Nordeuropa – ungerechtfertigt im Abseits

Dr. Leo Fischer

Deutsche und niederländische Core-Immobilien stehen heute im Fokus des Anlegerinteresses und der geschlossenen Fonds. Vernachlässigt werden die nordischen Länder – zu Unrecht, wie Aanders Palmgren, Head of Business Development-Corporate Finance Catella, bei einem Vortrag in Hamburg aufzeigte. Für die in Stockholm börsennotierte Catella, die ihren Hauptsitz in Schweden hat, sind die nordischen Länder Dänemark, Finnland, Norwegen und Schweden sozusagen der Heimatmarkt. Aktiv ist das Unternehmen aber auf neun europäischen Immobilienmärkten. In Deutschland ist Catella durch die 2007 gegründete Catella Real Estate AG Kapitalanlagegesellschaft in München bekannt, die vier (wirklich) offene Publikumsimmobilienfonds verwaltet und einen Spezialfonds (Wald). Die Catella Real Estate AG ist eine Schwester der Catella Property Deutschland, die als Transaktionsberatern tätig ist.  

Die Immobilienmärkte in den nordischen Ländern haben eine hohe Markttransparenz. Nach dem Urteil von Jones Lang LaSalle werden Schweden und Dänemark als „hoch transparent“ bewertet, während Finnland als „transparent“ gilt. Und sie gelten als liquide. Die nordischen Immobilienmärkte warfen in den letzten fünf und zehn Jahren eine deutlich höhere Rendite ab als der Durchschnitt der europäischen Länder.

Ausländische Investoren sind in den Nordländern sehr aktiv, auch wenn Deutsche sich offenbar zurückhalten. 40-50% des Transaktionsvolumens der Jahre 2005-2008 entfielen auf Ausländer, aber in den letzten beiden Jahren ist der Anteil auf 20 bis 30 % zurückgegangen.

Die EU-Länder Dänemark, Finnland und Schweden kommen bei einem Bevölkerungsanteil von 6,1% der Europazone auf einen BIP (Bruttoinlandsprodukt)-Anteil von 9,3%. Das zeugt von der Produktivität der nordischen Länder. Auch im laufenden Jahr und 2012 dürften sich die nordischen Volkswirtschaften besser entwickeln als die Europazone. 

Die nordischen Länder konnten sich allerdings der weltwirtschaftlichen Talfahrt 2009 nicht entziehen, befinden sich aber wieder im Aufschwung. Davon profitieren auch die Immobilienmärkte. Im letzten Jahr erholte sich das Transaktionsvolumen von krisenbedingten 4,6 Mrd. Euro auf 12 Mrd. Euro.

Büros: Immobilien-Entwickler haben sich im Boom 2007-2008 sehr zurückgehalten, ein Überangebot wurde vermieden. Die Marktmieten fielen zwar im Jahre 2009, aber begannen sich bereits 2010 zu erholen. Für nächstes Jahr sagt Catella voraus, dass die neue Nachfrage das zusätzliche Angebot in Stockholm und Helsinki übersteigen wird; der Markt in Kopenhagen wird ausgeglichen gesehen. Der größte Bürostandort der nordischen Länder ist Stockholm mit 12 Mill. Quadratmeter knapp vor Kopenhagen (11).

Einzelhandel: Die höchsten Renditen haben in der Vergangenheit Einzelhandelsflächen gebracht. Das lag vor allem an den hohen Wertzuwächsen, vor allem in den Jahren 2006 und 2007 auf Grund von Engagements europäischer Investoren. Die Erträge sind allerdings auch volatiler als bei anderen Immobilien. 

Logistik: Von der starken Verbrauchsnachfrage und dem florierenden Einzelhandel profitiert auch die Logistik. Der Mietmarkt ist stabil, die Leerstände sind niedrig und es herrscht ein stabiles Mietpreisniveau für hochwertige Logistikimmobilien. Der Hauptteil der Erträge kommt aus der laufenden Rendite, Wertzuwächse spielen eine nur geringe Rolle. Logistik- Hotspots sind Dreieck Malmö, Jönköping, Norrköping, Stockholm, Örebro/Västerås, Göteborg herum, die Region Kopenhagen, Odense, Aarhus und Helsinki. Firmen lagern ihre Logistikaktivitäten aus.

Kreditinstitute finanzieren Gewerbeimmobilien zu 60 bis 70%. Der Markt ist zweigeteilt: Die Banken geben lieber Kredite an bereits vorhandene Kunden als an neue. Die Gewinnmargen der Banken bei der Immobilienfinanzierung sind wegen des wieder schärferen Wettbewerbs zurückgegangen. Weil sich die Banken im Norden nicht mit toxischen Wertpapieren die Finger verbrannt haben, waren keine groß angelegten Rettungsaktionen der öffentlichen Hand nötig und es mussten keine neuen Budgetdefizite in Kauf genommen werden.