Scope Conference Institutionelle Immobilien Investments – Volkswirte haben keinen Fahrplan aus der Krise

 

Jean-Claude Juncker und Thorsten Polleit präsentierten die volkswirtschaftlichen Pole. Die Poly-Krise bleibt. Der rote Faden der Veranstaltung für institutionelle Investoren reichte vor dem Hintergrund der schwierigen Zinssituation für institutionelle Anleger von der Frage, wohin das institutionelle Kapital denn aktuell tatsächlich fließe über das Herausarbeiten neuer Wege für die Finanzierung von Immobilieninvestments über Marktanalyse hin zu Themen der Portfoliooptimierung institutioneller Anleger. Rund 300 Mrd. Vermögen repräsentierten die rd. 150 Teilnehmer der 4. Scope General Conference Institutionelle Immobilien Investments in der vergangenen Woche. Scope Group Gründer Florian Schoeller sieht 15 Jahre nach Gründung Scope als große Rating-Einheit in Europa. In der Immobilienanalyse seien mehr Mitarbeiter beschäftigt als in den Immobilienbereichen der drei großen Ratinggesellschaften zusammen.

Der Euro war das beherrschende Thema der beiden volkswirtschaftlichen Vorträge von Premierminister Jean-Claude Juncker, bis vor wenigen Wochen Vorsitzender der Euro-Gruppe und Thorsten Polleit, Chefvolkswirt der Degussa. Die beiden Referenten stellten jeweils eher extreme Positionen vor. Der Autor des Artikel, Werner Rohmert, war auch Moderator der Tagung.

Die Inflation kommt

Für Thorsten Polleit ist eine scharfe Anpassungsrezession unumgänglich. Der Euro sei eine Art Enteignungspakt. Das Weltfinanzsystem befinde sich im Umbruch. Dem Euro fehle ein Anker. Es gäbe heute die historisch einmalige Situation, wie Milton Friedman schon 1992 feststellte, dass alle bedeutenden Währungen der Welt nur noch über einen Papierstandard verfügten. Die unausweichliche Konsequenz sei anhaltende Unsicherheit. In der Wahl zwischen scharfen Anpassungsrezessionen in einem verstärkt zyklischen Umfeld und einer lockeren Geldpolitik würden die Regierungen immer den leichteren Weg des Gelddruckens wählen. Ohne Stabilitätsanker sei dieser Weg vorgezeichnet. Dies müsse am langen Ende über den Weg der Asset-Inflation auch automatisch zu einer allgemeinen Geldentwertung führen. Moderator Werner Rohmert fasste zusammen, vor diesem Hintergrund sei der Euro lediglich mit Versprechen bedrucktes Papier. Regierungen würden regelmäßig ihre Versprechen brechen. Die Ankerfunktion als Ersatz des Goldstandards habe in Deutschland zu DM-Zeiten die Bundesbank mit dem ausschließlichen Geldwertstabilitätsziel bekommen. Und im Euro habe die Bundesbank nichts mehr zu sagen.

Kein Fahrplan aus der Krise, Poly-Krise des Euro

Jean-Claude Juncker, der selber 1991 wichtige Passagen des Maastrichter Vertrages insbesondere zu den Themen Wirtschafts- und Währungsunion verfasst hat, beschwor dagegen den europäischen Gedanken. Einen Fahrplan aus der Eurokrise habe er auch nicht. Zudem sei er der einzige Unterzeichner des Maastrichter Vertrages, der heute noch aktiv sei. „Der Euro und ich sind heute die einzigen Vertreter des Maastrichter Vertrages“. Der Euro befinde sich in einer Poly-Krise. Dies reiche von der Schuldenkrise über die atmosphärische Krise, die Anpassungskrise hin zu einer Sinn- und Erklärungskrise. Vor diesem Hintergrund werde immer vergessen, dass das einst kriegerische Europa heute auf eine Friedensperiode von über 60 Jahren zurückschaut.

