Hahn Real Estate Report – Trendwende erwartet

GfK und Unternehmensgruppe Hahn erarbeiten jährlich die aktuellen Trends im Handel. Seit anderthalb Dekaden entspricht die Prosperität des Handelsinvestments nur noch bedingt der Entwicklung der Umsätze und der Perspektiven. Aktuell ist nach 2 Jahren Flaute mit durchschnittlich negativer Umsatzentwicklung des Einzelhandels im ersten Halbjahr 2010 eine Trendwende im deutschen Einzelhandel mit 1,4% realem Wachstum zu erwarten. Obwohl annähernd jeder Experte davon ausgeht, dass Deutschland mit Einzelhandelsflächen insgesamt überversorgt ist, stehen gerade jetzt Einzelhandelsimmobilien im Blick der Investoren.

Brandaktuell machen die Verkaufsaktivitäten von Aldi und das gleichzeitige Bekenntnis der Allianz zu Investments in Handelsimmobilien Schlagzeilen. UG Hahn arbeitet einmal jährlich das Zahlenwerk auf. Der Bestand an aktiv genutzter Verkaufsfläche dürfte lt. GfK in Deutschland Ende 2010 bei rund 116,5 Mio. qm bzw. 1,4 qm pro Kopf liegen. In den 90er Jahre fragte der Autor in „Der Platow Brief“, wie es gut gehen solle, dass trotz sinkenden  Anteils des Einzelhandels am Konsum in einer reifen Volkswirtschaft, demografischen Gegenwinds und eher ruhiger Einkommensentwicklung die Handelsfläche um jährlich 2 bis 3% zunehme. Noch unberücksichtigt war dabei die Entwicklung des internet-gestützten Handels. Zwar ist inzwischen lt. GfK der Einzelhandelsanteil am privaten Konsum von 35% im Jahr 1995 auf ca. 28% drastisch gesunken und die Flächenproduktivität ging ebenfalls kontinuierlich zurück, aber dennoch hat sich der Investmentmarkt eher positiv entwickelt. Im laufenden Jahr haben Handelsimmobilien Büroinvestments überholt.

Der letzte Woche vorgestellte Hahn Real Estate Report 2010/2011, der in Zusammenarbeit mit GfK erstellt wurde, sieht im schwierigen Umfeld der letzten Jahre, dass  qualitativ hochwertige Einzelhandelsimmobilien in Krisenzeiten äußerst wertstabil seien. Der Bericht präsentiert einige Kernthesen. Aktuell stütze die positive Arbeitsmarktentwicklung den privaten Konsum und den Einzelhandel. Es sei ein abgeschwächtes Verkaufsflächenwachstum festzustellen, wobei offen sei, ob dies Sättigungserscheinung oder lediglich Verschnaufpause sei. Das Statement, dass Baurecht weiterhin dominierender Engpassfaktor bei der Expansion sei, deutet eher Richtung Verschnaufpause. Die erschwerten Finanzierungsbedingungen für Projektentwicklungen und Insolvenzen bzw. Geschäftsaufgaben u. a. von Hertie, Woolworth, Quelle Technik, diverser Karstadt Häuser schlugen zudem als Einmaleffekte negativ zu Buche. Hinzu kommt, dass lt. Hahn sowohl internationale Retailer wie auch Investoren großes Interesse am deutschen Einzelhandelsmarkt zeigen. Wie in allen Bereichen sei die Nachfrage nach Retail-Immobilien auf Core-Produkte fokussiert. Die internationale Investoren kehrten vor allem in deutsche Metropolregionen als
attraktive Investitionsräume zurück. Shopping-Center und Fachmarktzentren stünden im
Fokus der Investoren. Fundamentaldaten und Zinsumfeld deuteten auf weiter steigende
Investmenttätigkeit hin.

Interessant ist die Flächenproduktivität der einzelnen Einzelhandelssparten, die GfK Investmentexperte Manuel Jahn vorstellte. Bei Lebensmitteln dokumentiert Aldi Süd mit knapp 10.000 Euro Umsatz/qm seine Sonderklasse. Lidl und Aldi Nord erreichen immer noch ca. 6.000 Euro/qm. Der Rest liegt zwischen knapp 4.000 und gut 5.000 Euro/qm. Bei SB-Warenhäuser ist Globus mit 6 800 Euro/qm einsam. Die bekannten Namen liegen noch zwischen 3.800 und 4.900 Euro, der Rest der SB-Häuser kommt auf knapp 3.500 Euro.

