Interview – Jens Friedemann, Bereichsleiter Kommunikation/Marketing bei der IVG

Jens Friedemann

Jens Friedemann

Jens Friedemann wechselt nach 30 Jahren als Journalist bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z.) die Seiten und ist nun Leiter Kommunikation bei der IVG Immobilien AG. Wir sprachen mit Jens Friedemann über seine Motivation, seine Ziele und über den Kurs der IVG.

„Der Immobilienbrief“: Herr Friedemann, Sie waren 30 Jahre bei der FAZ im Bereich Immobilien tätig. Was nehmen Sie mit von Ihrer Tätigkeit bei der FAZ zur IVG?

Jens Friedemann: Die deutsche Immobilienwirtschaft ist mit einer jährlichen Wertschöpfung von 250 Milliarden Euro (12 Prozent) nicht nur die größte Branche in Deutschland – weit vor der Autoindustrie. Sie ist auch die größte Wachstumsbranche unseres Landes, wie der jetzt vorgelegte „Bericht der Bundesregierung über die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft“ zeigt. Danach hat sich die Bruttowertschöpfung seit 1991 preisbereinigt um 80 Prozent erhöht; in der Gesamtwirtschaft aber gab es nur ein Wachstum von 18 Prozent. Das heißt, der wichtigste Wirtschaftssektor des Landes wird als solcher von der Öffentlichkeit – vermutlich auch von der Politik – nicht realistischwahrgenommen. Als ich 1980 in die Redaktion der F.A.Z. eintrat, war unsere Immobilienwirtschaft  noch von Unternehmerpersönlichkeiten geprägt, die ihre ersten Erfahrungen zu Zeiten des Wirtschaftswunders gemacht hatten. Dieser alten Garde folgt nun eine andere Generation, bestens ausgebildet – oft mit Studium an renommierten Hochschulen. Mit ihr ziehen Kostenrechnung, Bilanzplanung und Risikomanagement in die intellektuell einst wenig anspruchvolle Immobileinwirtschaft ein. Mittlerweile sind die Märkte anspruchvoller geworden, dynamischer und professioneller, aber auch offener für internationale Einflüsse, wie wir in den vergangenen Jahren erlebt haben:  erst mit einem Zufluss von Milliardenbeträgen aus dem Ausland,  verbunden mit dem Import international akzeptierter Geschäftsprozesse, Bewertungs- und Bilanzierungsregeln, und jetzt mit schweren Störungen aus dem Ausland wie die Finanz- und Wirtschaftskrise zeigt. Diese Entwicklungstendenzen haben mich geprägt, und die werden auch meine Tätigkeit bei der IVG prägen 

 „Der Immobilienbrief“: Was reizt Sie an der durchaus schwierigen Aufgabe?

Friedemann: Ich kenne die IVG, seit Dr. Eckart John von Freyend das Unternehmen im Auftrag der Bundesregierung privatisiert und an die Börse gebracht hat. Er hat es solide auf Erfolgskurs und auf europäischer Basis in die erste Liga geführt. Nach seinem Ausscheiden aus dem Amt und Eintritt in den Aufsichtsrat folgte eine Phase unter Wolfhard Leichnitz, die ich nicht kommentieren kann, weil ich darüber zu wenig weiss. Als er abtrat und im vergangenen Herbst Gerhard Niesslein die Führung im Vorstand übernahm, hat es mich außerordentlich gereizt, ihm dabei zu helfen, die IVG aus der Finanz- und Wirtschaftskrise hinaus wieder auf  Erfolgskurs zu bringen. Nach Vollendung meines 65. Lebensjahres Ende April habe ich deshalb Abschied von der F.A.Z. genommen und bin nicht als Schönwetterkapitän an Bord geblieben, sondern als Kommunikationschef in die IVG eingetreten.

 „Der Immobilienbrief“: Was sind Ihre Ziele bei der IVG?

Friedemann: Es reizt mich, die  immobilienwirtschaftlichen Themen im Markt darstellen und durch Transparenz, aktive Kommunikation und Konsistenz die Professionalität der IVG und Ihrer Mitarbeiter besser nach aussen zu transportieren, und ich möchte Vertrauen im Markt aufzubauen. Mit 22 Milliarden Euro unter Verwaltung zählt die IVG zu den immobilienwirtschaftlich führenden Unternehmen des Landes, 15 Milliarden Euro entfallen auf Fonds für 50.000 private Anleger und Institutionelle, vor allem Versicherungsgesellschaften, Versorgungswerke und Stiftungen. Diese Geschäfte sollen systematisch ausgebaut werden. In der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt ist auch, dass die IVG unterirdische Lagerstätten für die Bundesrohölreserve und Erdgaskavernen für die Energiewirtschaft betreibt. Dieses Feld unterscheidet das mittlerweile 90 Jahre alte Unternehmen von den üblichen Immobiliengesellschaften. Das ist auch für die Beurteilung an den Kapitalmärkten eine außergewöhnliche Sache. 

 „Der Immobilienbrief“: Viele Immobilienaktienunternehmen mussten in der Vergangenheit durch die Marktlage Wertkorrekturen vornehmen. Wie wird sich die IVG in diesem Umfeld schlagen?

Friedemann: Auch die IVG hat sich sich der fatalen Kombination aus Finanz- und Wirtschaftskrise nicht entziehen können und musste im vergangenen Jahr nicht zahlungswirksame Marktwertänderungen von mehr als 900 Millionen Euro verkraften. So etwas tut weh. Aber die Krise birgt auch Chancen und Herausforderungen. Denn im Gegensatz zu den Banken hat die Immobilienbranche keine strukturellen Probleme, sondern konjunkturelle. Ich bin davon überzeugt, dass sich die IVG schon im nächsten Aufschwung wieder ganz vorn in der ersten Liga  behaupten wird.