Mallorca erwacht aus Dornröschenschlaf

Jürgen Hoffmann, freier Redakteur

Die Sonne kommt langsam wieder durch die schweren Wolken, die seit zwei Jahren den Immobilien-Himmel über Mallorca verdunkelt hatten. Nach zehn Jahren Boom auf der Baleareninsel mit einer kumulierten Steigerung der durchschnittlichen Quadratmeterpreise um rund 170% war der 2008 eingebrochen. Die weltweite Wirtschafts- und die spanische Immobilienkrise hatten auch auf Mallorca tiefe Spuren hinterlassen: Verkaufszahlen und Verkaufspreise sanken je nach Marktsegment und Region um 20, 30% und mehr, einige kleinere Immobilienunternehmen mussten schließen, viele größere Personal abbauen. Dass es vor allem im Preissegment unter 500 000 Euro fast zu einem Stillstand der Aktivitäten kam, lag daran, dass viele potentielle Käufer auf noch tiefer fallende Preise spekulierten und einige Eigentümer, die nicht verkaufen mussten, ihre Immobilie wieder vom Markt nahmen. Hinzu kam, dass die Briten, die in den Vorjahren für kräftige Nachfrage gesorgt hatten, 2008 und 2009 als Käufer fast komplett wegblieben. Eine Ursache dafür war das sehr schwache Pfund. An Mallorca interessierte russische Immobilienkäufer konnten diesen Ausfall nicht kompensieren.

Mit den ersten Sonnenstrahlen des Jahres ist nun aber der Optimismus zurückgekehrt. So meldet der Makler und Bauträger Binnewies & Partner Ende des ersten Quartals 2010 „eine deutlich höhere Kaufbereitschaft“, so Chef Sven Binnewies. Damit nicht genug. Auch die Banken sind am Markt zurück und vergeben wieder Immobilienkredite. Allerdings erwarten sie vom Käufer mehr Eigenkapital als noch vor drei Jahren – im Schnitt 50% des Kaufpreises. In den ersten Monaten des Jahres stieg das Gesamtvolumen der Finanzierungen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um gut 26%. Es wird also wieder gekauft und finanziert. Vor allem im Südwesten der Insel, der bei Deutschen besonders beliebt ist. Daniel Waschke, Geschäftsführer bei Engel & Völkers auf Mallorca: „Diese Immobilienregion Mallorcas ist und bleibt stark. Hier sind die Preise relativ hoch und auch in der Krise stabil geblieben.“ In Andratx und Calvia, Dejá und Sóller gebe es auch für Objekte unter 500.000 Euro weiter viele Interessenten. Im laufenden Jahr werde das Geschäfte in diesem Preissegment deutlich anziehen. „Am meisten Bewegung“ aber werde es 2010 bei Immobilien geben, die zwischen einer Million und drei Millionen Euro kosten.

Mallorca - Karte mit Relief

Mallorca - Karte mit Relief

Andere Makler bestätigen diese Einschätzung. Auffallend sei die ungebremste Nachfrage sowohl nach Fincas und Casitas zum Kauf als auch als Feriendomizil in kleineren Bergdörfern wie Fornalutx und Biniaraix im „Goldenen Tal“ jenseits der Gebirgskette Serra Tramuntana. Attraktiv sind diese „Immobilien-Perlen“ vor allem als Ausgangspunkte und Zwischenstationen für Wanderer und Radfahrer und wegen ihrer malerischen Lage oberhalb des größten Orangen- und Zitronenanbaugebietes der Insel. Laut Binnewies haben darüber hinaus der „Zuzug zahlreicher Prominenter“ und die gelungene Umgestaltung des Hafens von Sóller „zu einer signifikanten Aufwertung der Immobilien“ in dieser Gegend geführt. Und weitere Investitionen folgen: So plant die arabische Hotelkette Jumeirah, die auch die Nobel-Herberge Burj Al Arab in Dubai betreibt, im Juli nächsten Jahres die Eröffnung des 120-Zimmer-Luxushotels Sa Talaia auf einer Felsklippe in Port de Sóller. Ein Jahrzehnt lang hatte hier eine Bauruine den Blick verschandelt. 2007 erwarb die Frankfurter Deka Immobilien GmbH das Objekt über ihren Fonds Westinvest. 40 Mio. Euro lässt sich die Gesellschaft den Bau kosten. Das Hotel könnte zum neuen Wahrzeichen Port de Sóllers werden. 

Wer in diesen Tagen über die Insel fährt, sieht aber auch in anderen Regionen neue Verkaufsschilder und Makler in Verkaufsgesprächen mit Interessenten. Fincas sind im Landesinneren am günstigsten. Käufer hier sind Liebhaber des ruhigen ländlichen Lebens. Preissteigerungen erwarten die Insel-Makler mittelfristig im Nordosten, insbesondere in der Region rund um Artà und in einigen Küstenorten. Der Osten und Südosten Mallorcas ist billiger als der Südwesten, bekommt aber zunehmend exklusive Immobilien meist durch internationale Residenten.