Fonds-Check: Lorelei soll auch Amerikaner locken

Hamburgische Seehandlung bringt zweiten Fonds mit Flusskreuzfahrtschiffen

110 Meter Länge – das ist bei Flusskreuzfahrtschiffen die magische Grenze. Bei kleineren Exemplare verhagelt die niedrigere Anzahl von Kabinen und damit verbunden die geringere Einnahme den Profit. Größere Schiffe passen nicht in die zahlreichen Schleusen der Flüsse und unterliegen außerdem der Klassifizierung, einer Art TÜV für Schiffe. Das heißt: Sie müssen regelmäßig aufwändig und teuer durchgecheckt werden. 110 Meter lang sind auch die beiden neuen Flussfahrtkreuzer im Fonds der Hamburgischen Seehandlung. Ab 10.000 Euro plus drei Prozent Agio fahren Anleger beim aktuellen Angebot „Flussfahrt ´09“ mit.

 

Objekte: Zeichner finanzieren zwei neue Flusskreuzfahrtschiffe. Beide wurden von der niederländischen Werft Den Breejen zum Preis von 12,6 Millionen Euro gebaut und bieten 138 Passagieren in 69 Kabinen Platz. Das entspricht einem Wert von 91.300 Euro pro Passagier und spiegelt den aktuellen Markt wider. Service und Ausstattung werden im Vier-Sterne-Bereich eingestuft.

 

Markt: Mit der Situation der Containerschiffe, Massengutfrachter und Tanker hat die Kreuzfahrt und erst recht die Flusskreuzfahrt nichts zu tun. Am ehesten lassen sich Bezüge zur Hotelerie herstellen, die auch von der Entwicklung der Tourismusbranche abhängt. Wo aber auch viele Hotels derzeit jammern, zeigt sich der Flusskreuzer-Markt relativ entspannt. Rund 384.000 deutsche Passagiere befuhren im vergangenen Jahr mindestens fünf Tage am Stück über die Flüsse Europas. Das ist ein Plus von 15 Prozent gegenüber 2007. Die Umsätze kletterten entsprechend um mehr als zwölf Prozent auf 443 Millionen Euro. Experten wie Helge Grammerstorf von Sea Consult, einem Unternehmen, das sich auf die Analyse von Kreuzfahrtmärkten spezialisiert hat, beziffern den Anteil deutscher Passagiere auf 60 Prozent. Rund 20 Prozent sollen aus Amerika kommen, doch gebe es dazu keine verlässlichen Zahlen. Wie bedeutend die Amis sind, belegt jedoch alleine der aktuelle Prospekt des Charterers und Reiseveranstalters Avalon Waterways. Die Broschüre liegt in allen Kabinen aus und ist auf englisch verfasst. Alle Reisepreise sind in US-Dollar angegeben.

 

Charterer: Avalon ist eines von 15 bis 20 potenziellen Unternehmen, die als Charterer von Flusskreuzfahrtschiffen europaweit in Frage kommen. Damit ist der Markt relativ eng. Avalon ist Teil der Globus Gruppe, einem Schweizer Reiseveranstalter mit 3.000 Mitarbeitern weltweit. Hauptgesellschafter sind die Gründer-Familien Mantegazza und Albek. Unternehmenszahlen müssen und wollen die Schweizer nicht herausrücken, haben sich aber persönlich verpflichtet, die Einnahmen über die Vertragslaufzeit von rund sechs Jahren zu zahlen. Eine anschließende Option kann nicht nur für Avalon interessant sein, sondern auch für die Zeichner. Denn der Charterer kann die Schiffe nur zu vorab festgelegten Preisen kaufen, so lange er sie auch nutzt. In diesem Falle würden die Anleger mit ihrem Investment eine Rendite von 8,8 Prozent jährlich erzielen.

