Morgan Stanley mit Rekordabwertung – Gestern diktiert, heute geschehen

Gestern hatte ich für das aktuelle Spezial von „Der Platow Brief“ im Rahmen eines Exkurses einmal eine grobe Bewertung des Eurotowers der EZB in der Nachverwertung diktiert, um einfach einmal aufzuzeigen, wie „Profis“ Geld verbrennen. Heute morgen wurde ich – wie sie auch – mit der dramatischen Meldung der MS REF Verluste geweckt. 5,4 Mrd. USD Bewertungsverlust sollen bei rund 8,8 Mrd. Euro Fondsvermögen weg sein. Dazu gibt es aber noch viele offene Fragen. Deshalb möchten wir das hier auch noch nicht vorschnell kommentieren. Wir sind nicht sicher, inwieweit in der Presseberichterstattung nicht Fondsvermögen, Eigenkapital und Fremdkapital durcheinander gehen.

Vor dem Know how der deutschen Immobilienmatadore von Morgan Stanley hatten wir Sie schon im Frühjahr 2008, als die deutsche Immobilienwelt noch in Ordnung war, in einem weit bekannten Artikel gewarnt („Der Immobilienbrief“ Nr. 163, Editorial und ab Seite 3 und in „Der Platow Brief“ zur gleichen Zeit). Wir resümierten damals im Editorial der Nr. 163 nach unserem Gespräch mit James Lapushner: „Mit Würdigung des Gespräches fragen wir uns allerdings, ob Morgan Stanley in einer späteren Rückschau nicht mit einem Einkaufsleiter mit gesundem Menschenverstand nach Vorbild des selbstständigen Taxifahrers besser gefahren wäre.“

Wir stellen uns immer wieder die Frage: „Ist es denn wirklich so schwer, seine Exceltabellen einmal kurz mit dem „gesunden Menschenverstand“ und „Fünf-Finger-Abakus“ zu überschlagen?“ Zugegebenermaßen habe ich den Vorteil, zweistellige Milliardenbeträge großer Portfolios schon selber im Wert „gecheckt“ (nicht nach Formvorschriften bewertet) zu haben. So ließ sich der deutsche Immobilienverstand testen und musste nicht an angelsächsischen Ausbildungeinrichtungen erworben werden. Und bedenken Sie. Fehler sind vermeidbar! Wir können Ihnen zeigen, wie. Nur dann fallen einige Deals ins Wasser, an denen zwar nicht der Anleger, aber der Asset Manager Millionen verdient hätte.

Gestern, ohne von dem Morgan Stanley Desaster faktisch zu wissen – geahnt haben das abgeschwächt viele Profis, mit denen wir sprachen – habe ich aber einmal am Beispiel des Eurotowers aufgezeigt, wohin die Deutschland-Euphorie geführt hat. Das übrigens nicht erst seit 2007. Schon 1994 dürften die Pläne nicht aufgegangen sein, wenn wir uns an die Zahlen richtig erinnern.

Gestern diktiert: Darüber hinaus stellt sich so immer wieder unsere Frage, die wir auch in unseren Gesprächen faktisch stellen, wie eine Immobilieninvestition, die sich nach Verwaltung je nach Marktsegment bestenfalls noch mit 4 bis 6% verzinst, je rechnen soll, wenn die Immobilie bereits nach Auslaufen der ersten Mietverträge in eine andere Qualitätskategorie wechselt und mit jeder Neuvermietung erhebliche Kosten verursacht. Spätestens nach 20 Jahren ist je nach Vermietungszustand und Marktlage durchaus schon über eine ernsthafte Sanierung nachzudenken.

Gerade bei Top-Immobilien sind die Mieteransprüche an Zustand, Pflege und Management überproportional hoch. Wenn es sich dann noch um „Namens-Immobilien“ handelt, die mit renommierten Vormietern verbunden sind, wird eine großflächige Nachvermietung umso schwerer.

Natürlich wissen wir heute alle, dass der BfG-Turm in Frankfurter Toplage heute Euro-Tower heißt. Was aber viele heutige Matadore heute nicht mehr wissen dürften, ist, dass es sich um den alten Turm der BfG handelt, der Anfang der 90er mit einem Aufwand von damals etwa 3.000 DM (über 1.500 Euro) pro Quadratmeter reinen Baukosten saniert wurde. Ob hier die später notwendigen Anpassungen der Vermietung an die europäische Zentralbank enthalten sind, wagen wir zu bezweifeln. Wir errechneten übrigens damals, dass der durchschnittliche Flächenverbrauch pro Mitarbeiter der EZB bei etwa 70 qm lag. Das erklärt sich daraus, so wurden wir damals informiert, dass für die EZB zusätzlich zur vorherigen Totalsanierung erhebliche Umbauten vorgenommen werden müssen und dass eben die Relation zwischen Kommunikationsflächen wie z. B. Besprechungsräumen eine völlig andere ist, als bei normaler Büronutzung.

