Immobilienbewertung im Kleindarlehensbereich (§ 24 BelWertV)

 

Tanja Reiß, HypZert GmbH Berlin

Im Bereich der Wohnimmobilienfinanzierung gab es in 2014 ein Neugeschäftsvolumen von rund 177 Mrd. Euro (Darlehensauszahlungen aller Kreditinstitute inkl. Lebensversicherer). Etwa 75% davon entfielen auf Finanzierungen von Eigentumswohnungen und Eigenheimen – Objektarten, die im sogenannten Kleindarlehensbereich angesiedelt sind, also im Inland gelegene, hauptsächlich wohnwirtschaftlich genutzte Objekte, deren Darlehensbetrag 400.000 Euro nicht übersteigt. „In vielen Kreditinstituten macht dies den Großteil des Finanzierungsvolumens aus, dessen Sicherheiten in der Regel nicht durch zertifizierte Gutachter bewertet werden. Aus diesem Grunde sind einige große Banken auf uns zugekommen, eine Qualitätsoffensive zu starten und Mitarbeiter zu schulen, die in diesem Bereich tätig sind.“ so Tanja Reiß, Mitarbeiterin der HypZert GmbH.

 

Bei der Vergabe solcher grundpfandrechtlich gesicherter Darlehen übernimmt das finanzierende Kreditinstitut für einen festgelegten Zeitraum das Risiko der Bonität des Kreditnehmers und der Wertentwicklung der Sicherheit. Die Bemessung dieses Risikos mit dem Ziel, einen nachhaltigen, möglichst für die Dauer der Kreditvergabe sicheren Wert der Immobilie zu ermitteln, steht im Mittelpunkt der Ermittlung des hierfür relevanten Beleihungswertes. Neben dem aktuellen Marktgeschehen führen Erfahrungen aus der Vergangenheit und der Blick in die Zukunft innerhalb normierter Verfahren zu Wertansätzen, die einen nachhaltigen, sicheren Wert widerspiegeln.

 

Der Beleihungswert nach BelWertV dient dabei insbesondere der Erfüllung regulatorischer und aufsichtsrechtlicher Vorgaben zum Gläubigerschutz. Seine Ausprägungen finden sich in Form von Bandbreiten, Höchst- und Untergrenzen, methodischen Vorgaben, Sicherheitsabschlägen und der Vorgabe, mögliche Risiken rechnerisch an bestimmter Stelle zu berücksichtigen, wieder.

 

Erleichterungen in der Wertermittlung für den Kleindarlehensbereich

 

§ 5 der BelWertV gibt die Form und den Umfang für Gutachten im Finanzierungsbereich vor. Dieser gilt jedoch nicht für Immobilien im Kleindarlehensgeschäft. Hier können vereinfachte Wertermittlungen erstellt werden. Die einzelnen Bewertungsschritte, wie sie in der BelWertV gefordert werden, müssen selbstverständlich eingehalten, können aber in einem einfachen Schema dargestellt werden.

 

Eine verbale, detaillierte Objekt- und Lagebeschreibung sowie die ausführliche Begründung der gewählten Bewertungsparameter in Textform sind nicht zwingend erforderlich. Merkmale wie Lage, Ausstattung, Zustand und Verkäuflichkeit des Objekts können auch auf Basis eines Formulars durch Ankreuzen der hierfür vorgesehenen Auswahlmöglichkeiten dargestellt werden. Dabei sollte das Formular standardisiert sein und inhaltlich den Anforderungen der BelWertV genügen.

 

Alle übrigen Anforderungen der Beleihungswertermittlungsverordnung, wie zum Beispiel Mindestansätze für Kapitalisierungszins, Bewirtschaftungskosten und Nutzungsdauer, müssen auch bei der Bewertung im Kleindarlehensbereich eingehalten werden.

 

Computerunterstützte Bewertungstools bieten eine Möglichkeit der Bewertung im Kleindarlehensbereich, wobei maßgebliche Vergleichsdaten (wie Verkaufspreise, Mieten, Bodenrichtwerte, Liegenschaftszinssätze und Marktanpassungsfaktoren) vorgeschlagen werden, die im Einzelfall manuell angepasst werden können und die Vorgaben der BelWertV berücksichtigen.

 

Ein solches BelWertV-konformes Programm bietet auch die vdpResearch an. Die Computerunterstützte Immobilienbewertung, CIB, generiert auf der Grundlage von Objektadresse und weniger zentraler Objektangaben begründete Vorschläge für den Markt- und Beleihungswert von Standardimmobilien, die vom Anwender überschreibbar sind.  Eine zentrale statistische Grundlage dieser Vorschläge bildet die vdp-Transaktionsdatenbank, in die mehr als 450 Kreditinstitute jedes Quartal objektbezogene Daten zu kreditfinanzierten Verkaufsfällen einliefern.

 

Erleichterungen für die Objektbesichtigung im Kleindarlehensbereich

 

Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 3 BelWertV ist das zu bewertende Objekt im Rahmen der Wertermittlung zu besichtigen. Die BaFin versteht unter einer Besichtigung grundsätzlich eine Innen- und Außenbesichtigung.