 

Einnahmen: Die Charter teilt sich auf in eine Euro-Tranche und in einen Teil in Schweizer Franken, der komplett dazu genutzt wird, das ebenfalls in Franken valutierende Darlehen zu bedienen. Während der Erstcharter überweist Avalon jährlich 1,074 Millionen Euro und 736.000 Franken. Das entspricht beim aktuellen Kurs von 65 Eurocent pro Franken einem Einkaufsfaktor von 8,1 Jahreseinnahmen. Dagegen ist nichts einzuwenden. Nach Ablauf der Verträge rechnet der Fonds mit rund drei Prozent höheren Chartern weiter. Das ist zurückhaltend kalkuliert. Inklusive des Verkaufserlöses würden Anleger nach zwölf Jahren auf einen Gesamtmittelrückfluss von 188 Prozent ihres Einsatzes inklusive Agio und somit auf einen Gewinn von 85 Prozent kommen.

 

Weiche Kosten: Die Nebenkosten summieren sich auf rund 24 Prozent des Eigenkapitals inklusive Agio – ein für Schiffe typischer Wert.

 

Steuern: Bis einschließlich 2019 verrechnen sich die Steuern mit den Abschreibungen. Daher bietet sich ein Verkauf zwei Jahre später an. Wird der Fonds, wie in einem Alternativ-Szenario ausgerechnet, erst nach 18 Jahren aufgelöst, fallen in den späteren Jahren Steuerzahlungen von im Schnitt rund fünf Prozent an.

 

Anbieter: Hamburgische Seehandlung ist ein Emissionhaus der F.Laeisz-Gruppe und deren Gesellschafter, die 90 Prozent der Anteile halten. Zehn Prozent gehören Thomas Ritter, der die Seehandlung vor 14 Jahren aufgebaut hat. Bislang hat sie 21 Fonds mit 24 Schiffen aufgelegt, darunter auch Kreuzfahrt- und Flusskreuzfahrtschiffe. Bislang liegt der kumulierte Mittelrückfluss im Schnitt auf Prospektniveau.

 

Meiner Meinung nach… Lorelei, Wien, Budapest, Deutsches Eck – die Sehenswürdigkeiten am Rande deutscher und europäischer Flüsse sind vielfältig. Zwar stellen Deutsche den größten Anteil unter den Fahrgästen, doch ist die Bedeutung der Touristen aus Übersee nicht zu unterschätzen. Die schreckt der im Vergleich zum Dollar teure Euro, auch wenn sie die Reise in ihrer Landeswährung bezahlen. Beim Landgang oder beim Bier an der Bar sind Euro fällig. Grundsätzlich dürfte der Trend zum Flüsse fahren anhalten – ein Vergnügen, das sich eher ältere Semester leisten. Das Durchschnittsalter der Passagiere liegt derzeit bei 58 Jahren. Die Kalkulation klingt vernünftig. Dennoch ein Angebot nicht ohne Risiken. Die Reederei Deilmann hat kürzlich Insolvenz angemeldet, wohl weil sie Flussreisen teilweise nur über erhebliche Discounts verkaufen konnte. Wer solche und andere fondstypische, unternehmerischen Risiken tragen kann, findet mit dem „Flussfahrt`09“  eine Alternative zur derzeit gebeutelten Handelsschifffahrt.



Über den Autor

Markus Gotzi

Chefredakteur „Der Fondsbrief“
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Er ist Träger des Deutschen Journalistenpreises und des Deutschen Preises für Immobilienjournalismus. Viele Jahre lang verfasste der Diplom-Journalist Artikel zu allen Themen rund um die Immobilie und andere Sachwerte in der Financial Times Deutschland. Zudem war Markus Gotzi vier Jahre als Redakteur für das Wirtschaftsmagazin Capital tätig.

Aktuell publiziert er unter anderem in überregionalen Blättern wie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) und in Branchenmagazinen wie dem Immobilien-Manager. Zudem ist Markus Gotzi Chefredakteur des Fachmediums »Der Fondsbrief«, dem bundesweit auflagenstärksten Newsletter mit Schwerpunkt geschlossene Beteiligungsmodelle und Sachwertinvestitionen.