Prime Office – Rettungs (?!) – IPO fast schief gegangen

Erst abgesagt und nun doch an die Börse

Fast auf der Ebene einer Posse lief in den letzten Tagen der Börsengang der Prime Office AG des Münchener Fondsinitiators DCM ab. Kaum war der IPO des möglichen 4. Reit angekündigt, wurde er auch schon wieder abgesagt. Zum Glück wurde der Stab des Allround-Sündenbocks von der „Krise“ nahtlos an Griechenland weitergereicht. Das verunsichert anscheinend tageweise unterschiedlich die Stabilität der Märkte. Mit über 30% Abschlag auf den oberen Wert der Ursprungsspanne klappte es am Donnerstag dann doch wieder. Honni soit qui mal y pense?

Ein Schelm, wer Böses dabei denkt? Auch Profis lernen dazu – oder schütteln den Kopf – oder fragen und denken nach. Letzteres hat diesmal auch markt intern/kmi getan und uns ein wenig auf die Sprünge geholfen. Rückblende: In unserer letzten Ausgabe hatte Christian Schiffmacher mit skeptischem Optimismus den Börsengang der Prime Office AG (PO AG) vorgestellt. Seit 2007 plant der nicht immer glückliche Fondsinitiator DCM aus München den Börsengang seiner Prime Office AG. Der Vor-Reit enthält ein Immobilienportfolio, das teilweise aus eingebrachten Objekten von Fondsanlegern, Einkäufen aus der Boomphase und auch ursprünglich eigenen Immobilien der Unternehmensgruppe besteht.

Kurz vor Beginn der Börsennotierung zogen die Münchner ihre Pläne erst einmal wieder zurück (22.6.), um dann am Dienstag (28.6.) doch wieder anzukündigen, mit einer Zeichnungsfrist von einem Tag, am Mittwoch (29.6.), doch wieder an die Börse zu wollen. Am Mittwoch Abend meldete das Unternehmen dann stolz die Überzeichnung des Angebots und einen Gesamtemissionserlös von 213,9 Mio. Euro, von denen nach Abzug der Kosten noch 202,9 Mio. Euro in die Kassen des Unternehmens fließen, um dann zu 95% bei Banken Kredite zu tilgen. Aus der Kreditrückführung von 190 Mio. Euro lässt sich natürlich keine pauschale Kritik ableiten, schließlich ist hohes Eigenkapital wesentlicher Bestandteil eines Reit und erhöht die Sicherheit. Allerdings fehlt dem Tausch von Bilanzpositionen ein wenig die Börsenstory. Aber die braucht der DCM-Reit wohl auch nicht. Schließlich ist so die für Banken unleidige Finanzierung von in Kürze leer stehenden Immobilien sichergestellt. Und bei 99,82% internationalen, institutionellen Anlegern schlägt das Anlegerschutz-Herz des Publizisten sowieso eher ruhig. Da ist bestenfalls Schmunzeln angesagt. Wenn es nicht die Altaktionäre gäbe, deren Zeche wir uns einmal anschauen wollen.

Zurück zur Agenda der letzten Tage: Die ursprüngliche Absage des Börsengangs sei aufgrund des aktuell volatilen Marktumfelds ausgesetzt worden, hießt es in der ad-hoc-Meldung. Eine Woche später ging es dann im Durchmarsch doch an die Börse. Was spielte da noch für eine Rolle, dass Griechenland brennt? Was hat sich sonst in dieser Woche dramatisches verändert? Nichts. Das macht immer neugieriger.

Eines ist jedenfalls klar. Die zunächst festgelegte Preisspanne von 7 bis 9,50 Euro je Aktie, die zwischen 241 und 328 Mio. Euro eingespielt hätte, war für die Investoren zu herausfordernd. Das macht übrigens schon der 5-Finger-Abakus des realistischen Prospektlesers deutlich. Prospektlesen haben wir zugegebenermaßen selber auch erst ein wenig spät nach Wecken von Störgefühlen angefangen. Zu 6,20 Euro gingen dann ganz plötzlich 34,5 Mio. Aktien über die Theke. Soviel zum Thema „Volatilität der Märkte“.

Das ist ein deutlicher Abschlag zum NAV. Eine Überschlagsrechnung macht deutlich, dass der Net Asset Value von ca. 261 Mio. Euro der ursprünglich 17,4 Mio. Aktien lt. Börsenprospekt um gut 200 Mio. auf ca. 464 Mio. Euro für jetzt 52 Mio. Aktien steigt. Für die Alteigentümer sind allerdings jetzt 2/3 der Anteile weg. Sorry, nicht „weg“, sondern „woanders“. Der „freefloat“ Anteil – was immer das bei 99,82% institutionellen Anlegern heissen mag – beträgt heute 66%. Ein Drittel des jetzigen NAV liegt bei knapp 155 Mio. Euro. Das bedeutet, dass die Altaktionäre so ca. 110 Mio. Euro vernichtet haben, da der NAV ihrer alten Aktien früher ja 261 Mio. Euro betrug. Wahrlich eine echte „Erfolgsstory“ für den alten Fondsanleger. Das erinnert an den alten Börsenscherz, wie man hundertfacher Millionär wird – in dem man als Milliardär anfängt. Zudem wirft das Fragen nach der Realitätsnähe der ursprünglichen Herausforderung der Marktintelligenz durch das Management auf. Und es ergibt sich die Frage, warum es zu dem Parforce-Ritt der Vermögensvernichtung kam.

