#Irland biete Pflegeheimpotentiale

Julia Peters, Leitung Research, IMMAC Gruppe

Der deutsche Markt für Pflegeheim-Immobilien ist eng geworden. Steigende Baupreise, neue Investorenmodelle, ein grundsätzlich geringer Bestand an investmentfähigen Immobilien und in der Folge steigende Kaufpreisfaktoren für Pflegeheime charakterisieren aktuell den deutschen Markt. Damit Initiatoren geschlossener Investmentprodukte für private und institutionelle Anleger auch zukünftig Anlageprodukte mit attraktiven Renditen anbieten können, gilt es, in Zeiten schwieriger Marktsituationen neue Länder mit vielleicht derzeit geeigneteren Marktstrukturen zu entdecken. Der Pflegeheim-Spezialisten IMMAC sucht seit zehn Jahren intensiv in anderen europäischen Ländern nach Expansionsmöglichkeiten im Pflegemarkt. In diesem Zusammenhang hat IMMAC Research bereits 2016 den irischen Pflegemarkt intensiv geprüft und vor Ort plausibilisiert.

 

Nach einem mehrmonatigen Analyseprozess wurde evident, dass der irische Pflegemarkt ideale Grundvoraussetzungen für eine mögliche Expansion und erste Ankäufe bietet. Für eine Expansionsentscheidung sind – neben der Suche nach geeigneten Immobilien und Betreibern – die vor Ort bestehenden Marktstrukturen von elementarer Bedeutung. Denn schließlich stehen stets folgende Fragen im Raum: Wie erfolgt die Refinanzierung der vollstationären Pflege und ist diese Art der Refinanzierung langfristig geregelt und staatlich organisiert? Insbesondere für einen Strukturierer von Geschlossenen Publikums-AIF muss aus IMMAC-Sicht ein Anlageprodukt entstehen, das langfristig eine vergleichsweise sichere Rendite gewährleistet. Für den irischen Markt wurden folgende Erfolgsfaktoren herausgearbeitet.

 

Die vollstationäre Pflege wird staatlich unterstützt: Im Jahr 2009 wurde von der irischen Regierung das sogenannte Nursing Homes Support Scheme eingeführt, das eine finanzielle Unterstützung aus öffentlichen Geldern für Personen regelt, die sich aufgrund einer festgestellten Pflegebedürftigkeit in vollstationärer Langzeitpflege befinden und selbst nicht dazu in der Lage sind, für die Pflegekosten aufzukommen. Die wöchentliche Fair Deal Rate wird vom jeweiligen Pflegeheim mit dem NTPF (National Treatment Purchase Fund) verhandelt und vom HSE (Health Service Executive) an die Einrichtung gezahlt, sobald eine finanzielle Bedürftigkeit bei einer Person in vollstationärer Dauerpflege vorliegt. Die durchschnittliche Rate aller privaten und gemeinnützigen Heime in Irland liegt 2017 bei 939 Euro pro Woche und ist in der Vergangenheit kontinuierlich gestiegen. Die jeweils ausgehandelte Rate deckt alle anfallenden Kosten der vollstationären Versorgung ab und garantiert damit auch die Versorgung einkommensschwächerer Personen.

 

