Besteuerung der Gewinne bzw. Überschüsse liefe allerdings bei Wohnungen überall dort ins Leere, wo sie die Eigentümer mit wenig Eigenkapitaleinsatz erworben hätten, weil sie dann über viele Jahre keine Erträge abwerfen.

Aber gerade darüber muss diskutiert werden. Wollen wir wirklich wieder Anleger ohne Eigenkapital in hohe fremdfinanzierte Immobilieninvestments locken? Das mag in Zeiten seine Berechtigung gehabt haben, in denen die Immobilienpreise kontinuierlich gestiegen sind und auf Banken Verlass war. Beides ist nicht mehr der Fall. Hoch fremdfinanzierte Immobilieninvestments bedeuten ein hohes Risiko. Ist es nicht besser, diejenigen Menschen zu Wohnungsinvestments anzuregen, die auch das nötige Eigenkapital haben, für die sie also Geldanlage und kein „Absparmodell“ sind?

Dann wird auch die Immobilie nicht wieder zu einer Kapitalanlage pervertiert, bei der das oberste Ziel darin besteht, Verluste zu produzieren. Sinnvoller erscheint es, jedenfalls bei Neubeauwohnungen alles zu tun, dass Erwerber und ihnen folgend gezwungenermaßen auch Bauträger an der Renditeerzielung und nicht an der Preis- und Kostentreiberei interessiert sind. Eine steuerliche Förderung der Erträge hat den Vorteil, dass die Vermieter und Investoren, anders als zu Zeiten des Fördergebietsgesetzes, nicht blindlings und zu völlig überteuerten Preisen Wohnungen erwerben, weil Verluste „benötigt“ werden. Auch muss eine Förderung endgültig, also ohne Rückzahlungspflicht sein. Der Gesetzgeber kann die Förderung eventuell zeitlich befristen und auf diese Weise erproben. Anders mag sich die Situation bei der Renovierung und energetischen Sanierung von Bestandsimmobilien darstellen. Hier wird man nicht ohne erhöhte AfA oder Sonder-AfA oder eine andere steuerliche Förderung auskommen, weil die ja schon vorhandenen Eigentümer sonst die enormen Kosten nicht aufbringen können.

Insgesamt wird sich allerdings im Wohnungsbau trotz steuerlicher Förderung nicht viel bewegen, solange nicht wenigstens ein Mindestmaß an „Marktwirtschaft“ auch beim mietrechtlichen Kündigungsschutz wieder einkehrt.