Für den einmal jährlich erscheinenden Retail Report wurden 30 Vertreter von Immobilieninvestoren und 40 Verantwortliche für die Expansionsleiter befragt. Rund 70% der Investoren vertreten die Ansicht, dass Einzelhandelsimmobilien im Vergleich zu anderen Asset-Klassen „weniger krisenanfällig sind und sich vom Preiseinbruch schneller erholen“. Geschätzt werden zudem die guten Renditeaussichten des Sektors. Nach den Worten des Hahn-Vorstandsvorsitzenden Michael Nave sind diese Qualitäten in der schwierigeren Marktphase der letzten zwei Jahre erfolgreich unter Beweis gestellt worden. 27% der Befragten Investoren sehen Handelsimmobilien als „sehr attraktiv“ und 50% als „attraktiv“ an. Büroimmobilien sind für 13% der Befragten „sehr attraktiv“ und Logistikimmobilien nur für 3%. 63% der befragten Investoren wollen in den nächsten 12 Monaten am Markt für Handelsimmobilien zukaufen.

GfK sieht Online-Handel auf der Überholspur

Während der klassische Katalog-Versandhandel – wie die letztjährige Insolvenz des einstigen Branchenprimus Quelle eindrücklich dokumentierte – seit Jahren den „Rückwärtsgang eingelegt“ hat, befindet sich der Online-Vertrieb über das Internet nach wie vor „auf der Überholspur“. Nach Angaben des GfK WebScope Panels erwarben die deutschen Konsumenten 2009 insgesamt für rund 15,5 Mrd. Euro Waren und Dienstleistungen im Internet. Und auch für die nächsten Jahre ist ein deutliches Wachstum absehbar. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass sich die Online-Shopper aus immer breiteren Schichten der Bevölkerung rekrutieren. So beträgt der Anteil der Online-Shopper an der Gesamtheit von Personen im Alter zwischen 14 und 69 Jahren mittlerweile 60 Prozent, wobei das größte Wachstum an Neulingen in den älteren Jahrgängen festzustellen ist, die am Beginn der Entwicklung vor etwa 15 Jahren dem Internet zunächst relativ reserviert gegenüberstanden. Aus „Der Immobilienbrief“-Sicht dürfte das Zahlenwerk den verdeckten Online-Handel, der von kleinen Ladengeschäften aus betrieben wird, noch nicht richtig abbilden. Das dürfte ein erheblicher Korrekturposten sein, der sich derzeit noch im flächengestützten Handel findet.

In der für den vorliegenden Report erneut durchgeführten Einzelhandelsbefragung der GfK ergab sich bei der Frage zur Bedeutung des Online-Handels folgendes Bild: Für rund 30 Prozent der Befragten, mehrheitlich aus dem Bekleidungs- und Schuhsektor, stellt der Online-Handel bereits einen wichtigen Absatzkanal mit in der Branche steigender Tendenz dar. Die relative Mehrheit der befragten Einzelhändler von 37,5 Prozent stimmte der Aussage zu, dass der Online-Handel in ihrer Branche bisher von nachrangiger Bedeutung war und derzeit noch ist, aber zunehmend an Bedeutung gewinnen wird, während ebenfalls knapp ein Drittel der Befragten dem Online-Handel sowohl aktuell als auch perspektivisch keine nennenswerte Bedeutung für ihre Branche beimisst.

Konsequent erscheint GfK hier der vom Online-Branchenprimus Amazon mit etwa 60 Marketplace-Partnern gestartete Lebensmittelversand, der in anderen Ländern Europas schon etwas etablierter ist als in Deutschland. Allerdings scheint nach den schon vor Jahren relativ schnell wieder aufgegebenen Aktivitäten des Otto-Versands und eher halbherzigen Bemühungen der Lebensmittelketten die Hürde sehr hoch zu liegen. Hinzu kommt, dass das Preisniveau der Waren und die vergleichsweise hohen Versandkosten des Amazon-Angebotes gegenüber dem stationären Einzelhandel bisher kaum wettbewerbsfähig sind. Somit bleibt aus GfK-Sicht abzuwarten, ob Amazon in diesem Teilsegment (wieder) auf der Gewinner- oder möglicherweise einmal auf der Verliererseite stehen wird.