Grauer Kapitalmarkt der Fonds wird weißgewaschen

Die Branchenhoffnungen der absehbaren Gewinner und die Befürchtungen der absehbaren Verlierer bekamen letzte Woche neue Nahrung. Bislang war das europäische Ansinnen, die rein deutschen Konstrukte der geschlossenen und offenen Immobilienfonds, die mit der Krise wohl nicht das Geringste zu tun haben, vorsichtshalber auch direkt regulieren zu wollen, mit ca. 2 000 Änderungsanträgen auf die parlamentarische Endlosschleife geschickt worden. Jetzt ergreift Bundesfinanzminister Schäuble das Damoklesschwert zum Schlag, der, wie Feri-Vorstand Helmut Knepel kürzlich feststellte, wesentlichen Teilen der Branche geschlossener Fonds existenzielle Risiken bescheren könnte. Manche Matadore der Szene der Offenen Fonds dürften allerdings jetzt auch kräftig schlucken. Denn auch hier geht das Bundesfinanzministerium deutlich weiter als befürchtet. Mit einer dem Finanzministerium wichtigen oder zumindest anscheinend neuen Erkenntnis startet die Pressemitteilung, die letzte Woche die Hoffnungen, es käme doch nicht so schlimm, untergrub. „Die Finanzkrise hat gezeigt, dass dem Vertrauen in die Integrität und Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte große Bedeutung zukommt.“ Eine unzureichende Regulierung untergrabe das Vertrauen. Eine überzeugende Erkenntnis.

Schäuble nimmt Fonds auf die Hörner

Schäuble nimmt Fonds auf die Hörner

Wie so oft werden Ursache und Wirkung in der Politik nicht auseinandergehalten. Weder geschlossene Immobilienfonds und noch weniger Offene Immobilienfonds waren am Aufbau der Finanzblase auch nur geringfügig beteiligt. Eher galt das Gegenteil. Preisblasen hinderten die Fonds an langfristig orientiertem Einkauf. Wilde Renditeversprechen verlagerten das Anlegerkapital. Durch die Einführung neuer Produktlinien blieb die Gesamtplatzierung von Geschlossenen Fonds insgesamt gerade einmal auf dem Niveau von Ende der 90er Jahre. Immobilienfonds hatten eher Schwierigkeiten. Dennoch wurden sowohl Offene Immobilienfonds als auch geschlossene Beteiligungsmodelle herb getroffen. Offene Fonds erlebten einen Run von Dachfondsanlegern und institutionellen Anlegern, die ihre Liquidität sichern mussten, obwohl die Fonds selber ohne Probleme blieben. Privatanleger wurden verunsichert. Mehr als 10 Offene Fonds bzw. ein Drittel des angelegten Kapitals mussten im Herbst 2008 die Anteilsrücknahme aussetzen, verloren Anlegervertrauen und sorgten für schlechte Presse.

Geschlossene Fonds, die rein gar nichts mit der Finanzblase zu tun hatten, büßten die Hälfte ihres Platzierungsvolumens ein. Schiffsfonds, die durch die realwirtschaftlichen Folgen der Finanzmarktkrise in schweres Wetter gerieten, sorgten gleichfalls für schlechte Presse. Die politische Strafe für die schlechte Presse der Fonds als Opfer der Krise heißt Regulierung. Die Branchenverbände reagieren mit dem üblichen: „Wir begrüßen, aber … .“. Die sympathische junge Fonds-Analystin Sonja Knorr von Scope sieht in einer Pressenotiz ihre mehrfach „eingeforderten“ gesetzlichen Schritte durch das Gesetzesvorhaben erfüllt. Die WELT recherchierte dagegen „Entsetzen“ in der Branche und bei Analysten. Platow hatte seiner Befürchtung schon Ausdruck verliehen, dass die betroffenen mittelständischen Fondsunternehmer in ihren Verbänden nicht ihren Interessen gemäß vertreten werden.

