Hamburg – Bündnis für das Wohnen wird fortgesetzt

Nach zähen Verhandlungen haben sich Wohnungswirtschaft und Hamburger Senat darauf geeinigt, ihr „Bündnis für das Wohnen“ fortzusetzen. Dafür sind beide Seiten aufeinander zugegangen. Die Immobilienbranche verzichtet auf ein Mietgutachten. Dafür werden im Gegenzug die Bezirke jetzt stärker in das Bündnis involviert

 Mit der Einigung von Senat und Wohnungswirtschaft ist vergangene Woche die Basis für noch mehr Wohnungsbau in Hamburg geschaffen worden: 10.000 Baugenehmigungen sollen jetzt pro Jahr erteilt werden. Damit geht die Zielzahl in der Neuauflage des Bündnis deutlich über die Zielzahl des ersten Bündnisses mit 6.000 Wohnungen hinaus. Möglich geworden war die Einigung nur dadurch, dass die Wohnungswirtschaft nach langwierigen Verhandlungsrunden auf ein gemeinsam mit der Stadt zu erstellendes, objektives Mietgutachten verzichtet hat.

„Wir hatten uns auf die Zusage des Senates verlassen und ein objektives Mietgutachten erwartet. Nach zahlreichen Sitzungsrunden war klar erkennbar, dass es keinen gemeinsamen Nenner mit der Stadt für ein wissenschaftliches Gutachten geben konnte. Auf ein politisch geleitetes Gutachten konnten und wollten wir uns nicht einlassen, “ erklärt Sönke Struck Vorsitzender des BFW Nord.

Zum Hintergrund: Seit dem 1. Juli 2015 gilt in Hamburg flächendeckend die Mietpreisbremse, die die Wohnungswirtschaft grundsätzlich für das falsche Instrument zur Bekämpfung von Wohnungsknappheit und hohen Mieten hält. Um aber auch weiterhin gemeinsam arbeiten zu können und den dringend notwendigen Wohnungsbau nicht zu gefährden, hatte man sich im vergangenen Jahr darauf geeinigt, ein gemeinsames Gutachten in Auftrag zu geben. Das Ziel: Herausfinden, ob die Situation in ganz Hamburg eine Mietpreisbremse erforderlich macht oder nicht einzelne Teilmärkte ausgeschlossen werden können. Damals versprach Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeld, der Senat werde die Verordnung für diese Teilgebiete aufheben, sollte das Gutachten „wieder Erwarten einen angespannten Wohnungsmarkt nicht für das gesamte Stadtgebiet bestätigen“.

Dummerweise gibt es bis heute kein Gutachten, – und es wird auch keines mehr geben. Wohnungsverbände und Senat haben monatelang miteinander gerungen. Ein Hauptstreitpunkt: die Bezugsgröße für die Bewertung der Teilmärkte. Die Verbände wollten ein wissenschaftliches Gutachten, bei dem die Mietentwicklung einzelner Stadtteile in Relation zu Gesamt-Hamburg untersucht wird. Die Politik plädierte dafür, die Mieten der Hamburger Stadtteile mit dem Bundesdurchschnitt zu vergleichen. Aus Sicht des BfW Nord macht es jedoch wenig Sinn, „die Mietpreise in Harvestehude mit dem Bundesdurchschnitt zu vergleichen“. Deshalb habe man letztendlich ganz darauf verzichtet.

Im Gegenzug will die Stadt dafür sorgen, dass die Bezirke stärker einbezogen werden. Bislang sind sie nicht direkt involviert und fühlten sich dementsprechend auch nicht an die Vereinbarungen der Bündnispartner gebunden. Jetzt hat der Senat einen gesonderten Vertrag mit den Bezirken über Ziele auf Grundlage des Bündnisses geschlossen, um zu gewährleisten, dass es künftig „zügige, transparente und  verlässliche Genehmigungsverfahren“ gibt. Damit müssten sich die Bezirke auch an diese Regelung des Bündnisvertrags halten: „Sofern durch die FHH auf privaten Grundstücksflächen neues Planungsrecht für Geschosswohnungsbau geschaffen wird, kann die FHH die Forderung zur Errichtung von max. 30% der Wohnungen im ersten oder zweiten Förderweg erheben.“ Bislang haben die Bezirke im Einzelfall durchaus entschieden, die Anzahl der geförderten Wohnungen selbst festzulegen. „… Ohne die Beteiligung der Bezirke wäre das Bündnis nur halb so stark. Die Bündnisvereinbarungen sind somit für Senat und Bezirke bindend. Alle werden stärker in die Pflicht genommen. Damit sind wir einen großen Schritt weiter“, sagt Andreas Breitner, Direktor des Verbandes norddeutscher Wohnungsunternehmen.

Fazit von BFW-Chef Struck: „Aus Verantwortung für die Stadt haben wir uns dann entschieden, einen Bündnisvertrag zu entwickeln, der den Wohnungsbau in Hamburg voranbringen wird. Alle Beteiligten werden einen Vertrag mit klaren Vereinbarungen unterschreiben.“

Das neue Bündnis für das Wohnen sieht konkrete Regelungen zum Anteil des öffentlich geförderten Wohnungsbaus auf privaten Grundstücken vor, Festlegungen zur Erhaltung der Backsteinfassaden, eine Einigung zum Thema Klimaschutz, eine Zusage des Senats zu keiner Erhöhung der Grunderwerbsteuer während der Laufzeit des Bündnisses sowie Neuausschreibung und Neuerarbeitung des Mietenspiegels 2017. Außerdem will die Stadt laut Bündnisvertrag auch für „ausreichende Grundstücksentwicklung und Bevorratung im Sinne eines  strategischen  Flächenmanagements  sorgen“. Der Kuschelkurs für diese Legislaturperiode: „Die  FHH  und  die  Wohnungsverbände  werden  die  Entwicklung  der  Rahmenbedingungen  und  der  Flächenbereitstellung gemeinsam regelmäßig verifizieren“. (Susanne Osadnik)

 

 

Bislang gilt das „Bündnis für das Wohnen“ in Hamburg als Erfolgsstory. Von 2011 bis einschließlich 2015 wurden Genehmigungen für mehr als 46.300 Wohnungen von den Bezirken erteilt. Außerdem gab es Förderzusagen  für  mehr als 8.600  geförderte  Mietwohnungen  mit  Mietpreis- und Belegungsbindungen. 2013 und 2014 gab es jährlich mehr als 6.000 fertig gestellte Wohnungen;  2014 und 2015 kamen mehr als 2.000 geförderte Mietwohnungen mit Mietpreis- und Belegungsbindungen dazu. Ob das so bleibt, ist trotz neuem Bündnisvertrag nicht ganz sicher. Axel Wittlinger, Vorsitzender IVD Nord e.V.: „Ob das Bündnis zu einer neuen Erfolgsgeschichte wird, hängt auch davon ab,dass die geltende Mietgesetzgebung und die energetischen Verordnungen nicht verschärft werden. Deshalb könnte die Umsetzung des jetzt vorliegenden Entwurfes zum 2.  Mietrechtsänderungspakets, das aktuell vom Bundesjustizministerium vorgelegt wurde, zu einer starken Belastung für das neue Bündnis werden. Bei der Sicherstellung von bezahlbarem Wohnraum geht es schließlich nicht nur um Neubau, sondern auch um den bedarfsgerechten Erhalt des Mietwohnungs-Bestandes. Dieser würde durch die investitionsfeindlichen Regelungen des zweiten Mietrechtspaket gefährdet.“