IPO-Update: Chamartin Meermann Immobilien – ein Schelm, wer Böses dabei denkt

 Christian Schiffmacher, Chefredakteur Institutional Investment Real Estate Magazin

Für den 7. Juli plant die Chamartin Meermann Immobilien AG (kurz CMI), Werl, den Börsengang im Regulierten Markt (Prime Standard). Die Aktien können bis einschließlich 5. Juli 2010 in einer Preisspanne von 7,70 bis 9,70 Euro gezeichnet werden – wovon die Redaktion der Institutional Investment Real Estate Magazins mit Chefredakteur Christian Schiffmacher jedoch nur abraten kann.

 Die Gesellschaft

Die Gesellschaft ist laut BulwienGesa der größte Projektentwickler in Berlin und konzentriert sich auf die Entwicklung von qualitativ hochwertigen Objekten in Bestlagen im Zentrum der Hauptstadt. Chamartin Meermann ist segmentübergreifend in den Bereichen Wohnen, Büro, Gewerbe und Hotel aktiv. Im Fokus der Gesellschaft stehen die Sanierung exklusiver historischer Bauten sowie Neubauten in Toplagen. Im Hotelsektor entwickelt die Gesellschaft derzeit das Sheraton Berlin Hotel am Berliner Hauptbahnhof sowie das Fünf-Sterne Steigenberger Grandhotel in Heringsdorf auf der Ostseeinsel Usedom. Die Gesellschaft hat eine attraktive Projektpipeline mit derzeit 29 Objekten mit einer Gesamtfläche von 263.000 qm. Dabei liegt ein Großteil der Projekte in der begehrten „Neuen Berliner Mitte“. Hervorzuheben ist die Tatsache, dass sich der Berliner Immobilienmarkt in den vergangenen Jahren ausgesprochen positiv entwickelt hat. Im Vergleich zu anderen deutschen Ballungszentren ist das Preisniveau weiterhin günstig, das Potenzial im hochpreisigen Segment jedoch auch deutlich begrenzt.

Stärken Schwächen
+ führender Projektentwickler in Berlin Mitte+ attraktive Projektpipeline mit derzeit 29 Objekten mit einer Gesamtfläche von 263.000 qm

+ Qualität und Lage der Projekte überzeugt mehrheitlich

+ die meisten Objekte dürften sich rechnen

Managementqualität und Track Record (Fundus Gruppe und Estavis)Eigenkapital erst durch Darlehensverzicht (Debt-Equity-Swap) wieder positiv

in einzelnen Projekten sehen wir Risiken

Großaktionär Immobiliaria Chamartin S.A. sowie deren größter Gesellschafter sind praktisch pleite

Cash-Pool-Vereinbarung – u.a. mit der Immobiliaria Chamartin S.A.

Die Gruppengesellschaften der Chamartin Meermann Gruppe haften für Darlehensverbindlichkeiten der Inmobiliaria Chamartin S.A.

Darlehen in Höhe von 5 Mio. Euro muss am 31. Juli zurückgeführt werden

CMI hat die Absicht, eine bereits am 31.5. fällige Kaufpreiszahlung in Höhe von 10,2 Mio. Euro zu verweigern.

ausgesprochen niedrige Eigenkapitalquote (auf Pro Forma-Basis 11,4%)

66,5% der Finanzverbindlichkeiten werden kurzfristig fällig.

unglaubwürdige Hockeystick-Planung

eine erneute konjunkturelle Eintrübung würde die Gesellschaft existenziell treffen

 

 „Managementqualität“

CMI wird von Ralph Küchenthal als COO und Hans Wittmann als CFO geführt. Küchenthal war zuvor u.a. Geschäftsführer der Funds Gruppe und der KapHag Immmobilien Holding. Wittmann ist bereits als CFO beim Börsengang der ESTAVIS AG im April 2007 negativ aufgefallen (größter Flop unter allen Immobilien-IPOs in Deutschland seit 2005, s. Real Estate Magazin 4/2010, S. 14). Damals war während der Zeichnungsfrist nicht einmal eine vorhergehende Sachkapitalerhöhung eingetragen. Auch diesen Börsengang hatte Hauck & Aufhäuser (damals Cazenove) begleitet …

 An dieser Stelle sei der Hinweis erlaubt, dass kein anderes Medium beim Börsengang der ESTAVIS AG deutlicher von einer Zeichnung abgeraten hat als das Real Estate Magazin.

 Glaubwürdigkeit

Insgesamt erscheint die Story schon sehr zurechtgebogen. Beim Blick auf die Bilanz sowie die Entwicklung des größten Aktionärs Immobiliaria Chamartin S.A. (Anteil Pre-IPO 90%) wird recht schnell klar, dass die Gesellschaft dringend Geld benötigt.

