Immpresseclub – Von Kirchen, Parkhäusern und Euro-Krise

Die diesjährige Sommerveranstaltung des immpresseclubs, der Arbeitsgemeinschaft der deutschen Immobilienjournalisten spannte auch diesmal einen breiten Bogen der Themen und Referenten. Ca. 40 Immobilienjournalisten fast aller renommierter Medien waren nach München gekommen. Der Reigen der Referenten reichte von IVG-Vorstandsvorsitzendem Prof. Wolfgang Schäfers mit „IVG-Thema“ über einen der renommiertesten Schweizer Bankökonomen, Dr. Jan Amrit Poser, zum Euro-Thema aus Schweizer Sicht, Oliver Porr als VGF-Präsident zur Zukunft Geschlossener Fonds bis zu den Spezialthemen „Parkhäuser“ mit Thomas Grüttner und Denkmalschutzinvestitionen in Sakralbauten mit Georg Wilms.

Die „Überraschungssieger“ des Tages im Referentenranking waren die Sonderthemen „Immobilie Parkobjekt“ von Q-Park Managing Director Thomas Grüttner und „Die Sakralimmobilie – „Vom Kulturgut zum Wirtschaftsgut?!“ von Georg Wilms, GF der Schleiff Denkmalschutzentwicklung, den wir als Mipim-Award Nominierten im März kennengelernt hatten. Beide referierten einmal abseits des üblichen Mainstreams mit Begeisterung zu ihren Nischenmärkten, die im Rahmen eines sich verändernden Marktes durchaus auch als Investment-Themen für Privatanleger und Institutionelle Bedeutung gewinnen.

immpresseclub – Dauerbaustelle IVG im Turnaround

Kernthema der Veranstaltung war naturgemäß die IVG, deren neuer VV Prof. Wolfgang Schäfers zu einer Art „Antrittsbesuch“ vor die versammelte deutsche Immobilienjournalistenszene trat. Die IVG kundschaftet im Moment als eine Art immobiliäres Bathyscaph die Tiefen des Börsengeschehens aus (siehe unten Artikel C. Ries, Seite 14). Amtsvorgänger Dr. Gerhard Niesslein hatte es auf dem Höhepunkt der Krise Mitte 2009 geschafft, die Immobilienjournalisten für die aus externer Sicht unerwartet hohen Probleme der IVG zu sensibilisieren und sich für die Sanierungs-Kernarbeit ein wenig Ruhe zu verschaffen. Wer jetzt nach drei Jahren eine abgeschlossene Sanierungsmeldung und ein Feuerwerk strategischer Perspektiven erwartet hatte, wurde enttäuscht. Die IVG befindet sich nach wie vor im Sanierungsmodus. Die IVG werde sich verändern (müssen). Das sei aber eine Aufgabe von 5 Jahren oder auch mehr. Das macht das Paradoxon deutlich, dass die IVG ohne die Krise wohl kaum überlebt hätte. Das war nur möglich über den krisenbedingten Zusammenhalt und vor allem die niedrigen Zinsen.

Um zu erläutern, wieso die IVG nach wie vor noch nicht wie Phönix aus der Asche auftaucht, spannte Schäfers den Bogen bis in die 90er Jahre. Mit Zahlung der Erbpacht in hoher zweistelliger Millionenhöhe für eine Betonplatte über einem Bahnhof in Frankfurt gemeinsam mit zwei schwachen Partnern wurde der Grundstein für spätere Entwicklungen gelegt. Für eine wohl auch diskutierte Abschreibung war der Betrag zu hoch, so dass das heutige Squaire gebaut werden musste. Damit flossen allein jeden Monat 35 Mio. Euro in Projektentwicklung, so dass sich ein Gesamt Cash Out von 40 bis 50 Mio. Euro pro Monat für die IVG ergab. Zudem entwickelte sich der Frankfurter Büromarkt völlig konträr zu den damals auch durchaus normalen Erwartungen der 90er Jahre der Squaire-Entscheidungen. Dies hat „Der Immobilienbrief“ oft aufgezeigt. Die sportliche Einkaufspolitik der Boomjahre führte zudem zu überhöhter Verschuldung bezogen auf aktuelle Marktwerte der nicht immer glücklichen Boom-Einkäufe. ►

