Gewerbeimmobilienmarkt – Hamburg „schwimmt“ gegen den Strom

Gewerbeimmobilieninvestoren entdecken die deutsche Provinz: Während in den mittelgroßen Städten das Transaktionsvolumen mächtig anzieht, stagniert der Markt in den Großstädten – mit wenigen Ausnahmen. In Hamburg zog das Transaktionsvolumen an

Als Renditebringer haben Bundesanleihen längst ausgespielt. Am Aktienmarkt überwiegen nach den hohen Kursanstiegen aus Sicht konservativer Investoren die Risiken inzwischen deutlich die Ertragschancen. Was bleibt, sind Immobilien. Weil die Mietpreisbremse das Ertragswachstum bei Wohnobjekten in Großstädten deckeln wird, wenden sich Altersvorsorgeeinrichtungen, Family Offices, Fonds, Stiftungen und Versicherungen noch stärker den Gewerbeimmobilien zu. Bundesweit strömten nach Beobachtungen des Immobilliendienstleisters JLL 16,9 Mrd. € in der ersten Jahreshälfte in dieses Marktsegment. „Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht diesem einem Anstieg von rund 29%“, sagt Frank Pörschke, Vorstandschef Deutschland des US-Maklerkonzerns.

Davon konnten jedoch vor allem die Märkte in den mittelgroßen Städten profitieren. In den sieben Hochburgen Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart legte das Umsatzvolumen nur um magere 2% auf 8,185 Mrd. € zu. Dass es bei den Top-Sieben überhaupt ein Plus gab, ist den Investmentmärkten in Hamburg, München und Stuttgart zu verdanken. „Lediglich in diesen drei Städten zog das Investmentvolumen an“, sagt Pörschke.

JLL ermittelte für den Hamburger Gewerbeimmobilienmarkt ein Plus von 22% auf 1,43 Mrd. €. Die Analysten von Colliers International sowie Grossmann & Berger (G&B) kommen für die Hansestadt sogar auf ein Plus von knapp 50% auf 1,5 Mrd. € oder 1,45 Mrd. € (G&B). BNP Paribas Real Estate ermittelt in seiner Halbjahresstudie für den Hamburger Markt ein Volumen von 1,63 Mrd. Euro. Die stark divergierenden Zahlen zeigen einmal mehr, dass der deutsche Immobilienmarkt von der Transparenz der angelsächsischen Märkte noch weit entfernt ist.

Nach JLL-Daten sank das Transaktionsvolumen in Frankfurt um 15% auf 1,55 Mrd. €, in Köln um 18% auf 295 Mio. € und in Berlin sogar um 24% auf 1,18 Mrd. €. Dies liege aber nicht daran, dass Investoren keinen Appetit mehr auf Bürogebäuden hätten, so Sven Stricker, Geschäftsführer und Leiter Investments bei BNP Paribas Real Estate, „sondern eindeutig am mangelnden Angebot, insbesondere im großvolumigen Core-Segment“. Dieser Ansicht ist auch Andreas Rehberg, Sprecher der Geschäftsleitung von G&B: „Nicht mangelnde Nachfrage, sondern fehlende Investmentmöglichkeiten haben das Transaktionsvolumen begrenzt.“

Hingegen wuchs das Geschehen in Hamburg gegen den Trend, weil hier Investoren attraktive Anlagemöglichkeiten fanden. Zum einen gab es einige Großdeals. „Sowohl das Karstadt-Sport-Haus an der Mönckebergstraße, als auch der Büro- und Einzelhandelskomplex Sumatrakontor im Überseequartier wechselten für jeweils mehr als 100 Mio. € den Besitzer“, sagt Andreas Trumpp, Chefresearcher von Colliers International in Deutschland. „Zudem profitierte der Hamburger Markt von vielen Transaktionen im zweistelligen Millionenbereich“, so Rehberg. Auch die traditionell engen Kontakte zu angelsächsischen und skandinavischen Investoren halfen in der Hansestadt. „43,7% der Käufe wurden von ausländischen Investoren getätigt“, sagt Rehberg. „Darauf folgten mit einem Anteil von 35% offene Immobilienfonds und Immobilienspezialfonds“, sagt Trumpp.

Für den weiteren Jahresverlauf erwarten die Maklerhäuser weiteren Zuwachs beim Investmentvolumen. „Die wirtschaftliche und politische Stabilität wird dazu führen, dass der deutsche Markt sehr lebhaft bleibt und seine Position als zweitwichtigster Investmentstandort Europas hinter Großbritannien behält“, ist Ignaz Trombello, Leiter Investment bei Colliers International, sicher.

Ob Hamburger Büroobjekte noch teurer werden, bleibt abzuwarten. Nach Berechnungen von JLL und G&B ist die Spitzenrendite auf 4,5% gesunken und liegt damit nur noch knapp oberhalb der von der bayrischen Metropole München mit 4,3%. In den übrigen fünf Top-Standorten Deutschland werden Core-Bürobauten hingegen zu Preisen gehandelt, die den Käufern aus den Mieterträgen deutlich höhere Renditen bescheren. G&B hat für Berlin und Frankfurt 4,85% ermittelt, für Stuttgart sogar 5%. □