 Nicht gerade vertrauensbildend ist die Tatsache, dass Details zur finanziellen Situation der Immobiliaria Chamartin S.A. auf Seite 34 der Investorenpräsentation vom Juni 2010 zu finden sind, die institutionellen Investoren zur Verfügung gestellt wurde. Unglücklicherweise endet die Pressepräsentation jedoch mit Seite 25 …! Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

 Risiken und Nebenwirkungen

Selbst auf Pro-Forma-Basis hat die Gesellschaft eine Eigenkapitalquote von 11,4%. Zudem sind laut Wertpapierprospekt 66,5% der Finanzverbindlichkeiten kurzfristig fällig.

 „Die Gesellschaft hat die Absicht, die seit 31. Mai 2010 fällige Kaufpreiszahlung (Valuta per 31. März 2010 ca. 10,2 Mio. Euro) für das Objekt Frankfurter Straße, Siegburg, der MI Nr. 10 GmbH & Co. KG unter Berufung auf die Nichtigkeit des Kaufvertrages zu verweigern. Es besteht das Risiko, dass der Verkäufer (ein Verband) neben der gerichtlichen Durchsetzung der Kaufpreisforderung insbesondere die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung des als Sicherheit (Grundschuld) dienenden Grundstücks Askanischer Platz 1, Berlin, beantragt.“ (Zitat aus dem Wertpapierprospekt)

 Zudem muss am 31. Juli ein Darlehen in Höhe von 5,0 Mio. Euro zurückgeführt werden – auch dann, wenn der Börsengang nicht realisiert werden kann.

 Die am Montag veröffentlichte Studie „EMEA Corporate Forecasts – Double Dip: Most and Least Exposed“ von Fitch Ratings macht deutlich, dass bei einer erneuten konjunkturellen Eintrübung Unternehmen aus dem Bauhaupt- und Nebengewerbe besonders hart betroffen wären (Development ist nicht ausdrücklich genannt, wohl aber gemeint).

 Börsengang

Chamartin Meermann plant für den 7. Juli das IPO im Regulierten Markt (Prime Standard) der Frankfurter Wertpapierbörse. Die Transaktion wird von Hauck & Aufhäuser (vormals Cazenove) und Bank M begleitet. Die Marktkapitalisierung dürfte zwischen 120 und 160 Mio. Euro liegen – falls der Börsengang gelingt. Silvia Quandt & Cie. AG agiert als Co-Lead Manager. Als Selling Agents fungieren die comdirect bank AG, die DAB bank AG sowie flatex Online Broker. Die Mindestzeichnungssumme beträgt 100 Aktien. „Mehrfachzeichnungen sind nicht erwünscht.“

 Hockeystickplanung – Chamartin Meermann Immobilien AG

Jahr Umsatz EBIT Jahresüberschuss
2007* 5,1 -0,1 -3,5
2008 16,1 -1,7 -7,8
2009 23,9 8,9 1,6
2010e 144,7 38,8 21,4
2011e 265,5 53,4 29,4
2012e 156,4 27,4 13,1

Angaben in Mio. Euro; *) Zahlen für 2007 nach HGB

Fazit:

Die Gesellschaft hat einige interessante Objekte in der Pipeline, bei denen Lage und Qualität mehrheitlich überzeugen. Die finanzielle Situation des Unternehmens sowie des Mehrheitsgesellschafters, der fast pleite ist, überzeugt hingegen weniger. Das Verschweigen dieser Tatsache gegenüber der Presse und Öffentlichkeit ist umso bedenklicher, als über Direktbanken auch ausdrücklich Retailinvestoren angesprochen werden. Zudem muss bereits Ende Juli ein Kredit über 5 Mio. Euro zurückgeführt werden, einer bereits fälligen Kaufpreiszahlung in Höhe von 10,2 Mio. Euro ist die Gesellschaft bislang nicht nachgekommen. Die Redaktion rät daher entschieden von einer Zeichnung ab.

 Emissionsdetails – Chamartin Meermann Immobilien AG

WKN A1E MFF
Preisspanne 7,70 bis 9,70 Euro
Konsortium Joint Bookrunner: Hauck & Aufhäuser und Bank M,Co-Lead-Manager: Silvia Quandt Bank,

Selling Agents: comdirect, DAB bank, flatex

Emissionsvolumen bis zu 8,4 Mio. Aktien (max. 81,5 Mio. Euro)- davon bis zu 6,455 Mio. Aktien aus einer Kapitalerhöhung,

– bis zu 0,85 Mio. Aktien von abgebenden Altaktionären,

– bis zu 1,1 Mio. Aktien als Greenshoe von Altaktionären

Free Float 51% (nach Greenshoe)
Marktsegment Regulierter Markt (Prime Standard)
Zeichnungsfrist 28. Juni bis 5. Juli
Gepl. Erstnotiz 7. Juli
Preisspanne vermutlich 7,70 bis 9,70 Euro
Marktkapitalisierung vermutlich 120 bis 160 Mio. Euro
Internet www.chamartin.de