Offene Immobilienfonds – Interessante Anlagen oder vertriebsgetriebene Produkte mit fehlender Originalität?

Die Hiobsbotschaften über den Rückzug der Anleger aus offenen Immobilienfonds scheinen kein Ende zu finden. Allein im Mai sind nach Aussage des BVI 1,4 Mrd. € abgeflossen. Die Aktivitäten des Gesetzgebers beunruhigen die Bankberater und Anleger zusätzlich. Wer will schon in ein Produkt investieren, dessen Markenzeichen die jederzeitige Anteilsrückgabe war, wenn der Gesetzgeber diese stark einschränkt und immer mehr Fonds sie in der jüngsten Vergangenheit aussetzen mussten? Dabei ist die Aussetzung nur die natürliche Kompensation des den offenen Immobilienfonds inhärenten konzeptionellen Systembruchs, langfristige Anlagen mit kurzfristig rückzahlbarem Kapital zu finanzieren. Die Aussetzung der Rückzahlung ist im Interesse der Anleger, die Alternative wäre die Verschleuderung der Immobilien. Doch kommuniziert hat das die Branche nur sehr schlecht. Sie ließ sich auch dort in ein Katastrophenszenario hineinreden, wo keines war.

Offene Immobilienfonds sind vor allem vertriebsgetriebene Produkte. Das musste vor kurzem schmerzlich einer der großen Fonds erfahren, der sein Weiterleben „ohne die Nähe zum Bankschalter“ versucht hat. Doch so etwas ist nichts Besonderes. Der „Durchschnittsanleger“ kennt die Anlageprodukte generell nicht. In aller Regel muss ihm der Bankberater oder freie Vertrieb etwas „verkaufen“. Nur haben die Manager offener Immobilienfonds das selten zugegeben. Viele glaubten, das Geld fließe wegen der Qualität ihrer Produkte gleichsam von selbst. Das hat sich als Illusion erwiesen. Nach meiner Prognose wird es eine klare Spaltung bei offenen Immobilienfonds geben: Überleben und boomen werden nur diejenigen, die ihrem Bankvertrieb und den Anlegern vermitteln können, welche gute unternehmerische Idee dem Fondskonzept zugrunde liegt. An originellen Ideen freilich schient es der Branche zu mangeln. „Business is people“ gilt auch hier. Doch die kreativen Manager sind auch in dieser Branche eher selten. Mit bloßem „Tausch“ Geld gegen großvolumige Immobilien und zurück wird die Zukunft nicht zu bewältigen sein. Vor allem die jüngere Anlegergeneration findet offene Immobilienfonds wenig „sexy“, eher langweilig. Die Immobilie hat leider auch in Deutschland viel von ihrem einstigen Nimbus verloren. Auch hier zeigt sich: Ohne innovative Ideen keine innovativen Produkte!

Wo aber sind bei offenen Immobilienfonds tragfähige, originelle und Anlegern und Vertrieb einfach zu kommunizierende unternehmerischen Ideen? Da auch Immobilien großen Volatilitäten unterliegen, kann man sie nicht per se als sichere oder gar ertragssichere Kapitalanlagen vermarkten. Betrachtet man die eigenen Darstellungen der offenen Immobilienfonds, etwa auf ihren Internetseiten, so fällt es bei den meisten schwer, überhaupt eine klare Philosophie zu erkennen oder gar eine solche, die sich deutlich von allgemein bekannten Aussagen abhebt. Die Aussagen, der Fonds investiere in Bürogebäude in deutschen, europäischen und ausgewählten ausländischen Standorten, ist ebenso allgemein wie nichts sagend. Anleger wollen wissen, warum genau mit einer bestimmten Investitionsstrategie ihre Kapitalanlage sicher ist in Bezug auf die Erhaltung der Substanz und in Bezug auf die Ertragssituation. Auch wenn sich viele heute mit niedrigen Renditen begnügen, ist z. B. das Vertrauen in Büroimmobilien stark gefallen. Nicht nur in ausländischen, sondern auch in deutschen Großstädten wie vor allem in Frankfurt zeigt sich, das konjunkturbedingte Leerstände an der Tagesordnung sind. Wie schnell sich die Märkte und vor allem die Mieten erholen, ist bekanntlich nicht prognostizierbar.

Die vor mehreren Jahren von einem Immobilienjournalisten wohl weniger im Interesse der Branche als vor allem zur Vermehrung der eigenen Popularität mit Nachdruck erhobene Forderung nach mehr Transparenz bei offenen Immobilienfonds entsprach ersichtlich weder dem Interesse der Anleger noch war es ein wirklich dringliches Problem. Dringlich ist mehr Klarheit in Bezug auf die „Philosophie“ des einzelnen Fonds, damit der Anleger zumindest das Grundkonzept, wie der Fonds seine unternehmerischen Ziele erreichen will, kennen und gegebenenfalls einschätzen kann.

All das ist nicht neu, sondern eine alte Binsenweisheit. Sie wurde aber durch die Banken als „privilegierte“ Vertriebskanäle für die von ihnen aufgelegten offenen Fonds in den Hintergrund gedrängt. Viele, vor allem kleine und mittlere Anleger waren froh, wenn ihnen ihr Bankberater offene Immobilienfonds als sichere, nicht volatile Produkte mit regelmäßigen Ausschüttungen empfahl. Offene Fonds erweisen sich auch keinen Gefallen, sich damit zufrieden zu geben, dass Anleger in Krisenzeiten gewissermaßen als Rettungsanker doch lieber auf Immobilienprodukte als auf Aktien zugreifen. Kaum ist das Schlimmste der Krise wie derzeit vorbei, wandern die Anleger aus den offenen Immobilienfonds ab, weil sie diese nicht für sicher und vor allem nicht für interessant genug erachten. Immerhin basieren einzelne Fonds auf tragfähigen unternehmerischen Ideen. Aber die Kommunikationsdefizite scheinen mir bei vielen noch erheblich zu sein. Bei offenen Immobilienfonds gilt dasselbe wie bei allen Unternehmen: Stillstand der Ideen ist Rückschritt. Was die Branche braucht, sind keine neuen gesetzlichen Regelungen, sondern neue Manager/innen mit zündenden Ideen.