Projektentwicklung – Trotz Top-Konjunktur nur wenig neue Büros

 

Projektplanungen auf niedrigstem Wert seit 15 Jahren

 

Wieder einmal ist es so weit, dass über 10 Jahre alte Analysen von „Der Immobilienbrief“ durch die Realität belegt werden. Wir hatten Ihnen vor 10 Jahren berechnet, dass durch die Überbauung des Internet-Booms Verhaltensmechanismen für mindestens 3 Zyklen geändert werden würden. Nach aktueller Analyse von BNP Paribas Real Estate Deutschland scheint sich seit der Finanz- und Wirtschaftskrise das Neubauvolumen sowohl von der Nachfrage- und Umsatzentwicklung als auch vom Konjunkturverlauf entkoppelt zu haben. An den großen deutschen Bürostandorten würden seitdem nur vergleichsweise wenig neue Flächen gebaut. Die insgesamt dynamischere Entwicklung der Büromärkte als im Frühjahrsgutachten des Rates der Immobilienweisen noch zu Beginn des Jahres prognostiziert wurde, wirkt sich (noch) nicht aus. Auch die Projektplanungen lägen auf dem niedrigsten Wert seit 15 Jahren. Aus „Der Immobilienbrief“-Sicht könnte das auch ein Zeichen sein, dass die Profis den aktuellen Jubelmeldungen doch nicht so recht trauen oder vielleicht doch in der Lage sind, über Demografie-Folgen für Büros nachzudenken. Zudem lohnt es sich vielleicht auch zu reflektieren, inwieweit die vorrangige Berichterstattung über Core und fehlende Investitionsgelegenheiten die breite Realität wirklich abbildet.

 

Seit über fünf Jahren bewege sich die jährliche Bautätigkeit an den Big-Six-Standorten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln und München stabil in einem relativ engen Korridor zwischen 0,75 und 0,95 Mio. qm pro Jahr, recherchiert BNP Paribas Real Estate Deutschland (BNPPRE). Der höchste Wert sei 2014 mit 950.000 qm erreicht worden. Hierzu habe aber ein überproportional hoher Anteil größerer Eigennutzerobjekte wie die neue EZB-Zentrale mit allein knapp 150.000 qm maßgeblich beigetragen. Für 2015 zeichne sich ein Fertigstellungsvolumen in Höhe von knapp 900.000 qm ab. Der größte Anteil hiervon entfalle mit 288.000  qm auf München.

Das sei früher anders gewesen. Zuvor sei die Entwicklung des Projekt- und Fertigstellungsvolumen in einem zyklischen Verlauf den gesamtwirtschaftlichen Zyklen gefolgt. In Phasen steigender Umsätze und sinkender Leerstände hätten früher die Entwickler viele neue Bauvorhaben angeschoben. Bei dem daraus resultierenden Überangebot, wurde dann die Bautätigkeit rapide heruntergefahren. Vor ca. 10 Jahren hatten Ihnen „Der Platow Brief“ und „Der Immobilienbrief“ nach Vorliegen der Überbauungszahlen des Internet-Booms, die bis etwa 2003 fertiggestellt wurden, vorgerechnet, dass sich für wahrscheinlich 3 Zyklen das Verhalten ändern werde. Das habe Auswirkungen auf Neubau und Mieten. Zukünftig (aus 2005er Sicht) würden nicht mehr Überangebot und Knappheit sich abwechseln, sondern Überangebot mit weniger Nachfrage mit Überangebot mit mehr Nachfrage. Ausgenommen seien nur kleine Nischenmärkte, neue Segmente oder eben absolute Topmärkte „Class A, Spitzenlage, Neubau, Erstbezug“.

 

Ein vergleichbares Bild zeigen lt. BNPPRE die Projektplanungen. Die Projektpipeline für alle Vorhaben mit einer Realisierungswahrscheinlichkeit von mindestens 50 % belaufe sich an den Big-Six-Standorten aktuell auf rund 5,8 Mio. qm. Dies sei der niedrigste Wert der vergangenen 15 Jahre. Er läge gleichzeitig um knapp 15 % unter dem langjährigen Durchschnitt. Als Gründe macht BNPPRE zum einen auf Bankenseite noch die schweren Zeiten der Finanzkrise aus. Nur relativ risikoarme Projekte würden finanziert. Zum anderen würden „die Entwickler selbst gezielter auf die Marktentwicklungen reagieren und sich beispielsweise nicht vom aktuellen Investmentboom verrückt machen lassen.“ BNPPRE schiebt die Erkenntnis nach, dass das „Wichtigste für eine erfolgreiche Projektentwicklung … nach wie vor die Nutzer (seien) und die Nachfrage und Flächenumsätze … nun einmal an der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (hinge), die sich heute mehr denn je aufgrund externer Einflüsse und Unsicherheiten kurzfristig ändern“ könne. Glückwunsch zum Erkenntnisschub!