Multifunktionalität moderner Airports im Visier von Investoren

Dr. Jürgen Spreter, Director Market Research der KGAL, Grünwald bei München

 

Das Erlebnispotenzial an internationalen Flughäfen kennt kaum noch Grenzen. Musical-Theater, Luxus-Hotellerie, Konferenz-Center, Museen bis hin zu Beachvolleyball-Meisterschaften direkt im Airport Center sind längst nichts Ungewöhnliches mehr. Trotz Flaute in einigen Segmenten des Luftverkehrs aufgrund der Turbulenzen der internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise ist der Trend ungebrochen: Airports sind Hot Spot und Drehscheibe für Wirtschaft und Tourismus zugleich und mehr denn je auch moderne Event-Locations mit hoher Publikumsfrequenz und höchstem Unterhaltungswert.

Erfolg und Wachstum durch Investitionen

Diese Entwicklung ist natürlich auch immobilienwirtschaftlich von weitreichender Bedeutung. Die Flughafenbetreiber nutzen das immense Ertragspotenzial ihrer Areale und so überrascht es nicht, dass allein in den nächsten fünf Jahren 20 Milliarden Euro an deutschen Airports investiert werden sollen. An einigen Flughäfen sind bereits großzügig dimensionierte Ausbaupro­gramme im Gang, die nicht nur den Airports selbst neue Dynamik verleihen, sondern auch den umliegenden Regionen Synergie-Effekte bringen. Investiert wird in neue Landebahnen, Terminals, Gepäcksortierhallen, Hangars, Parkhäuser, Flight Training Center, aber auch in andere Airport-Immobilien, die nur indirekt mit dem Flugbetrieb zu tun haben: Hotels, Mietwagen-Center, Logistikzentren und vor allem Shopping-Fazilitäten. Der rasante Ausbau des Non-Aviation-Bereichs ist Folge ökonomischer Zwänge. Denn mancher Flughafen erzielt kaum noch Erträge im originären Fluggeschäft. Die Funktion der Flughafen­gesell­schaften als Mobilitätskonzerne wandelt sich daher und geht mehr und mehr in Richtung Immobilien-Manager, Developer und Optimierer von Retail-Konzepten. Airport-Shopping gilt vielerorts als Goldgrube, einzelne Flughäfen gleichen bereits heute „Einkaufszentren mit Landebahn“. Experten haben analysiert, dass Flugreisende im Schnitt über drei- bis fünfmal so hohe Einkommen verfügen wie der Durchschnittsverdiener. Außerdem wurde errechnet, dass die Verkaufsumsätze pro qm Ladenfläche im Airport Retail bis zu sechsmal höher sind als in städtischen Shopping-Centern. Natürlich eröffnen solche Trends auch Spielräume für weitere Visionen: „Der Shopping- und Event-Charakter der Flughäfen ließe sich durchaus noch mannigfaltiger gestalten: Zum Beispiel durch Factory Outlets: Airport-Shopping in Luxus-Outlets könnte den Flughäfen noch zusätzliche Impulse verschaffen und die Umsätze weiter steigern. Oder der „Medizinal-Tourismus“: Schon heute reisen die Reichen dieser Welt – nicht nur aus dem arabischen Raum – um den halben Globus zu den besten Ärzten, um sich von diesen Koryphäen behandeln oder operieren zu lassen. Warum also nicht auch Ärztezentren direkt am Airport oder zentral in der Airport City? Arrival – OP – Departure!“ so Dieter Weiß, Mitglied der Geschäftsführung der KGAL.

Projektentwicklungen und Investorenmodelle

Die Flughäfen sind Großgrundbesitzer und ihre Immobilien und Grundstücksflächen mittler­weile oft die entscheidenden Werttreiber der Flughafengesellschaften. In Frankfurt, Düsseldorf und Berlin etwa werden die Möglichkeiten verfügbarer Flächen konsequent genutzt. Bei der Fraport AG sind derzeit mehrere Projektentwicklungen mit unterschiedlichen Nutzungskonzepten im Gang: Mönchhof-Gelände, Cargo City Süd, Cargo City Nord. Hier werden einerseits eigene Investitionen realisiert, andererseits gibt es Flächen für lukrative Eigenvermietung und schließlich Grundstücke, die über Erbbaurechtskonzepte ausgewählten Projektentwicklern überlassen werden. Die Nach­frage ist groß, was nicht zuletzt auch an der Sondersituation des Frankfurter Flughafens liegt. Dieser ist nicht nur der größte deutsche Airport, sondern er gilt zudem als so genannter Hub Airport, als Luftverkehrs-Drehscheibe. Solche Verkehrsknotenpunkte im Herzen Europas vernetzen den Inter­kontinen­tal­verkehr mit einem leistungsfähigen europa­weiten Zubringer- und Verteiler­system. Während kleinere Flughäfen in ihrer Frequenz doch eher gewissen Schwankungen unterliegen, können Hubs durch ihre vielseitige Funktionalität negative Entwicklungen in Teilbereichen besser ausgleichen. Internationalität und Größe garantieren daher auch Sicherheit – bei Investoren heutzutage mehr denn je gefragt.