Im internationalen Vergleich sei der Euro heute eine stabile Währung. Er habe Wohlstandsimpulse gegeben und den Frieden gesichert. Allerdings seien die Errungenschaften Europas weit von den Herzen der Menschen weggetragen worden. Dies sei insbesondere auch an Presseberichten festzustellen, in denen „Sieger des Gipfels“ herauskristallisiert würden. Von Druck und Durchsetzen habe er im Sitzungssaal wenig gesehen. Allerdings habe der britische Premier Cameron eine gefährliche Diskussion begonnen. Die Fragilität Europas habe sich zudem gezeigt, als alte Ressentiments wieder ausgebrochen seien.

Dabei habe Europa auf die Finanzkrise adäquat in einer Form reagiert, die er sich selbst in dieser Konsequenz vor vier Jahren noch nicht habe vorstellen können. Die Erfolgsstory des Euro habe darin gelegen, dass 2007 Anlass zu der Hoffnung bestanden habe, das jährliche Defizit der Euroländer auf 0,7% und den durchschnittlichen Verschuldungsgrad auf 60% zu drücken. Die heutigen Entwicklungen seien nicht auf Fehler des Euro, sondern auf die Finanzkrise zurück zu führen. Irland habe 2006 eine Schuldenquote von 25% gehabt und 2011 von 109%. Heute gebe es aber keine Alternative zu Defizit- und Schuldenabbau. Ein Aufbruch in die andere Richtung sei auch in der Krise nicht denkbar.

In Maastricht leider Thema „Wettbewerbsfähigkeit“ vergessen“, Geldpolitik
überfrachtet

Das Grundproblem des Euro ist lt. Jean-Claude Juncker, dass man sich mit dem Thema Wettbewerbsfähigkeit „unterbeschäftigt“ habe. Dieses Thema dränge heute in den Vordergrund. Insgesamt sei der Euro auf dem richtigen Weg. Das Vorhaben aus dem Jahr 2000, den wettbewerbsfähigsten Währungsraum zu schaffen, sei jedoch grandios gescheitert. Mit Blick auf die unterschiedliche Wettbewerbsfähigkeit und die unterschiedlichen Entwicklungsgeschwindigkeiten der Länder sei die Eurozone keine optimale Währungszone. Interessant sei auch, dass die Finanzmärkte ihrer kontrollierenden Aufgabe nicht gerecht worden seien und gläubig ohne Blick in die Maastrichter Verträge die Zinsen im gesamten Euroraum ohne Blick auf die Bonität der Einzelstaaten nivelliert habe. Es seien auch Fehler gemacht worden. Griechenland sei ein Staat, der „ganz einfach nicht funktioniert“. Hier bestehe soziale Explosionsgefahr. Jedes Land müsse seinen eigenen Weg finden. Bei einer internationalen Einführung einer Art „Hartz IV“ „stünden Frankreichs Straßen in Flammen“.

Unter Aspekten der Inflationsangst sieht Juncker eine beginnende Sorge, dass die Geldpolitik derzeit in ihren Aufgaben überfrachtet wird. Die Finanz- und Bankenwelt bedarf besonderer Aufmerksamkeit. Hier muss Einfluss auf Solidität genommen werden. Irgendwann seien Euroanleihen unausweichlich. Der zentrale Fehler des Euro sei gewesen, nicht zu viel, sondern zu wenig Europa geschaffen zu haben.

In die Diskussion mit Juncker brachte Moderator Werner Rohmert ein, dass der Vortrag tatsächlich keinen Fahrplan aus der Krise bereitstelle. Die Gefahr bestünde möglicherweise, dass der Fehler „zu wenig Europa“ jetzt auf eine Renationalisierungsphase mit alten Ressentiments träfe. Zudem stelle sich immer wieder die Frage, warum die allseits bekannten Probleme von Regionen unterschiedlicher Wettbewerbsfähigkeit und unterschiedlicher Geschwindigkeiten in einem Währungsraum, die ja durch die DM-Einführung zur Wiedervereinigung offensichtlich wurden, bei der späteren Euroumsetzung nicht berücksichtigt worden seien. Die Politik müsse zudem mit den deutschen Urängsten der Inflation und der Zahlmeisterfunktion lernen umzugehen.

Sind Immobilien-Planungen eine Illusion?