Lassen Sie uns kurz die bisher bekannten Fakten anschauen, die sicherlich nicht das Ende der Verhandlungen reflektieren sollten. Allerdings steht zu befürchten, dass die annähernd Lobby- freie Immobilienwirtschaft, deren politische Arbeit bislang nur bei der Einleitung des Reit-Desasters Berücksichtigung fand, sich als leichtes Opfer politischer Regulierungshärte herausstellen könnte. Mit Bezug auf Fonds wird vorgesehen, dass strengere Anlegerschutzbestimmungen im Grauen Kapitalmarkt sowie zusätzliche Anforderungen an und Sanktionen gegen Finanzdienstleistungsinstitute zur Vermeidung von Falschberatung geschaffen werden sollen. Der Anwendungsbereich des WpHG wird auf den Vertrieb von Produkten des Grauen Kapitalmarktes ausgedehnt. Insbesondere werden Anteile an geschlossenen Fonds künftig als Finanzinstrumente im Sinne des WpHG eingeordnet. Prospekte von Graumarktanlagen sollen in Zukunft detailliertere Informationen enthalten. Damit bestätigt sich unsere alte Feststellung, dass es der politischen Arbeit nicht gelungen ist, herüberzubringen, dass der geschlossene Fonds das steuerehrlichste und transparenteste Kapitalanlageprodukt überhaupt ist, bei dem sogar die angelegten Gelder steuerehrlich sein müssen. Die Einbeziehung ins Wertpapierrecht bedeutet aus Platowsicht ein Missverständnis über die Kapitalanlage in eine oder auch mehrere Immobilien. Unternehmerische Immobilieninvestments sind kein Wertpapier.

Auf Grund des produktimmanenten Fristeninkongruenz soll künftig für alle Anleger in Offene Immobilienfonds eine zweijährige Mindesthaltefrist gelten, die durch Kündigungsfristen ergänzt werden, die nach Wahl der Kapitalanlagegesellschaft zwischen sechs und 24 Monaten angesetzt werden können. Je kürzer die Kündigungsfristen sind, desto mehr Liquidität ist demnächst vorzuhalten. Das ist wohl auch als Strafe gedacht, da darauf hingewiesen wird, dass die bei der letzten Novelle eingeführte Möglichkeit, eigene liquiditätssichernde Maßnahmen zu ergreifen von den Fondsmatadoren mit Verweis auf eine notwendige Gesetzesregelung meist nicht genutzt wurde. Dabei haben erste erfolgreich eingeführte Modelle die Feuerprobe gerade überstanden. Der gesetzgeberische Schlag gegen die offenen Fonds unterstützt unsere These der letzten Woche, dass die eigene Wahrnehmung der Branche eher einer Nabelschau gleicht, bei der die hausgemachten Probleme gerne ausgeblendet werden. Noch im April will die Bundesregierung einen Diskussionsentwurf vorstellen. Der Regierungsentwurf soll dann im Sommer folgen.

Weltmännisch und politisch erfahren äußerten sich offene Fonds auf Rückfrage. So sieht Union Investment zum Beispiel den Vorschlag des Bundesfinanzministeriums als zu begrüßenden, jedoch nachzubessernden Vorschlag, der Startpunkt einer Diskussion sei, an deren Ende sicher eine Lösung stehen werde, die den Interessen der großen Mehrheit der offenen Immobilienfonds Anleger gerecht werde. Die Empfehlung einer Kündigungsfrist von bis zu zwei Jahren, die für „alle Anleger“ vorgeschlagen wird, führe in eine Sackgasse. In schwierigen Marktphasen sei auch ein Aufschub von zwei Jahren nicht ausreichend, um durch den Verkauf von Immobilien ausreichend Liquidität zu beschaffen, ohne die Langfristanleger zu schädigen. Auf der anderen Seite werde ein wesentlicher Bestandteil des bewährten Modells der kurzfristigen Rückgabe pauschal für alle Anleger zur Diskussion gestellt. Auch Dekabank Sprecher Rolf Kiefer sieht einen wesentlichen Pluspunkt der offenen Immobilienfonds gefährdet. Er hält eine Trennung zwischen privaten und institutionellen Investoren, so wie das bei der Deka schon länger praktiziert würde, für wichtig. Das solle bei einer Neuregelung unbedingt Berücksichtung finden. Die tägliche Verfügbarkeit sei ein wesentlicher Pluspunkt der Offenen Immobilienfonds. Lange Mindesthaltefristen gefährdeten  diese Anlageform.