In Berlin wird für rund 2,5 Milliarden Euro der neue Airport Berlin Brandenburg International (BBI) gebaut. Dabei sind diverse Finanzierungsmodelle vorgesehen. Für einige langfristig betriebsnotwendige Objekte werden Sonderfinanzierungsmodelle wie z. B. Leasing in Betracht gezogen, wobei so genannte Special Purpose Companies mit Generalunternehmern oder ‑übernehmern die Immobilien errichten und dann an die Flughafengesellschaft vermieten würden. Andere Bauten wie z. B. das Tagungs- und Kongresshotel, Parkhäuser, Büro- und Frachthäuser werden europaweit ausgeschrieben und sollen über Investorenmodelle realisiert werden.

Airports im Fokus von Investoren

Die Einbindung von Investorenkapital kann nicht nur die Finanzierbarkeit von Großprojekten er­leichtern, sondern Vorhaben auch beschleunigen. Und die Neigung von Großanlegern, am Auf­wärts­trend der Flughäfen zu partizipieren und auch dort zu investieren, ist groß. Denn die Anlagestrategien institutioneller Anleger haben sich drastisch geändert. Gefragt sind nun konservative Investments mit belastbaren Kalkulations-Parametern: Produkte ohne jegliche Toxizität, einfache Beteiligungsstrukturen – und Sicherheit geht nun vor Rendite­optimierung. Anlageobjekte an den in Passagier- und Frachtverkehr führenden deut­schen Airports sind damit wie geschaffen für institutionelle Investoren wie etwa Versicherun­gen. Dies gilt in besonderem Maße dann, wenn sie sich selektiv an klassischen Core-Fonds mit bonitätsstarken Nutzern, möglichst mit (halb-)staatlichem Charakter, und langfristigen Mietverträgen beteiligen können.

Vor allem einige namhafte Versicherungskonzerne sind derzeit dabei, im Sinne einer „Asset Class Rotation“ die Immobilienquote ihrer Anlage-Portfolios zu erhöhen. Denn anders als die nach wie vor unsicheren Kapitalmärkte bieten Top-Objekte mit guter Bauqualität und in bevorzugter Lage langfristig stabile überdurchschnittliche Renditen. Durch regelmäßigen Cashflow und vergleichsweise geringe Volatilität wird das Portfolio stabilisiert. Zudem können Versicherer durch gezielte Einbindung auch von Airport-Immobilien ihr Investment-Portfolio weiter diversifizieren und so ein zusätzliches Plus an Sicherheit erreichen.

Fazit

Die Multifunktionalität moderner Flughäfen als Transport-, Event- und Shopping-Zentren wird auch künftig Erfolgsrezept sein. Vor allem für Airport Citys dürfte es noch derzeit ungeahnte Ideen zur Hebung des Wohlfühlfaktors für das Flughafen-Publikum geben. Aber auch das unmittelbare Umfeld der Airports profitiert, werden doch viele ansiedlungswillige Unternehmen von funktionaler Infrastruktur und Verkehrsanbindung geradezu magisch angezogen. Die Anziehungskraft der Flughäfen führt dabei zwangsläufig zu stets neuen Investitionen und wirkt nicht zuletzt auch als Magnet für institutionelle Investoren.

Mit individuellen Leasing- und Fondsmodellen unter anteiligem Einsatz von Investorenkapital gelingt der Spagat zwischen Anlagechance mit sicherer Rendite und Finanzierungslösung für Investitionen bonitätsstarker Mieter. Aus langjähriger Erfahrung der KGAL, die an führenden deutschen Airports bereits Objekte für rund 2 Milliarden Euro finanziert hat, wird aber auch klar, dass diese Modelle nur dann zum gewünschten Erfolg führen, wenn die beteiligten Partner aus den Bereichen Development, Bau, Strukturierung, Kapitalmarkt und die Betreiber im Sinne einer engagierten Wertschöpfungs-Partnerschaft eng zusammenarbeiten.