Luxusmeilen in Europa – Die Mieten sind so hoch wie nie zuvor

rv DÜSSELDORF: Der Vorteil von Luxusmarken ist, dass ihre Käufer relativ konjunkturresistent sind. Konjunkturflauten können ihnen wenig anhaben. Davon profitieren der Einzelhandel des gehobenen Genres und die Immobilieneigentümer in den entsprechenden Nobel-Einkaufsstraßen. Denn am liebsten bleiben Anbieter und Kunden unter sich. So konstatiert der Immobiliendienstleister Cushman & Wakefield, dass 2015 erneut ein starkes Jahr für Europas Luxusmeilen war.

„Dank dieses außergewöhnlichen Wachstums ist der Einzelhandel auf den Luxuseinkaufsstraßen der einzige gewerbliche Immobiliensektor, in dem die Spitzenmieten so hoch sind wie nie zuvor“, schreibt Cushman & Wakefield (C&W) in seiner aktuellen Studie „Highstreet Renaissance in Europe“. Unterstützt wird diese Entwicklung aus Sicht der Experten von der aktuellen Renaissance des innerstädtischen Einzelhandels, die einher geht mit der Rückbesinnung der Menschen auf die Städte als Wohnorte sowie den wachsenden Städtetourismus. Mit Blick auf die große Nachfrage der Investoren nach Retail Assets in den angesagten Luxuslagen europäischer Metropolen – auch als Folge der Niedrigzins-Politik – unterschreiten die Renditen inzwischen allerdings die Werte von vor der Rezession 2008/09.

Dass sich angesichts der unterschiedlichen Entwicklung in Europa und den unterschiedlichen Perspektiven auch die Mieten zuletzt sehr verschieden entwickelt haben, liegt auf der Hand. Den höchsten Anstieg innerhalb von 12 Monaten verzeichnete demnach die Via Montenapoleone in Mailand mit einem Plus von 41,2%. Hier könnte sich auch positiv bemerkbar machen, dass die italienische Wirtschaft wieder wächst. Dafür spricht auch, dass die Via Condotti in Rom mit einem Plus von 37,5% auf dem zweiten Platz folgt. Auf dem dritten Platz steht die Avinguda Diagonal in Barcelona mit +33,3%. Es folgen auf den Plätzen die Rue St. Honoré und der Place Vendome in Paris mit einer Mietsteigerung von jeweils etwa 25%, vor der Grafton Street in Dublin mit etwa 22% und dem Londoner West-End mit rund 20%. Auf Platz 15 findet sich die Baixa in Lissabon mit einer Mietsteigerung von etwa 13%.

Deutsche Straßen finden sich nicht in der Liste der 15 Städte mit den höchsten Mietsteigerungen. Dafür ist Paris mit 5 Straßen vertreten. Trotz der guten Fundamentaldaten gerade auf dem deutschen Einzelhandelsmarkt und einer hohen Nachfrage registrierte C&W nur ein verhaltenes Mietwachstum. BNP Paribas Real Estate hatte nach Analyse von 64 Top-Städten festgestellt, dass für einige Filialisten die Schmerzgrenze erreicht sei. Nicht zuletzt um sich gegen den Online-Handel zu positionieren, suchen die Einzelhändler Flächen vor allem in den etablierten großen Einkaufsstraßen.

Allerdings stellt C&W fest, dass hierzulande inzwischen auch die Cities von wirtschaftsstarken B- und C-Städten interessant werden, vor allem dann, wenn sie in Neubauten oder revitalisierten Immobilien moderne Verkaufsflächen bieten, wie Filialisten sie suchen. Hier eröffnen etwa ehemalige Hertie-Immobilien Chancen.

In Schweden rechnet der Immobiliendienstleister mit steigenden Mieten im großstädtischen Einzelhandel, da das Angebot knapp ist und die Mieten schon in den vergangenen Jahren leicht gestiegen sind. Für Impulse könnte die Tatsache sorgen, dass sich die Stadtzentren von Stockholm (Foto), Göteborg und Malmö neu positionieren wollen. Das hat auch internationale Marken angezogen. Die Experten erwarten, dass dort, wo es früher nur Büros gab, sich bald auch Läden, Restaurants, Wohngebäude und Hotels ansiedeln werden.

Auch in den Ländern Zentral- und Osteuropas, deren Einzelhandelslandschaft in den vergangenen 20 Jahren vor allem durch Shopping-Center geprägt wurde, geht der Trend laut Studie hin zur Re-Urbanisierung, was auch den Einzelhandel beeinflusst. Vor allem in Prag und in polnischen Großstädten ändert sich das Stadtbild allmählich. „Die aufstrebende Mittelklasse möchte ein individuelleres und spannenderes Shoppingerlebnis“, heißt es in der Studie: „Stadtplaner haben diesen Trend bereits erkannt und Restaurants und Shoppingmöglichkeiten in Neubauten und immer mehr auch in historischen und revitalisierten Gebäuden wie alten Kasernen, Markt- oder Fabrikhallen integriert.“ Insbesondere in Polen lasse sich mit den kleineren, traditionelle Läden mit hoher Qualität und einem Mix aus Restaurants und Geschäften das Potenzial der Highstreets erfolgreich entfalten.

Südeuropa lässt den Krisenmodus hinter sich

In punkto Handelsimmobilien lässt Südeuropa den Krisenmodus allmählich hinter sich. Der Boom in den erstklassigen Einkaufsstraßen der Hauptstädte von Spanien und Portugal weitet sich laut Studie auch auf Nebenstraßen und kleinere Städte aus. Ein Beispiel dafür sei die erfolgreiche Wiederbelebung der Calle Orense in Madrid. Auch in Palma de Mallorca registrierte C&W in den vergangenen eineinhalb Jahren eine Mietpreissteigerung von 18%.

Aus Sicht von Monika Sujkowska, Senior Analyst im Investment Strategy Team von C&W zieht der Trend zur Re-Urbanisierung eine stärkere Verdichtung nach sich, wodurch sich für den Handel der ideale Standortmix aus zentral gelegenen Shops in der Nähe zu kulturellen Angeboten, Arbeitswelt, Restaurants und Touristenmagneten ergibt. Das bedeutet Frequenz. Beim Blick auf 2016 erwartet Michael Rodda, Head of European Retail Investment bei C&W, dass neben den Luxuseinkaufsstraßen in Paris, London, Rom, Mailand, Barcelona und Madrid vor allem B-Städte in etablierten Zielregionen und Standorte in kleineren Ländern gefragt sein werden, denn der Einzelhandel suche stetig nach Expansionschancen und wachstumsstarken Regionen.