IVG noch seriös?

„Verschaukelt“ IVG die Aktionäre?

Das schlägt dem Fass den Boden aus. Soviel Chuzpe oder Hilflosigkeit hätte ich nicht erwartet. Oder es sind Profis am Werk. Das IVG-Management überlässt Hedgefonds-Anleihezockern die Firma. Deutschlands Immobilienflagschiff IVG wird als Fanal einer „Dekade der Unfähigkeit“ angezündet. Sonnengott Frank Asbeck hat gerade Maßstäbe gesetzt und die 20:1 Aktienverwässerung auf seinem Schloss gefeiert. Am letzten Wochenende kam die IVG mit der offiziellen Idee, die Aktionäre über eine 200:1-Enteignung abstimmen zu lassen. Wahrscheinlich trampeln im Moment Fondsprofis vor Lachen mit den Füßen. Gerade noch in meinem letzten Editorial hatte ich Ihnen aus alter Sanierungserfahrung prophezeit, dass „sowohl Liquiditätsbedarf als auch Wertberichtigungsbedarf sich noch einmal deutlich höher herausstellen würden“. EINE Woche später meldete die IVG noch einmal einen weiteren Abschreibungsbedarf nach HGB in Höhe von insgesamt ca. 350 Mio. Euro.

1993 entzog sich die IVG durch Vollprivatisierung an der Börse staatlicher Kontrolle. Danach steuerte sie in immobilienwirtschaftliche Großmannssucht, dessen Denkmal die Milliardenfackel „Squaire“ am Frankfurter Flughafen mit wohl 500 Mio. Euro Minus (offiziell bestätigt 384 Mio. Euro bei Herstellungskosten von 1,236 Mrd. Euro) wurde. Obwohl Basisentscheidung und Baubeginn zyklisch richtig getimt waren, monierten damals schon potentielle Beteiligungspartnern fehlende Kostensicherheit durch notwendige Maßanfertigung und die Mietansätze mit dramatischer Abweichung vom damaligen Vergleichs-Ist am Flughafen. 2004 hat die nach unseren alten HV-Notizen durch den heutigen IVG-VV Wolfgang Schäfers betreute Zusammenarbeit mit Sal. Oppenheim durch die OIK-Beteiligung nach Ansicht von Anlegerschutz und Großaktionären einen dreistelligen Millionenbetrag gekostet. Das Kapitel überspringt Schäfers übrigens bei der exkulpierenden Vergangenheitsdarstellung gerne. Wir arbeiten Ihnen noch die Vergangenheit noch zur HV-Entscheidungsvorbereitung auf (vgl. auch „Der Platow Brief“ von heute).

Jetzt steht unsere grundlegende Seriositätsvermutung auf dem Spiel. Schließlich haben wir uns auch vor den Karren der IVG-Kommunikationstraumwelt spannen lassen. Das Zusammenspiel von statistisch sehr unüblichem Kursverlauf/-absturz, obwohl die Analysten erst Wochen später ihre Beurteilung drehten, der jetzt passenden neuen Wertberichtigung mit notwendigem Handlungszwang durch mehr als 50% EK-Verbrauch, der Vorbereitung der Übernahme durch Anleihekäufe von Hedgefonds, Milliardenabweichungen bei NAV-Informationen und realitätsferne Kommunikation lässt manchen erfahrenen Analysten sehr nachdenklich werden.

Letztes Jahr auf der HV bestätigte Finanzvorstand Hans Volkert Volckens bei der Beantwortung von Aktionärsfragen die explizite Berücksichtigung ALLER Zahlungsverpflichtungen incl. der Wandelanleihen. Wir notierten: „Aktuell erwarten wir keine wesentlichen Schwierigkeiten.“ Alles sei Bestandteil der Finanzplanung. Grobe Fehleinschätzungen passieren, auch wenn es sich nicht um ein Lebenslauf-Highlight handelt. Auch eine Dilettantismus- und Sanierungsdekade kann schon mal  Milliarden verdummen. Dummheit ist nicht strafbar. Allerdings wäre eine Aufbereitung der Historie durch einen neutralen Experten oder Verwalter schon interessant. Es wird sicherlich Aktionäre geben, die Haftungsaspekte und Aspekte der aktienrechtlichen Kommunikation engagiert überdenken werden. Je mehr „Der Immobilienbrief“ sich mit der Vergangenheit auseinandersetzt, desto unsicherer wird die grundlegende Seriositätsvermutung. Aber: Noch gehört die Gesellschaft den Aktionären. Die Frage ist, ob die Großaktionäre wie die noch beteiligte Familie Mann mit Einkaufskurs wohl zwischen 20 und 30 Euro, die mit anderen vor kurzem ausgeschiedenen Großaktionären Hunderte von Millionen versenkt haben, ihr Ausbooten kampflos hinnehmen werden. Ist der Erhalt der letzten 0,5% unter Verzicht auf alle Klärungen wirklich den Gesichtsverlust wert? Manche Aktionäre werden wohl vor dem Spiegel entscheiden, dass man sicherlich bereit sei, Geld zu verlieren, dass man jedoch nicht bereit sei, sich „verschaukeln“ zu lassen.

(siehe auch Der Platow Brief vom 16.08.2013)