 

Im Regelfall muss diese auch vom Gutachter durchgeführt werden. Eine Ausnahme gilt auch hier für den Kleindarlehensbereich, denn im Rahmen der vereinfachten Wertermittlung kann die Besichtigung auch durch unabhängige, sachkundige Dritte erfolgen.

 

Der Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) hat sich intensiv mit dem Thema der Besichtigung im Kleindarlehensbereich beschäftigt und veröffentlichte im März 2014 eine entsprechende Empfehlung. Darin heißt es unter anderem:

 

Die die Besichtigung durchführende Person muss aufgrund ihrer Ausbildung, Schulung und/oder beruflichen Erfahrung über die entsprechenden Kenntnisse verfügen, um eine Besichtigung fachgerecht durchführen und dokumentieren zu können.

 

Als unabhängige, sachkundige Dritte kommen beispielsweise speziell eingewiesene Mitarbeiter der Bank oder externe Dienstleister in Betracht. Dabei sollte jedoch beachtet werden, dass die besichtigende Person, gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 BelWertV, nicht identisch sein darf mit der Person, die die abschließende Kreditentscheidung trifft oder den Beleihungswert festsetzt. Sie darf kein eigenes Interesse am Ergebnis der Wertermittlung haben.

 

Eine weitere Erleichterung besteht bei den Anforderungen an die Besichtigung in Fällen, bei denen nämlich die komplette Besichtigung unterbleiben kann (§ 24 Abs. 3 BelWertV) bzw. in Fällen, bei denen lediglich auf die Innenbesichtigung verzichtet werden kann. Dies ist der Fall, wenn die Immobilie innerhalb der letzten zehn Jahre fertig gestellt worden ist oder ein Abschlag in Höhe von mindestens 10% des Beleihungswertes vorgenommen wird. Eine Außenbesichtigung ist in diesem Falle aber trotzdem erforderlich.

 

Die Gründe für das Unterbleiben der Besichtigung bzw. den Verzicht auf die Innenbesichtigung sind in nachvollziehbarer Weise zu begründen. Bei dem Verzicht auf die Innenbesichtigung ist in jedem Fall zu prüfen, ob die wesentlichen Bewertungsparameter hinreichend bekannt sind. Ist dies nicht der Fall, so ist eine Innenbesichtigung vorzunehmen.

 

Die Möglichkeit eines Verzichtes auf die Innenbesichtigung und Anwendung eines Abschlages in Höhe von 10% (§ 24 Abs. 3a Nr. 2 BelWertV) darf deshalb nicht als Pauschalregelung verstanden werden.

 

Anforderungen an Wertermittler im Kleindarlehensbereich

 

Für die in der Kreditwirtschaft tätigen Immobiliengutachter ist grundsätzlich § 6 BelWertV von Interesse. Dieser regelt die Anforderungen an die Gutachter. Dort sind eine Zertifizierung nach ISO/IEC 17024 sowie das Vorhandensein besonderer Kenntnisse und Erfahrungen auf dem Gebiet der Beleihungswertermittlung explizit aufgeführt.

 

Eine Ausnahme gilt gemäß § 24 BelWertV für die Wertermittlung der Sicherheiten im Kleindarlehensbereich. Die jeweilige Person muss lediglich ausreichend geschult und qualifiziert sein.

 

Um diese Anforderung in transparenter Form nachzuweisen, ist für Bankkaufleute bzw. Personen mit einer entsprechenden Ausbildung im Immobilienfinanzierungsbereich empfehlenswert, eine Qualifizierung im Aufgabenbereich „Bewertung wohnwirtschaftlich genutzter Objekte bei der Vergabe von Kleindarlehen“ zu absolvieren. Zu diesem Zweck hat die HypZert gemeinsam mit anerkannten Experten ein Weiterbildungsprogramm erstellt, das den hohen Anforderungen an Wertermittlungen gemäß den gesetzlichen Vorgaben gerecht wird.

 

Das Ausbildungsprogramm umfasst insgesamt 10 Lerneinheiten. Die Lerneinheiten sind praxisnah gestaltet und beinhalten  sämtliche für die Wertermittlung benötigten Informationen und Beispiele. Über gesetzliche Grundlagen und Basiswissen hinaus werden alle relevanten Objektarten systematisch erörtert. Anhand von Beispielen werden die verschiedenen Wertermittlungsverfahren erklärt sowie Hinweise für die Unterlagenbeschaffung, Herleitung von Kennzahlen und Objektbesichtigung gegeben. Von der Bodenwertermittlung über die Einschätzung von Lasten bis zur Wertfindung wird jeder Schritt erklärt und mit Beispielen veranschaulicht.

 

Auf www.hypzert.de wird umfangreich über das Fortbildungsprogramm „Bewertung bei der Vergabe von Kleindarlehen“ informiert. Nähere Informationen zur Computerunterstützten Immobilienbewertung CIB sind unter www.vdpresearch.de erhältlich.