Initiative Immobilienaktie: 10 Jahre zwischen Net Asset Value und Börsenbewertung

 

Am 19. Oktober 2010 konnte Claus-Matthias Böge (CEO Deutsche Euroshop AG) auf der Jubiläumsveranstaltung der Initiative Immobilienaktie mit rund 250 Teilnehmern mehr als im Vorjahr begrüßen. Was im Jahr 2000 von Deutsche Euroshop, Deutsche Wohnen, IVG und Bauverein zu Hamburg begründet wurde, ist für Investoren, Analysten und Journalisten rund um die Immobilienaktie ein jährlicher Pflichttermin, dessen Bedeutung sich freilich stark von den Vorträgen in das Networking und die One-on-ones zwischen Gesellschaften, Analysten und Investoren verschiebt. Immerhin gehören jetzt 18 Unternehmen dem Kreis an. Neu sind die Hamborner AG, die Frankfurter IFM und die RCM.

Dr. Michael Meister, stv. Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, stellte in seiner Keynote die von Gesetzgeber gezogenen Lehren aus der Wirtschaftskrise dar. Transparenz und Verantwortungsübernahme für unternehmerische Entscheidungen, nicht aber umfassende Regulierungen seien die Grundüberlegungen für das Bankenrestrukturierungsgesetz und den von den Marktteilnehmern selbst zu finanzierenden Bankenfonds. Da Bestandsgarantien abzulehnen seien, müssten die Eigenkapitalanforderungen steigen.

Dass dies auch für Immobilienaktiengesellschaften ein wichtiger Punkt ist, machen Deutsche Euroshop, Deutsche Wohnen, Hamborner und Alstria deutlich, die erfolgreich Kapitalerhöhungen platzieren konnten. (Nebenbei: Am 4.11. hat die Deutsche Euroshop eine weitere Kapitalerhöhung angekündigt.) Dabei soll die Einwerbung von Eigenkapital weniger der Refinanzierung als dem Wachstum dienen. Insbesondere die Krise der Offenen Immobilienfonds scheint für die Immo-AGs Chancen zu bieten. Ein für deutsche Immobilienaktiengesellschaften im internationalen Vergleich großer Discount auf den Net Asset Value von etwa 40% könnte bei professioneller Performance Chancen auf Kursgewinne bieten.

Einen wesentlichen Erfolg der Initiative stellt die Einführung der REITs dar, auch wenn bisher nur drei Unternehmen in dieser Form börsennotiert sind. Mögliche Korrekturen des REIT-Gesetzes könnten das Segment attraktiver machen. So wurde angedeutet, dass die Anlage in Wohnimmobilien – bisher ausgeschlossen – möglich werden könnte. Damit würde das aktuell  attraktivste Immobilienmarktsegment den REITs Schubkraft geben.

Die Marktanalysen sind für viele Teilnehmer ein Essential der Veranstaltung. Für den Investmentmarkt wie für die Segmente Büro, Wohnen und Handel konnten die Referenten Entwarnung geben. Sie bestätigten damit den auch schon auf der Expo Real vorzufindenden aufkeimenden Optimismus. Der Büromarkt sieht kaum sinkende Spitzenmieten, in Teilen einen Rückgang der Renditen wegen der allgemeinen Jagd nach Core-Objekten. Dies führt auch zu einem Wiederaufstieg des Investmentmarkts, den Dr. Andreas Schulten (BulwienGesa) für 2011 bei rund 34 Mrd. Euro sieht. Die Risiken im Büromarkt lägen aber in den Altobjekten der 70/80er Jahre, die zunehmend an Marktgängigkeit verlören. Im Wohnungssektor stellte Dr. Hendrik Baumunk (CBRE) starke Unterschiede fest: Überkaufte Gebiete stünden neben solchen, bei denen  keinerlei Nachfrage zu verzeichnen sei. Als besonders interessant zeige sich gerade Berlin („köchelt“) und auch
Non-performing-loans erlebten eine Renaissance. In der Summe dominierten momentan eher kleinere Deals, allerdings könnten
Verkäufe aus dem Landesbankensektor (GWBAG, LBBW) dem Markt weiteren
Schub geben. Auch das Handelssegment
sehe – so Dr. Martin Braun (Cushman &
Wakefield) – in der Tendenz sinkende Renditen, da die Nachfrage nach Handelsimmobilien angezogen habe. Dabei mache sich die Unterbesetzung Deutschlands mit Shopping-Centern bemerkbar. 

Die eher akademische Diskussion um externes und internes Portfoliomanagement, deren Thema vor allem den Diskutanten erhebliche Definitionsbemühungen abverlangte, zeigte, dass nicht alle Panels von Interesse sind. Anders die Diskussion um die Optimierung des Finanzierungsmix, bei dem Eigenkapitalanforderungen, Wachstumsziele und Refinanzierungszwänge zu vereinbaren sind. Ein gutes Beispiel – neben den schon erwähnten Kapitalerhöhungen – zeigte da gerade die RCM Beteiligungs AG: Sie hat im Oktober eine Wandelanleihe zur Finanzierung weiteren Wachstums aufgelegt. (AE)