Mipim 2010 – Die „echte“ Mipim ist zurück

Weniger ist mehr. Bis auf die Veranstalter ist wohl jeder zufrieden. Es ist ruhiger geworden bei Europas wichtigster Gewerbeimmobilienmesse, Mipim, in Cannes. Wahrscheinlich gab es weniger als die Hälfte der Messeanwesenheitstage als im Rekordjahr 2008. Es fehlte allerdings niemand. Die (echte) Mipim der Immobilienplayer ist zurück. Es hat, wie auch schon letztes Jahr, wieder Spaß gemacht. Noch 2008 purzelten mit knapp 30 000 Besuchern die Rekorde und machten die Messe zur infrastrukturellen Farce.

Letztes Jahr blieben dann 40% bzw. 12 000 Besucher zu Hause. 2010 soll dann auf Vorjahresniveau geblieben sein. Es wurden wohl wieder 18 000 Tickets verkauft. Zum Thema Preis oder Verschenken gab es Gerüchte. Der brutale Einbruch fiel nur quantitativ auf. Einheitlicher Tenor war, dass auf GF-Ebene jeder gewünschte Gesprächspartner anwesend war. Lediglich im journalistischen Gesprächskreis, oft auf der zweiten Ebene, hatte sich im Vorfeld der Messe eine überraschende Häufung dringend notwendiger Tätigkeiten ergeben, die Präsens in Deutschland erforderten. Allerdings gab es Mega-Matadore der letzten Jahre, die durch Budgetsitzungen „überrascht“ wurden, so dass leider kaum jemand für Fragen nach investierten Milliarden zu finden war.

Viele langfristig gebuchte osteuropäische Stände waren nur durch Modelle belebt. Beide Modell-Kategorien, in Schaukästen und mit kurzen Röcken, waren oft sehenswert, aber meist alleine. Im statistischen Ergebnis kamen ca. 18 000 Besucher aus 81 Ländern und von 3 000 Unternehmen zum Besuch der offiziellen 18 163 qm (‑10%) Ausstellungsfläche. Gefühlt waren es an allen Fronten weniger. Bei Besuchern ist das durch verkürzte Aufenthaltsdauer erklärbar. Viele Unternehmen waren wohl da, hatten jedoch keinen eigenen Stand mehr, sondern waren an den gut besuchten Regionalständen beteiligt. Deutschland belegte mit 714 Unternehmen Platz 3 hinter Frankreich und Großbritannien. Insgesamt kamen, lt. Veranstalter 2.211 Deutsche zur Messe. Im Vorjahr waren es noch 2.239.

Die Grundstimmung der Mipim war gut. Lediglich aus wirtschaftlicher Sicht ist das Bild geteilt. Optimistisch ist Deutsche Hypo Vorstand Andreas Pohl. Er sieht für das kommende Jahr eine deutliche Belebung des Investmentmarktes. Die Stimmung sei insgesamt gut. Das bestätigte sich auch beim traditionellen Eröffnungslunch der Deutsche Hypo für Kunden und Geschäftspartner, der für viele der sympathische, lockere Auftakt der Messe war.

Die Szene der Offenen und Geschlossenen Fonds drückt derzeit der Schäuble-Vorstoß zur Regulierung. Volkswirtschaftlich ist Deka-Vorstand Matthias Danne eher skeptisch. Er hat als Bankinsider mehr „Respekt vor der Finanzierungssituation“ als der Markt. In Bezug auf Wachstum ist er „weniger optimistisch“. Er sieht noch keine Lösung für die generelle Refinanzierungsproblematik. Immobilien kämen verstärkt an den Markt. Das bliebe eine Herausforderung. Andererseits stellt er seiner eigenen Meinung durchaus auch dagegen, dass seine eigenen Volkswirte für einen Aufschwung weit optimistischer seien.

Für Generali Immobilien-Chef Bernhard Berg als Vertreter eines eigenkapitalstarken Investors hat die aktuelle Situation Vorteile, auch wenn es im Jahresverlauf noch einmal zu Verwerfungen kommen sollte. Insgesamt steigt der Anlagedruck in Immobilien. Die Immobilienquote geht bei Generali bis 2011 von jetzt etwa 6% auf 7% hoch. Das ist überschlagsweise locker 1 Mrd., die zusätzlich investiert werden soll. Entgegen den oft gehörten Beteuerungen ist in den letzten 10 Jahren die echte Immobilienquote der Versicherungen insgesamt mit direkten und indirekten Anlagen von 5,5% auf 4,5% rückläufig gewesen. Das ergibt weiteren hohen Milliarden-Anlagebedarf. Der Trend der Umschichtung von direkten in indirekte Anlagen geht lt. Berg trotz aktueller Delle weiter. Im Jahr 2000 waren noch 80% direkte Anlagen. Heute sind es nur noch 50%.

Aktuell bestimmen den Markt vor allem eigenkapitalstarke Investoren, die bevorzugt in Core Objekte in guten Lagen mit langen Mietverträgen und bonitätsstarken Mietern investieren werden. Christoph Husmann von Hochtief Projektentwicklung sieht eine Konzentration der Immobilienwirtschaft auf Unternehmen mit starkem Hintergrund, der Finanzierungen ermögliche und eine immer schärfere Trennung des Marktes in Topobjekte und den Rest.

Das Immobiliengeschäft wird nach den eher formlosen Absichtserklärungen des Vorjahres wieder konkret. Verschobene Projekte werden lt. Drees & Sommer-Vorstand Peter Tzeschlock wieder aus den Schubladen geholt. (siehe Statement unten). Für Wulff Aengevelt ermöglicht das face-to-face der Mipim gegenüber gegen dem immer mehr dominierenden mail-to-mail zu Hause ein schnelles Klären offener Fragen im Gespräch.

Auch für Steuergelder fand sich „sinnvolle“ Verwendung, so lud die Bayrische Landesbank mit Milliardenstützung ebenso wie auch andere Banken ohne aktuelle Ruhmestaten ihre Gäste unverdrossen ins 2-Sterne Restaurant L’Oasis ein. Wahrscheinlich war das Essen geschmacklich besser als die Einladung.

Interessant und bedenklich war ein Backgroundgespräch mit einem gewöhnlich gut vernetzten Marktteilnehmer. Aus Investmentbankersicht sei klar, dass man auf Grund der Refinanzierungsproblematik trotz aktuell guter Immobilien-Entwicklung im Sommer wieder aus London heraus sein müsse (siehe Editorial).