Geschlossene Fonds – Trendwende trotz Schönheitsfehlern

Geschlossene Fonds waren 2009 in eine schwere Krise gestürzt. Auf dem VGF Summit, dem neuen Maßstab der Fondstagungen mit beinahe 1.200 Teilnehmern, legte der VGF sein neuestes Zahlenwerk für 2010 vor. Mit Spannung wurde erwartet, ob der Aufwärtstrend des letzten Quartals 2010 für Erholung am Markt gesorgt hat. Im Ergebnis konnte der Absturz gestoppt werden. Von rasanter Erholung keine Spur. Die „Corephorie“ bei Initiatoren, Anlegern und Vertrieb treibt weiterBlüten.

Mit 5,8 Mrd. Euro konnten deutsche Emissionshäuser mit geschlossenen Fonds 13% mehr Kapital einsammeln als noch 2009. Das Zahlenwerk signalisiert einen durchschrittenen Wendepunkt. Der Dezember hat es gebracht. Die Zahlen signalisieren eine Jahresendralley. Trockener Kommentar eines Insiders: Da waren die Initiatoren selbst die besten Kunden. Manche Fonds wurden in die eigenen (Konzern-) Bücher genommen. Dennoch war die Stimmung gut. Einige Player spielten sogar richtig gute Umsätze ein. Ob der neue Umsatzboden für alle reicht oder ob der Markt vielleicht wieder die Kurve kriegt, werden die kommenden zwei Jahre zeigen. Auch beim Bankenverhalten sehen die Zahlen ganz  gut aus. Derzeit liegt das Fondsvolumen des Gesamtmarktes bei 10,8 Mrd. Euro. Das sind ca. 1,5 Mrd. Euro mehr als 2009. Das Fremdkapital konnte die 5 Mrd. Euro Hürde überspringen, nachdem Ende 2009 4,25 Mrd. Euro Fremdkapital bei Initiatoren verbucht werden konnte. Allerdings dürften viele Mittelständler ein Lied davon singen können, dass an eine Eigenkapitalvorfinanzierung kaum noch zu kommen ist.

Allerdings bleibt Unsicherheit über den Trendwechsel. Der Dezember trug 833 Mio. Euro zum Ergebnis bei. Ob das wirklich Anlegereuphorie oder Ergebnis einer Buchbereinigung zum Jahresende war, ist offen. Die restlichen Monate bewegten sich zwischen 371 Mio. Euro und 608 Mio. Euro. Ohne Private Placements und Gelder institutioneller Investoren, die richtig zum Umsatz beitrugen, würden die Zahlen wohl deutlich unterhalb der 5 Mrd. Euro Eigenkapitalgrenze liegen. Dabei geht es noch nicht einmal um das Absatzzahlenwerk der Branche, sondern um die rationale Frage, was vom Umsatz bei den Initiatoren verbleibt. Die Hinzurechnung der Gesamtvertragssummen bei Sparverträgen zeichnet hier sicher ein optimistisches Bild. Bei Eigenkapitalerhöhungen von Problemfonds handelt es sich zwar um eine Vertriebsleistung, jedoch bekommt der Initiator selten etwas davon ab. Oft muss er als Sanierungsbeitrag seinerseits noch auf Honorare verzichten. Auch das institutionelle Geschäft dürfte professionell und transparent kalkuliert sein.

Berücksichtigt man, wo der Markt herkommt, machen die Absolutbeträge durchaus Sorgen. Handelt es sich wirklich um eine Trendwende oder ist das vielleicht sogar der Boden, der nach Regulierung, Krise und Marktanpassung übrig bleibt, wie z. B. Leistungsbilanzspezialist Hannes Nickel auf einer Podiumsdiskussion vermutete, ist die Frage.  Zwischen 1999 und 2008 konnten regelmäßig zwischen 8 und 11 Mrd. Euro Eigenkapital platziert werden.

Noch nie investierten institutionelle Investoren soviel Geld in geschlossene Fonds. Insgesamt trugen Versicherungen, Pensionskassen und Co. 620 Mio. Euro zum Gesamtvolumen bei. Den größten Anteil haben dabei Versorgungswerke mit 219 Mio. Euro sowie Versicherungen mit 208 Mio. Euro gefolgt von Corporates (91 Mio. Euro) und Pensionskassen (65 Mio. Euro). Bei privaten Investoren läuft das Hauptgeschäft nach wie vor über Banken. Über diese investierten Anleger 2,57 Mrd. Euro in geschlossene Fonds gefolgt von freien Vertrieben mit 1,8 Mrd. Euro.

