Elbphilharmonie – In letzter Minute geeinigt

Jürgen Hoffmann

Die Frist lief am Mittwochabend ab. Der Hamburger Senat hatte den Baukonzern Hochtief vor 14 Tagen ultimativ aufgefordert, die unterbrochenen Arbeiten an der Elbphilharmonie wieder aufzunehmen. Und in letzter Minute einigten sich die beiden Parteien tatsächlich: Hochtief und die Stadt Hamburg werden das Jahrhundertbauwerk gemeinsam zu Ende bauen. Als neuer  Fertigstellungstermin wurde Mitte 2015 vereinbart.

Elbphilharmonie (Foto: Andre Eberhard)

Elbphilharmonie (Foto: Andre Eberhard)

Die Chronologie der Ereignisse beginnt 2003: Nach der ersten Planung wird von voraussichtlichen Baukosten von 40 Millionen Euro gesprochen. Ein Jahr später wird der Bau der Elbphilharmonie in der Hamburger Hafencity schon mit 77 Millionen Euro kalkuliert. Als 2007 der Vertrag zwischen der Stadt und dem Baukonzern Hochtief unterschrieben wird, ist die Rede von Kosten in Höhe von 114 Millionen Euro. Dann begann die Zeit der Nachträge, Aufschlägen und Streitigkeiten zwischen den Parteien. Die avisierte Bausumme kletterte auf 300 Millionen und dann sogar auf 323 Millionen Euro. Für die Explosion der Kosten machte Hochtief mal das Architektenbüro Herzog & de Meuron verantwortlich, dann die Statiker, die Planer und immer wieder vor allem die Stadt. Zum Jahreswechsel 2011/2012 wurde bekannt, dass der Baukonzern von der „Stadt der Ehrbaren Kaufleute“ weitere 180 Millionen Euro verlangt. Damit wären die Gesamtkosten für die Errichtung des neuen Mega-Konzerthauses, für die der Steuerzahler geradestehen muss, auf sagenhafte 500 Millionen Euro gestiegen. Hamburg lehnte ab. Nichtsdestotrotz: Man muss kein Hellseher sein, um zu prophezeien, dass mit 323 Millionen Euro das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht ist. Mindestens 100 Millionen Euro teurer dürfte das Projekt schließlich werden.

Der Versuch, sich Anfang dieses Jahres außergerichtlich zu vergleichen, schlug fehl. Durch mehrere Gerichtstermine ab Januar, in denen geklärt werden sollten, wer für Zusatzkosten verantwortlich ist, wurde noch mehr Öl ins Feuer gekippt. So wurde im Rathaus der Stadt von „Erpressung“ des Baukonzerns gesprochen. Und tatsächlich zog Hochtief plötzlich seine Arbeiter ab und stellte sämtliche Tätigkeiten an wichtigen Bereichen der halbfertigen Philharmonie ein. So arbeite seit Monaten niemand am Dach der Elbphilharmonie, das wie eine riesige, gläserne Welle auf dem ehemaligen Speichergebäude liegen wird. Hochtief begründet den Baustopp mit „erheblichen Sicherheitsbedenken“. Von der Stadt beauftragte Gutachter sind anderer Ansicht.

Ursprünglich sollte as Prestigeobjekt im März 2010 fertig gestellt sein. Auch der zweite, vor vier Jahren festgelegte Einweihungstermin, der November 2011, verstrich. Und Skeptiker vermuten, dass es auch 2015 noch keinen Schlusspunkt hinter der Never-ending-Story geben wird. Doch die Weichen für ein gutes Ende sind gestellt: Ein Teil der am Mittwoch ausgehandelten Abmachung sieht vor, dass das Dach noch 2012 fertig gestellt wird. Außerdem hat man sich, so hört man aus dem Rathaus, darauf verständigt, dass Hochtief die Planungen intensivieren und dabei enger mit den Generalplanern zusammen arbeiten soll.

Viele Hamburger trösten sich mit einem Blick nach Sydney. Dort wurde mit dem Bau der heute weltberühmten Oper 1959 begonnen. 1965 sollte die Immobilie bezugsfertig sein. Tatsächlich konnte die Oper aber erst acht Jahre später eröffnet werden. Die Baukosten, die zunächst mit sieben Millionen Euro veranschlagt worden waren, lagen am Ende bei 350 Millionen Euro. 1966 hat Sydney dem „Vater“ der Idee, dem Architekten Jorn Utzon, den Geldhahn abgedreht. Drei junge australische Architekten vollendeten das Bauwerk.