Osnabrück – Furchtlose Niedersachsen

Sturmfest und erdverwachsen – getreu dem Niedersachsenlied präsentieren sich die Osnabrücker Einzelhändler. Trotz des geplanten Shoppingcenters „Oskar“ setzen große lokale Anbieter weiter auf die zentralen Innenstadtlagen. Das bietet Chancen für Retail-Investoren

 Für die Lokalmedien in Niedersachsens viertgrößter Stadt gehört es inzwischen zur Routine, über den Eröffnungstermin von „Oskar“ zu spekulieren. Der Name steht für das geplante Einkaufszentrum, dass Unibail Rodamco Germany am Osnabrücker Neumarkt errichten will. Im Frühjahr 2012 wähnte das „Stadtblatt“ noch „Weihnachten 2014“ als Termin. Jüngst vermeldete die „Hasepost“, dass es „vielleicht auch erst 2019“ werden könnte, bis der Konsumtempel mit lediglich rund 16.500 qm Einzelhandelsfläche – knapp 13 Prozent der gegenwärtigen Verkaufsfläche von 128.000 qm – errichtet ist. Die CDU-Fraktion im Stadtrat lud dieses Jahr den Investor vor – und bekam von ihm auch keine verbindliche Antwort. „Vor Frühjahr 2019“, schätzt inzwischen Chefchristdemokrat Fritz Brickwedde, sei nicht mit einer Eröffnung zu rechnen.

Für die jahrelangen Verzögerungen gibt es mehrere Gründe. Ursprünglich hatte die MFI Management für Immobilien das Center geplant. Doch nach der Übernahme der Düsseldorfer Gesellschaft durch den Pariser Unibail-Rodamco-Konzern im Dezember 2014 wurde die Planung zunächst auf Eis gelegt und überdacht. Die Vorstände in Paris waren vom Innendesign nicht überzeugt, zudem schien ihnen die Verkaufsfläche zu gering. Obendrein ist der als Ankermieter geworbene Modeanbieter SinnLeffers dieses Jahr in die Insolvenz gegangenen.

Am liebsten würden die Pariser in der 162.000-Einwohner-Stadt deutlich größer bauen. So wie in Mönchengladbach, wo sie im vergangenen Jahr das 26.000 qm große „Minto“ eröffnet haben. Zu Jahresbeginn hatte Unibail Rodamco Germany Lokalpolitiker und Einzelhändler aus Osnabrück in die Ruhrgebietsstadt geladen, um ihnen das größere Center zu präsentieren. Doch die Politik will die gestandenen Einkaufslagen in der Stadt nicht gefährden. Sie hat deshalb nicht nur die Verkaufsfläche im Oskar deutlich beschränkt, sondern dem Entwickler auch auferlegt, dass die Hälfte der rund 100 geplanten Läden nur an Unternehmen vermietet werden dürfen, die bislang noch nicht in der Stadt vertreten sind.

Olaf Petersen, Chefresearcher der Beratungsgesellschaft Comfort, sieht in der Auflage Vorteile: „Die beständig hohe Nachfrage von nationalen und internationalen Filialisten könnte durch die Centerentwicklung so zumindest zum Teil aufgefangen werden.“ Denn Osnabrück ist als Standort bei Einzelhändlern begehrt. „Die Zentralität ist mit 148,2 Zählern bemerkenswert hoch“, sagt Comfort-Geschäftsführer Jürgen Kreutz. In der Top-1A-Lage Große Straße haben erst jüngst Camp David, Hallhuber, Tommy Hilfinger, Superdry und The Store neue Ladenflächen angemietet – zu Preisen von bis zu 98 €/qm bei Flächen bis zu 120 qm und von 45 €/qm für Areale von 300 bis 500 qm.

Lengermann & Trieschmann (L+E), das größte familiengeführte Modehaus in Norddeutschland, setzt deshalb weiterhin auf die zentralen Innenstadtlagen. Das Osnabrücker Unternehmen ist dabei, den alten Wilhelminenstift an der Herrenteichstraße abzureißen und durch ein neues Sporthaus mit 5 Etagen zu ersetzen. „L+T erweitert damit sein schon sehr umfangreiches Angebot vor Ort“, sagt Kreutz. Und, was viele Osnabrücker Einzelhändler und Lokalpolitiker freut: Das Familienunternehmen setze mit dem neuen Sporthaus „auch einen innerstädtischen Gegenpool zum geplanten Einkaufszentrum Oskar“, sagt Kreutz.

Das macht Ladengeschäfte in der Haupteinkaufszone bei Investoren begehrt. „Die Nachfrage ist groß“, sagt Petersen. Immobilien an der Großen Straße und am Nikolaiort würden mit dem 18,5- bis 20fachen der Jahresmiete gehandelt. Das Problem sei nur: „Die Verkaufsbereitschaft vieler Eigentümer ist eher gering“, sagt Petersen. Die Osnabrücker sind eben nicht nur sturmfest, sondern auch erdverwachsen…