Bei der monatlichen Betrachtung wird deutlich, dass im Jahresverlauf lediglich Immobilienfonds mit platziertem Eigenkapital über 100 Mio. Euro pro Monat aufwarten kann. Alle anderen Assetklassen haben bis November 2010 unterhalb der 100 Mio. Euro Grenze gelegen. Das verdeutlicht die Situation bei vielen Emissionshäusern, denn einige dürften im Dezember noch Anteile ihrer Fonds in die eigenen Büchern genommen haben.

Übrigens: Scope erwartet für 2011 schrumpfende Platzierungszahlen. Wir bleiben optimistisch. Der Knackpunkt wird sicher, bezogen auf Immobilienfonds, der Einkauf sein. Die „Corephorie“. Allerdings hat man den (Fonds-) Eindruck, dass Core die neue Denglisch-Variante für Mietvertrag ist. An Mietverträge im Betonkorsett zu kommen, dürfte in Deutschland zu akzeptablen Preisen sicher schwer werden. Overrented sale and lease back zu überhöhten Preisen findet leicht den Weg in die Prospekte.

Deutschland hui – Ausland pfui

Gefragt waren 2010 in erster Linie Immobilienfonds mit inländischen Immobilien. Hier legten Anleger 1.624,2 Mio. Euro an. Das sind 46% mehr als noch 2009. Das Investitionsverhalten spiegelt die Hauptmotivation der meisten Anleger wieder. Dieser will vor allem Sicherheit, die, wie er meint, vor allem in deutschen Immobilien mit 10 Jahren Mietsicherheit zu finden ist. So sieht sich derzeit in deutschen Immobilienfonds insbesondere die klassische single tenant Immobilie mit lang laufendem Mietvertrag. Da macht es nichts, dass der Anleger hier vielleicht auf den einen oder anderen Prozentpunkt Rendite verzichten muss.

Auf Platz 2 in der Anlegergunst folgen Schiffsbeteiligungen mit 996,3 Mio. Euro. Allerdings relativiert der hohe Anteil an Nachschüssen das Ergebnis. 285,6 Mio. Euro mussten Anleger in geschlossene Schiffsfonds nachschießen. Das sind fast ein Drittel. In der Hochphase des Marktes platzierten Anleger in Schiffsbeteiligungen über 3 Mrd. Euro.

Derzeit rollt die nächste Welle der Schiffsbeteiligungen auf den Markt. So hat zum Beispiel Voigt & Collegen aus Düsseldorf den ersten Schiffsfonds freigegeben. Das Jahr 2011 wird sicher wegweisend. Anziehender Welthandel wird eine Chance für Schiffsinvestments sein. Größtes Problem bei Schiffsfonds dürften die Finanzierungsmöglichkeiten sein. Auch bei Anlegern heißt es wieder Vertrauen zu gewinnen. Das könnte allerdings schwer werden. Manche Insider prognostizieren für Schiffsfonds noch schwere Zeiten.

Gewinner 2010 waren neben Immobilien- und Schiffsfonds auch Energiefonds, Flugzeugfonds, Private Equity Beteiligungen und Leasingfonds, wobei lediglich Energiefonds das beste Ergebnis seit 11 Jahren erzielen konnte.

Immobilienfonds gewinnen erstmals seit 2004 wieder leicht

Geschlossene Immobilienfonds waren 2010 vor allem mit inländischen Immobilien gefragt, während ausländische Immobilienfonds zu den Verlierern gehörten. Für den Gesamtmarkt lässt sich sagen, dass erstmals seit 2004 wieder mehr Geld in Immobilienfonds floss. 4,39 Mrd. Euro bedeutet immerhin ein Plus von ca. 90 Mio. Euro. Trotzdem sind Immobilienfonds damit noch weit hinter dem Durchschnitt. Zu dem leichten Anstieg führte darüber hinaus nur eine höhere Aufnahme von Krediten bei Initiatoren. Das Eigenkapital hingegen sank erneut von 2,4 Mrd. Euro auf 2,3 Mrd. Euro.

Ausländische Immobilienfonds waren 2010 auf dem Rückzug

Vor allem Australien verlor in der Gunst der Emissionhäuser. Vornehmlich Real I.S. hatte 2009 noch Schlagzeilen mit australischen Immobilienfonds gemacht. 345,31 Mio. Euro investierten Anleger 2009 Down under. Im letzten Jahr waren es gerade mal 55,35 Mio. Euro. Beliebtestes Investitionsland war 2010 die Niederlande. Noch im November konnten wir uns selbst von einigen Objekten deutscher Emissionshäuser in den Niederlanden überzeugen. So investieren derzeit Wölbern, Real I.S. und Nordcapital in Amsterdam, Den Haag und Rotterdam. 229,44 Mio. Euro investierten Anleger (2009: 197,26 Mio. Euro). Auf Platz 2 der beliebtesten Anlageländer deutscher geschlossener Immobilienfonds folgt Belgien mit 121,43 Mio. Euro (2009: 66,09 Mio. Euro) und Großbritannien mit 105,42 Mio. Euro (2009: 46,86 Mio. Euro). In die USA floß hingegen nur noch 34,1 Mio. Euro. 2009 waren es noch 170,67 Mio. Euro. Derzeit investiert lediglich Walton als deutsches Unternehmen in den USA. Auf dem deutschen Markt lässt sich lediglich noch das amerikanische Unternehmen TSO mit seinem TSO DNL Fund III finden.