Prof. Karl-Georg Loritz stellte dem Plenum die Frage, ob viele Theorien und Zahlen zur Immobilienwirtschaft nicht auf Illusion beruhen. Vor wenigen Jahren habe er sich noch nicht vorstellen können, dass eine Wohnungsbaukrise, die in USA losgeht, wegen einiger Banker Deutschland und die Welt befällt. Das Problem der Immobilie sei die Langfristigkeit der Entscheidung. Diese bedürfe einer Berücksichtigung in der Rendite. Gerade aber die Immobilie mit einer 10-jährigen Bindung und anschließendem erheblichen Anpassungsrisiko habe jedoch derzeit eine sehr niedrige Rendite. ►

In den verschiedenen Panels wurde deutlich, dass die aktuell diskutierten Varianten alternativer Immobilienfinanzierung wie Versicherungen als neue Marktteilnehmer, Debt Funds oder Mezzanine-Funds zwar interessante Ansätze auch unter Geschäftsgesichtspunkten beinhalten, jedoch in der Summe nicht ausreichend sind, die abzusehende Finanzierungslücke auszufüllen. Zudem merkte die Moderation an, dass die vorgestellten Lösungsmöglichkeiten eher geeignet seien, die Probleme der Finanzinstitute zu lösen und nicht der Volkswirtschaft. Letztlich seien es nicht die „institutionellen Investoren“ die Geld investierten, sondern diese seien lediglich Kapitalsammelstellen, die als Versicherung z. B. eine Altersvorsorge versprechen oder sonstige Risikoausgleichsversprechen vieler kleiner Versicherter einzuhalten hätten.

Welche Investitionen gehen wohin?

Im Laufe der zweitägigen Diskussion wurde der Dissens zwischen Theorie und Praxis mit Blick auf die aktuelle Core-Fixierung deutlich. Während die Wissenschaft und Theorie glaubt, eine Abkehr von der totalen Risikoaversion und der Core-Fixierung festzustellen, blieb unter den Praktikern unisono die Meinung vorherrschend, die Core-Fixierung würde anhalten. Eine INREV-Untersuchung, die Prof. Matthias Thomas vorstellte, befasst sich mit den Trends der institutionellen Kapitalanlage. Die Befragung wurde zum Jahreswechsel durchgeführt. Europa bleibt der wichtigste Zielmarkt für institutionelle Investments. Insgesamt hat die überwiegende Mehrzahl der befragten Manager vor, die Immobilienquote, die aktuell 7,6% der institutionellen Kapitalanlagen beträgt, zu erhöhen. Nach wie vor relativ wenig Interesse finden „Listed Property Companies“ wie Immobilienaktien. Im Fokus stehen Direktinvestments und Joint Ventures bzw. Club Deals. Aber auch direkte Immobilienfinanzierung wird aufholen.
Als potenzielle Hindernisse für Investments haben die in den vergangenen Jahren monierten Faktoren Transparenz und Marktverfassung abgenommen, während die Ausrichtung der Funds Managern als Investitionshindernis
zugenommen hat.

Wichtigste Gründe, in institutionelle Fonds zu investieren, sind der Zugang zur Immobilien-Expertise generell und speziell in spezifische Sektoren, die internationale Diversifikation, die Asset-Diversifikation und der Zugang zu neuen Märkten. Bei den Untersuchungen von INREV liegt Core als Investitionsziel zwar noch weit vorne, jedoch holen Value-add und Opportunity-Investments auf. Hier gab es jedoch unklare Botschaften. Ebenso stellte die Feststellung, dass deutsche Investoren inzwischen von Core abweichen würden, während holländische Investoren immer noch sehr stark auf Core fixiert seien, aus Sicht des Publikums eher eine Mindermeinung dar. Bei den bevorzugten Regionen des Jahres 2013 bleibt Deutschland vor den nordischen Staaten an erster Stelle. Erst dann folgen UK, Central Europe und Frankreich. Bei sektoraler Betrachtung stehen Retail vor Office, Residential und Logistik. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass Joint Ventures und Club Deals populär bleiben. Interessenidentität zwischen Anleger und Managern sind wichtigstes Entscheidungskriterium. Die Bereitschaft, mehr Risiken zu nehmen, nehme zu. ¨