Betriebswirtschaftlich war nach Interpretation der Schäfers-Aussagen auch festzustellen, dass schon die zeitgemäße klassische Betriebswirtschaftslehre deutlich mehr Steuerungs- und Planungsinstrumente bereitstellte, als die IVG bis 2008 nutzte. Das Vertrauen der Banken sei damals noch sehr hoch gewesen. Zudem haftete die IVG in ihrer Gesamtheit für alle Kredite. Zwar sei der Turnaround unter der Voraussetzung weiterhin niedriger Zinsen geschafft, aber der Veränderungsprozess müsse weitergehen. Vom Zahlenwerk her ergaben sich im ersten Quartal 2012 deutliche Ergebnisverbesserung zum Vorquartal und gestiegene Umsatzerlöse. Das Squaire ist über 85% vermietet. Der NAV pro Aktie liegt bei 4,83 Euro und NAV adj. pro Aktie bei 6,29 Euro. Der Aktienkurs, der seit der immpresseclub-Tagung noch einmal nachgegeben hat, liegt per 8.6.12 bei 1,406 Euro nach 33 Euro Anfang 2007 (-96%). Der LTV nach Banken-Definition liegt bei 71,9% (ggü. 70,1% in Q4 11). Der Konzernverlust 2011 von 126 Mio. Euro sei überwiegend durch Wertberichtigungen bei dem jetzt fertig gestellten Großprojekt „The Squaire“ entstanden, so dass 2012 ein ausgeglichenes und 2013 ein deutlich positives Ergebnis erwartet werden kann. Der Abbau der Verschuldung um rund 460 Mio. Euro in 2011 geht um mehr als 1 Mrd. Euro in 2012/2013 weiter. Durch erfolgreiche Prolongationen sind bis Ende 2013 keine größeren Bankverbindlichkeiten fällig. Die IVG werde zukünftig stärker auf die Bedeutung des Bestandes als Cash-flow Lieferant setzen als auf spektakuläre Projektentwicklungen. Bei einer 5-Jahres-Turnaround-Periode befinde sich die IVG im Jahr drei. Squaire-Abschreibungen seien nun Vergangenheit. Kritiker unter den Journalisten kann Schäfers im nächsten Jahr selbst überzeugen, wenn die Sommerveranstaltung des immpresseclubs im „The Squaire“ stattfinden könnte. Zu den Zukunfts-Perspektiven der IVG vor allem im Kavernen- und Infrastrukturgeschäft hat sich unser seit Jahrzehnten erfahrener Aktienanalyst Hans Christoph Ries unten geäußert. Die Energiewende ist die große Chance der IVG. Im Background stellte Ries hervor, dass die von Schäfers gezeigte Ehrlichkeit und Transparenz und das Aufzeigen von Zusammenhängen über 15 Jahre sein Vertrauen in die IVG deutlich gestärkt habe. Das entsprach auch dem Background-Tenor der Journalisten, die allerdings auch eine schnellere Positiv-Story erhofft hatten.

immpresseclub – Parken, Beten, Arbeiten,
Singen und Euro-Desaster

Wussten Sie schon, dass die Nachhall-Zeit einer Kirche von acht Sekunden für einen Chor ideal, aber im täglichen Büroalltag eher hinderlich ist. Das lernt man beim Umbau einer Kirche in ein Büro. Schleiff-GF Georg Wilms gab einen Einblick in die Probleme beim Umbau von Kirchen. Die größte Sorge von Kirchenvertretern sei oft, dass die heiligen Insignien von Gotteshäusern nicht bei ebay landen. Das sei wichtiger als Technik und Geld. Was machen Sie mit einem Altar, an dem der Künstler alle Rechte hat? Wilms zeigte an beeindruckenden Beispielen, was man heute aus alten Kirchengemäuern machen kann. So ist von Büronutzung bis hin zur Wohnraumnutzung alles möglich. Allerdings ist der wirtschaftliche Gedanke weniger der Treiber der Umnutzung, sondern häufig mehr die persönliche Verwirklichung von Investor oder Architekt, denn der Umbau einer Kirche übersteige die Abriss und Neubaukosten oftmals, so Wilms, und bei anschließender Neuvermietung zu 4,80 Euro den Quadratmeter erübrigt sich eine Exceltabelle. Das funktioniert nur im Zusammenspiel aller Beteiligten, Förderung und Denkmalschutz.

Thomas Grüttner, GF Q-Park zeigte, wie man heute wirtschaftlich Parkhäuser betreiben kann. Er verkaufte vor kurzem erst einige holländische Parkhäuser an den Fondsinitiator Bouwfonds, der in Kürze die Objekte in Form eines geschlossenen Parkhausfonds auf den Markt bringen wird. Mit dem Verkaufserlös soll die Expansion vor allem in Nordeuropa forciert werden. Grüttner sieht die Aufgabe des Parkhaus-Managements zukünftig nicht nur in der Bereitstellung von Parkraum, sondern vielmehr auch als Dienstleistungsanbieter rund um das Thema Parken. Auch der Ausbau gebührenpflichtiger Parkplätze steht ganz oben auf der Agenda. Der Markt ist riesig. Von 300 Mio. Parkplätzen in Europa sind lediglich 3,6% gebührenpflichtig. Europäische Steuerzahler steuern jährlich 150 Mrd. Euro zum Betrieb von Parkplätzen bei. Somit wird Parken quasi zur politischen Aufgabe. Bei Parkhäusern an guten Standorten kenne die Parkgebühr nur eine Richtung: Nach oben. Das ist die Chance für einen Immobilieneigentümer, der am langen Ende, egal in welcher Assetklasse, nur verdient, wenn es gelingt, die Einnahmen zu erhöhen. Die technische Lebensdauer von gut gepflegten Parkhäusern und heutiger Bauqualität sei mit weit über 50 Jahren sehr lang. Deutsche Parkhäuser sind bei den Parkplatzpreisen im europäischen Vergleich heute noch am unteren Ende und böten viel Potenzial.

Euro und (k)ein Ende: Die immpresseclub-Organisation hoffte, nach der Sinn- und Sarrazin-geprägten Diskussion um den Euro mit dem renommierten Chefökonom der Schweizer Gruppe Bank Sarasin, Dr. Jan Amrit Poser, Entwarnung zu hören. Hoffnungsfrohe wurden enttäuscht. Ein Ausstieg Griechenlands hätte für Deutschland und Europa schwerwiegende Folgen. Das von Prof. Sinn aufgedeckte Thema des Target 2-Systems wurde vom Poser inhaltlich bestätigt, aber eher als funktionsfähig interpretiert. Die Aufgabe des Euros sei auch für Deutschland nicht mehr auffangbar. „Wenn der Euro auseinander bricht, wäre auch Nordeuropa bankrott“, so das Fazit Posers. Bleiben wir also optimistisch. Dennoch liegt ein Jahrzehnt des Schuldenabbaus vor uns. Deleveraging wiederum macht aber die Konjunktur verwundbar. Kein Paradies für die finanzierungs- und nutzerabhängige Immobilienwirtschaft auf der einen Seite, ein Paradies für die Immobilien-Kapitalanlage auf der anderen Seite.