Gewinner 2010

Meister aller Klassen ist, wie im letzten Jahr die KGAL aus Grünwald. Mit 428,33 Mio. Euro sammelte das Unternehmen deutlich mehr Geld ein als der zweitplatzierte WealthCap (275,25 Mio. Euro). Allerdings haben die Grünwalder im letzten Jahr allein 235,7 Mio. Euro bei institutionellen Anlegern einwerben können. Private Investoren investierten 192,6 Mio. Euro in KGAL Produkte. Das Eigenkapital des zweitplatzierten WealthCap kommt dagegen nur von privaten Anlegern. Die Münchener konnten so Marktführer bei den Publikumsfonds werden.

Die Top 3 komplettiert Nordcapital mit 239,64 Mio. Euro. Zu den Gewinnern unter den Top 10 gehört auch die Hamburger Immobilien Handlung (HIH). Mit 210,5 Mio. Euro sammelte das Unternehmen 323% mehr Geld ein als noch 2009. Die Hamburger hatten im letzten Jahr das prominente Siemens-Areal in München als Private Placement im Angebot sowie einen Fonds in Neuseeland, Belgien und Großbritannien. Alle konnten innerhalb kurzer Zeit platziert werden.

Auch die Deutsche Fonds Holding (DFH) platzierte im letzten Jahr über 250% mehr Kapital als 2009. Die Stuttgarter haben derzeit 4 Immobilienangebote im Vertrieb und mit dem Fürstenhof in Frankfurt, lt. Herausgeber Werner Rohmert auch wieder eine echte Core-Immobilie.

Als dritter Gewinner hat sich Aquila Capital aus Hamburg gerade noch in den Top 10 platzieren können. Das Unternehmen sammelte 2010 mit 123,2 Mio. Euro 228,4% mehr als 2009 ein. Das Unternehmen investiert derzeit über den AC AgrarInvest III in Farmen in Neuseeland.

Immobilienfonds-Primus kommt aus Hamburg

Hamburger Immobilien Handlung heißt der beste Initiator bei geschlossenen Immobilienfonds 2010. Die Hamburger sammelten mit Immobilienfonds 210,5 Mio. Euro ein. Allein das Siemens-Areal Private Placement schlägt mit 350 Mio. Euro zu Buche, die zusammen mit Partner RFR Holding innerhalb von 15 Wochen platziert werden konnte. Auf Platz zwei folgt Real I.S. mit 191 Mio. Euro. Die Münchner haben derzeit einen Deutschlandfonds sowie zwei ausländische Immobilienfonds im Angebot. Im letzten Jahr hatte sich Real I.S. vor allem durch Immobilienfonds mit australischen Immobilien einen Namen gemacht. Mittlerweile investiert das Unternehmen auch wieder in den Niederlanden, Großbritannien und Frankreich. Auf Platz drei folgt die DFH. Auch MPC hat sich von seinem Tiefpunkt 2009 langsam erholt und platzierte mit Immobilienfonds 2010 wieder 130,8 Mio. Euro. HCI, einer der prominenteren Anbieter der letzten Jahre, der stets unter den Top 10 zu finden war, hat sich, nach interner Konsolidierung auf gleichem Niveau halten können. Das Unternehmen sammelte mit 107,97 Mio. Euro nahezu den Vorjahreswert ein.

Wie geht es weiter?

2011 wird ein wegweisendes Jahr. Neue Regulierungen stehen an und das Image des „grauen Kapitalmarktes“ will endgültig abgelegt werden. Für Immobilien, erneuerbare Energien und Flugzeuge ist der VGF optimistisch. Bei Schiffen hingegen scheint Skeptik zu herrschen, auch wenn der VGF das nicht offen ausspricht. Hier wird sich zeigen, welches Produkt bei Anlegern ankommt. Wer günstig einkaufen kann, wird Anlegern auch ein konkurrenzfähiges Produkt bieten können. Ein Fragezeichen bleibt auch die Finanzierungsseite. Mit der HSH Nordbank befindet sich der größte Schiffsfinanzierer der Welt auf deutschem Boden, der noch nicht wieder in sicheren Gewässern ist.