Das Branchenblatt „markt intern“ recherchierte dazu diese Woche: „ … Ganz zu schweigen von benötigten Revitalisierungskosten in Höhe von 42 Mio. Euro bei drei Immobilien, deren Mieter innerhalb der nächsten zwei Jahre ausziehen (betrifft 24,9% der Fläche bezogen auf das gesamte Portfolio) und für die es noch keine Nachmieter gibt. Der Zeitdruck scheint insofern bei den Prime-Office-Managern sehr hoch zu sein, denn für die Prolongation der Finanzierung von drei Objekten in Düsseldorf, Stuttgart und Nürnberg haben die geldgebenden Finanziers den Immobilien-Gurus eine Frist bis zum 30.06.2011 gesetzt, die unter der Bedingung einer positiven Fortführungsprognose für die Prime Office, attestiert durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, steht. Und siehe da, kurz bevor die Darlehen auslaufen wird zum Börsengang-Zahltag getrommelt.“ Wenn es stimmt, würde das natürlich den Zugzwang erklären. markt Intern fragt verständlicherweise: „Welche kompetente Kunden-Beratung leisten eigentlich die Banken bei dieser Aktien-Zeichnung im Sinne des Anlegerschutzes?“

Die DCM setzt so die Story fehlenden IPO-Glücks in Verbindung mit Timing-Pech fort. Wie auch bei der IVG ging schon 2007/2008 das DCM/Prime Office Börsentiming schief. Schon die daraufhin verschiedene Falk AG hatte bereits 2004 die Erfahrung gesammelt, dass die Vorbereitung von Börsengängen in Boom-Zeitfenstern bei Immobilien meist länger dauert als das Fenster auf ist. 2008 wurde der zyklisch unglückliche Bestandsaufbau der Prime Office mit einem negativen Bewertungsergebnis von 114 Mio. Euro abgestraft. Nach minus 165,1 Mio. Euro in 2008, plus 7,6 Mio. Euro in 2009 und erneut minus 10,3 Mio. Euro durch Finanzaufwendungen in 2010 werden lt. UniCredit jetzt für 2011 plus 17,9 und für 2012 plus 44,4 Mio. Euro Jahresüberschuss erwartet. Unternehmensberater nennen so was „Golfschlägerplanung“.

„Der Immobilienbrief“-Fazit: Für uns ergeben sich zwei Sichtweisen. Als alte Praktiker mit gesundem Restverstand, die den Weg des Reit, und was er einmal werden sollte, schon mit herzlichem Lachen begleitet haben, sind wir die letzten, die sich auf den heiligen
Analystenstuhl setzen wollen. Wir haben übrigens auch nicht das Geringste gegen den Reit, sondern nur etwas gegen die Argumentation von 2005, ihn als Rettung der deutschen Finanzmärkte zu sehen. Insofern bleibt uns als erstes nur ein Glückwunsch an die DCM, die Prime Office-Kuh noch vom Eis bekommen zu haben, auch wenn es dann keine Milch mehr gibt. Wenn die markt intern Recherche einer dringend notwendigen Lösung stimmt, wäre die Alternative nicht lustig gewesen. Prime Office hätte dann eine Vielzahl kleiner Fondszeichner und wohl auch die DCM mitgerissen. Damit gab es für das Management gar keine Alternative als den Gewaltritt an die Börse.

Über die Informationspolitik des Börsengangs lässt sich aber diskutieren. Wenn sich ein Fondsinitiator so verhalten hätte, gäbe es vielleicht schon Anwälte, die auf die erste Planabweichung warten. Den eher eiligen Standardleser informiert die Prime Office Homepage nämlich lediglich über eine Vermietungsquote von 99,7% und eine durchschnittliche Restlaufzeit von 6,82 Jahren. Für den Motor der Börsenidee, DCM- und Prime Office-Vorstand Claus Hermuth, ist der anstehende Leerstand bereits in der Portfoliobewertung berücksichtigt, so dass die modernisierten Objekte zu attraktiven Konditionen neu vermietet würden und der Marktwert der Immobilien durch die geplante Neuvermietung steigen würde. Infos über auslaufende Mietverträge sind dem Leser des Börsenprospektes vorbehalten. Die eher zurückhaltende Information über kurzfristig zu erwartende Leerstände berücksichtigt den schnellen Leser und Berichterstatter zu wenig. Ein erfahrener Fondinitiator könnte da sensibler sein. Zudem sind Wertsteigerungsstories von Leerständen meist Boomphasen mit hoher Risikobereitschaft zugeordnet und beschreiben den Höhepunkt eines Zyklus. Soweit sind wir noch nicht. Dagegen sind fast 7 Jahre durchschnittliche Restmietzeit eines Portfolios mehr als anständig und die aktuelle Vermietungsquote von 99% spricht für Qualität des Portfolios, auch wenn 14 Großobjekte aus der Entfernung nicht detailliert zu analysieren sind. In jedem großen Portfolio laufen statistisch Mietverträge aus. Aber irgendwie hinterlässt der Börsengang Störgefühle. Bei den Neuaktionären trifft es sicherlich zu 99,82% keine falschen Spieler. Andererseits haben die alten Free Float Aktionäre bzw. Fondsanleger ihren NAV-Anteil kräftig an Profis sozialisiert. Davon könnte man noch mal hören. (WR)