Angebot ist historisch bedingt strukturell schwach und reicht heute und auch zukünftig nicht mehr aus: Der vollstationäre Pflegemarkt in Irland ist durch öffentliche, gemeinnützige und private Betreiber charakterisiert, wobei die privaten und gemeinnützigen Betreiber mit rund 80 % aller angebotenen Pflegeplätze den irischen Markt dominieren. Der irische Pflegemarkt ist in Bezug auf die Betreiber sehr kleinteilig organisiert. Ein Großteil der vollstationären Pflegeheime wird von Einzelpersonen oder kleinen Familienunternehmen betrieben. Die Betreibergruppe Mowlam Healthcare bildet mit insgesamt 28 vollstationären Pflegeheimen und dazugehörigen 1.624 Pflegeplätzen in ganz Irland eine Ausnahme und ist mit Abstand der größte Anbieter von vollstationärer Pflege. Die nächstgrößeren privaten Betreiber TLC Group und Carechoice bieten 511 bzw. 503 vollstationäre Pflegeplätze an. Damit bieten nur drei Betreiber mehr als 500 Pflegeplätze an. Nur 9 Betreiber bieten zwischen 200 und 500 Pflegeplätze an. Damit zählt die Beechfield Care Group mit drei Einrichtungen und 202 Pflegeplätzen zu den größten privaten Pflegeheimbetreibern in Irland. Trotz fehlender verlässlicher Pflegemarktstatistiken dürfte die HIQA (Health Information and Quality Authority), die aktuell in der Summe 30.655 vollstationäre Pflegeplätze in insgesamt 577 vollstationäre Pflegeheime ermittelte, den Markt recht gut abbilden. Mit 24,6 % entfällt ein Großteil der angebotenen Pflegeplätze auf den Großraum Dublin. 2016 waren alle irischen Pflegeheime zu 94 % (Median) ausgelastet. Berücksichtigt man die Übergangszeit bei einem Bewohnerwechsel, so entspricht dies nahezu einer Vollauslastung.

 

Der aktuelle Pflegeheimbestand in Irland weist historisch bedingt oftmals noch strukturelle Defizite auf, die sich beispielsweise in eingeschränkter Barrierefreiheit zeigen. Hinzu kommt, dass eine geringe Einzelzimmer-Quote sowie das Bestehen von Dreibettzimmern im irischen Kontext bis heute keine Seltenheit sind. Hintergrund, dass umgewandelte Wohnhäuser einen Großteil des irischen Pflegeheimbestandes ausmachen. Erst in jüngster Vergangenheit kamen vereinzelt Neubauten auf den Markt, die in etwa den deutschen Neubau-Standards ähneln.

 

Nachfrage wird stark steigen: Die Iren sind derzeit die jüngste Bevölkerung innerhalb der Europäischen Union. Im Vergleich zu Deutschland ist in Irland entsprechend erst in den kommenden Jahren ein signifikanter Anstieg der älteren Bevölkerung zu erwarten. Prognosen zeigen auf, dass die Gesamtbevölkerung bis mindestens 2046 wachsen wird und sich damit der Wachstumstrend der Vergangenheit fortsetzt. Der prozentual größte Anstieg wird sich jedoch zukünftig in der Altersgruppe der über 65-Jährigen zeigen. Hier findet eine Steigerung um 171% verglichen mit 2011 statt. Entsprechend wird die Hauptgruppe der Nachfrager nach vollstationärer Pflege in den kommenden Jahren in Irland sehr stark wachsen. Absolut dargestellt, ergibt sich bei einer angenommenen Pflegequote von 4,5 % im Jahr 2046 ein statistisch berechneter zusätzlicher Bedarf von 36.422 vollstationären Pflegeplätzen.

 

Die Angebotsentwicklung der Pflegeplätze seit 2009 zeigt ein Wachstum von weniger als 1 % pro Jahr auf. Damit wird deutlich, dass der irische Pflegemarkt aufgrund der zukünftigen demografischen Entwicklung ein stärkeres Wachstum als in den vergangenen sieben Jahren benötigt. Bisher lässt sich nicht absehen, dass der öffentliche Sektor signifikant zur Deckung dieses Bedarfes beiträgt. Somit wird für private Betreiber ein wesentlicher Wachstumsmarkt entstehen, der sich aus einer demografisch begründeten, signifikant steigenden Nachfrage speist. Die Refinanzierung der Pflege, das strukturell schwache Angebot bei gleichzeitiger Vollauslastung sowie die zukünftig sehr hohe Nachfrage nach vollstationärer Pflege sind nach Recherche von IMMAC folglich ideale Grundvoraussetzungen für einen langfristig erfolgreichen Markteintritt.