Jetzt versetzen Sie sich einmal in die Lage des heutigen Eigentümers. Es gehört wohl zu den herausragenden Chancen des vergangenen Booms, dass es dem offenen Fonds Degi 2007 gelang, die Immobilie für etwa 430 Mio. Euro zu verkaufen. Soweit wir uns an ein Gespräch mit dem damaligen Degi-Chef Homann Mitte der 90er Jahre erinnern, war damals das Degi-Investment auf 18 Jahresmieten mit ca. 80 DM und 46 600 qm kalkuliert. Rechnerisch ergibt sich daraus ein damaliges direktes Investment von rd. 400 Mio. Euro. Allerdings dürften dabei die Leerstandskosten und wohl auch die notwendigen Maßnahmen zur Akquisition der späteren EZB nicht berücksichtigt sein. Insgesamt dürfte die Degi aber mit einem blauen Auge herausgekommen sein.

Mit Blick auf das 430 Mio. Investment des Jahres 2007 können jedoch durchaus Bedenken aufkommen. Der Auszug der EZB dürfte wie eine Zeitbombe ticken. 2014 kommt schneller als man denkt.

Blickt man auf den heutigen Markt, so ist sicherlich zunächst zu fragen, wer überhaupt als potenzieller Nachmieter der EZB in Frage kommt, welche Flächenanforderungen ein solcher Nachmieter stellen würde und wie lang eine realistische Nachmietungsphase dauern würde. Wenn die Immobilie heute fertig erstellt wäre und neu vollständig langfristig vermietet wäre, so dürfte die 18-20fache Jahresmiete durchaus realistisch sein. Schließlich handelt es sich um eine wirkliche Landmark-Immobilie. Geht man aber von den heutigen 30 Euro aus, die wohl effektiv zu erzielen sind, dürfte der Marktwert des fertigen neu vermieteten Objektes vielleicht zwischen 300 und 330 Mio. Euro liegen. Allerdings wird es auch bei aller Genialität des internationalen Asset-Managements nicht leicht sein, nach dem Auszug der EZB die Immobilie wieder in einen werthaltigen Zustand zu versetzen. Wenigstens besteht hinreichend Vorbereitungszeit.

Wir sind keine Bautechniker, und tun uns natürlich schwer, aus der Entfernung eine Pauschalaussage zu den notwendigen baulichen Anpassungen für eine spätere Neuvermietung zu tätigen. Billig wird es allerdings nicht. Möglicherweise steht nicht nur eine erweiterte Renovierung, sondern eine ernsthafte Sanierung an, die vielleicht nicht nur im Bereich des Trockenbaus abgewickelt wird. Aber allein schon der Blick auf die Zeitachse und die Verwertungskosten bzw. Vermietungs-Incentives lassen leicht eins bis drei Jahresmieten verschwinden. Im Optimalfall ist bei Auszug der EZB der Nachmieter schon klar. Glauben Sie daran?

Auf jeden Fall aber bedurfte die Investitionsentscheidung 2007 schon eines sehr weiten fortgeschrittenen Optimismus bzw. eines engagierten Glaubens an den langfristigen Verbleib der EZB. Ansonsten ergibt sich überschlagsweise unter heutigen Marktrahmenbedingungen, die noch nicht einmal als schlecht einzustufen sind, ein Wert nach späterer Vollvermietung von 300 bis 350 Mio. Euro abzgl. 20 bis 50 Mio. Euro Leerstands-, Vermietungs- und Incentive-Kosten abzgl. Kosten für Renovierung, Sanierung und sonstige bauliche Maßnahmen. Da kann man sich noch freuen, wenn der faktische Wert bei genauer Berechnung wenigstens noch eine „2“ vorne stehen hat. So kann man auch mit einer Landmark-Immobilie bis zu 50% in den Teich setzen.

Aber in 2014 wird der zuständige Einkaufsmanager schon zwei Jobs weiter sein und auf internationalem Parkett von seinem Investment in eine der besten Frankfurter Landmark-Immobilien erzählen, das er gegen harten Wettbewerb (durch Zahlung des höchsten Kaufpreises) gewinnen konnte. Und bedenken Sie: Wir sprechen hier von einem eher stabilen Markt. Große Volatilitäten in der Vermietung oder auch in der Rendite haben wir noch nicht einmal angenommen. Blickt man dann einmal auf die Refinanzierung solcher Deals, so wird klar, dass hier bei vielen Banken noch durchaus Anlässe für Einzelwertberichtigungen schlummern. Der große Vorteil der aktuellen Situation ist jedoch, dass im Bestand meist bestehende Cash-flows finanziert worden sind, die nicht so leicht abbrechen.